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Unternehmeredition 3/2015 - 7 Fragen an…

Dirigent und Coach Gernot Schulz

| Unternehmeredition Restrukturierung 201598 Service 7 Fragen an ... „Es geht immer um das große Ganze“ Professor Gernot Schulz spielte bei den Berliner Philharmonikern unter Herbert von Karajan, ist ein international angesagter Dirigent und Coach. Im Interview erklärt er, was Führung in einem Orchester bedeutet und was Unternehmer davon lernen können. INTERVIEW TOBIAS SCHORR 1Herr Prof. Schulz, was hat Orchestrieren mit Restrukturieren zu tun? Ein Orchester befindet sich in einem permanenten Transformationsprozess: Ein sich ständig änderndes Repertoire, wechselnde Dirigenten, immer andere Solisten und – insbesondere auf Tour- neen – ganz unterschiedliche akusti- sche Verhältnisse. Im Orchester – wie auch im Unternehmen – bedarf es ganz bestimmter Fähigkeiten, um bei sich permanent verändernden Verhältnis- sen Höchstleistungen zu vollbringen. 2Letztlich ist doch der Dirigent für das Zusammenspiel verantwortlich. Auch wenn es nach außen den Anschein hat, dass der Dirigent alles vorgibt: Die FeinabstimmungimZusammenspiel,die Balance und die Leidenschaft – all das kann nicht angeordnet oder von einem Dirigenten diktiert werden. Er muss die Bedingungen dafür schaffen, dass das aus dem Team heraus entsteht. Er muss dafür sorgen, dass aus dem Agieren ein Interagieren wird. Oder wie Sprenger so schön sagt: Führen heißt Zusammen- spiel entstehen lassen, wo es ansonsten nicht zustande käme. 3Wie finden Unternehmer in der Krise den richtigen Takt? Krise bedeutet Veränderung. Auch der „richtige Takt“ wird immer wieder ein anderer sein. Den jeweils richtigen zu finden, erfordert vor allem eines: Eine gute Wahrnehmung der Veränderun- gen und das richtige Reagieren darauf. Wie beim Dirigieren ist transformatio- nelles Führen gefragt: Weg vom Prin- zip des Anordnens und Ausführens hin zum Befähigen der Mitarbeiter, aufgrund ihrer Wahrnehmung situativ- intuitiv und eigenverantwortlich die richtigen Dinge zu tun bzw. Entschei- dungen zu treffen. 4In welcher Situation sollten Unternehmer wie führen? Sie sollten situativ und mitarbeiterbezo- gen führen. Der Unternehmer – wie der Dirigent – muss sich im Klaren darüber sein, welche Personen – welches Orches- ter – er in welcher Situation wie führen muss. Dementsprechend muss er enges und weites Führen justieren. Mit einer zu weiten Führung verbreite ich Unsicher- heit. Mit einer zu engen Führung Lange- weile, Verdruss und Unaufmerksamkeit. 5Wenn Sie an einem Abend mit einem Musiker nicht zufrieden sind, kön- nen Sie diesen ja nicht einfach aus dem Orchester werfen. Reagiert manch ein Unternehmer zu schnell mit einer Personalentscheidung? Häufig liegt es an der Personalauswahl. Für ein Orchester ist diese sehr streng. Im einem Probespiel vor dem gesam- ten Orchester wird der oder die Beste ermittelt. Dann aber kommt das Pro- bejahr. Nur wer beweist, durch gutes Wahrnehmen zu einem guten Zusam- menspiel fähig zu sein, wird die dann erforderliche 2/3-Mehrheit der Kolle- gen bekommen. Nach diesem strengen Selektionsprozess findet ein Austausch so gut wie nicht mehr statt. 6Ständiges Feedback zwischen Ihnen und den Musikern ist ein absolutes Muss. Kommt dieses in den Unternehmen häufig zu kurz? Nach meinen Erfahrungen: Ja – erst recht unter Führungsverantwortli- chen. Im Orchester ist Feedback selbst- verständlich. Jeder hört jeden und reagiert darauf. Auch ich nehme alles wahr und kommuniziere meine Bewer- tung. Diese Omni-Transparenz und selbstverständliche Feedback-Kultur ist ein hoher Leistungsanreiz. 7Sie müssen aus Solisten eine Gruppe basteln. Das ist in Unternehmen ähnlich – oder? Könner sind meist Individualisten. Die integrierende Kraft entstehen zu lassen, die den Individualisten sagen lässt: Ich habe zwar meine persönliche Ansicht, aber das gemeinsame Ganze, das hier entsteht, überzeugt und be- rührt mich so, dass ich alles gebe – das ist die Kunst der Führung. Erst eine emotional wirkende Sinngebung lässt aus Solisten ein Orchester werden. ■ KURZPROFIL Prof. Gernot Schulz Geboren: 22.02.1952 Beruf: Dirigent, Trainer, Pädagoge Hobbys: Zeitgeschichte, Sport, Segelfliegen www.dirigierenundfuehren.com Foto:PhilippKorbinianSattler

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