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Unternehmeredition 3/2015

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| Unternehmeredition Restrukturierung 201518 Machen wir uns nichts vor: Ein Unternehmer ist eine angesehene Persönlichkeit, in Netzwerken aktiv, häufig sozial engagiert. Den vermeint- lichen Makel des Versagens möchte niemand in seiner Vita haben – mehr als verständlich. Neben der gesell- schaftlichen Stellung geht es um die Entscheidungsmacht im Betrieb. Un- ternehmer haben Angst, Kontrolle ab- zugeben – auch verständlich. Also nehmen viele Unternehmen ihre Chancen zu spät wahr. Handeln Unternehmer früher, bleiben sie als Kapitän des Schiffs handlungsfähig und verfügen über mehr Initiativmög- lichkeiten. Wenn sie rechtzeitig agie- ren, sind Insolvenzverwalter, die in Un- ternehmen einreiten wie John Wayne in Saloons, glücklicherweise bald nur noch Teil von Geschichtsbüchern. Der Chef bleibt Chef 2012 ist das Gesetz zur weiteren Er- leichterung der Sanierung von Unter- nehmen, kurz ESUG, in Kraft getreten. Der Gesetzgeber wollte einen Anreiz schaffen, die Sanierung des Unterneh- mens frühzeitig anzustoßen – vor al- lem vor Eintritt der Zahlungsunfähig- keit. Die vier Gesetzesschwerpunkte: Stärkung der Gläubigerautonomie, Schutzschirmverfahren für Schuld- ner, Ausbau des Insolvenzplanverfah- rens sowie Erleichterung der Eigen- verwaltung. Auch hat der Unternehmer das maximale Mitbestimmungsrecht bei der Auswahl des Sachverwalters. Hier geht es nicht nur um zwischen- menschliche Chemie. Beim Schutz- schirmverfahren kommt es in hohem Maße darauf an, dass der vorgesehe- ne Sachverwalter eine dem Unterneh- men angepasste, eigene Verwalteror- ganisation hat. Der richtige Sachwalter Ein Schutzschirmverfahren stellt im- mer eine außergewöhnliche Situation für alle Mitarbeiter des Schuldner- Unternehmens dar. Diese benötigen Hilfe von Menschen, die sich mit sol- chen „Sondersituationen“ auskennen. Hier ist der Sachwalter zugleich Lot- se, Navigator, Funker, Kontrolleur und Schiffsarzt. Neben seinen persönlichen fachlichen und sozialen Kompetenzen muss hinter ihm zum einen eine große Verwalterorganisation stehen – mit al- ler für das Schutzschirmverfahren not- wendigen Infrastruktur. Zum anderen ein eigenes, eingespieltes Team. Für das bessere Zusammenspiel mit den bisherigen Beratern, Gesellschaf- tern und dem Management sollte der Sachverwalter Erfahrung in der Bera- tung von Unternehmen haben – schon allein, um die Sicht durch die Brille der anderen Beteiligten zu kennen. Die Beratungserfahrung aus anderen betriebswirtschaftlichen Bereichen, etwa als Wirtschaftsprüfer, Steuerbe- rater oder Rechtsanwalt, ist sehr hilf- reich. Der Verwalter versteht die Situ- ation der normalen Berater und des Managements auf diese Weise besser, als wenn er ausschließlich über insol- venzrechtliche Erfahrung verfügt. Missverständnis CRO Seit einiger Zeit streben einige Insol- venzverwalter die Rolle des „Chief Restructuring Officer“ (CRO), eines Sa- nierungsgeschäftsführers, im Kontext gerichtlicher Sanierungsverfahren an – eine Unsitte! Ein CRO begleitet ein Unternehmen über drei bis vier Jahre während der gesamten Restrukturierung. Diese beginnt in der Regel mindestens ein Jahr vor einem eventuellen Schutz- schirmverfahren. Zu diesem Zeitpunkt ist für gewöhnlich noch nicht einmal bekannt, ob es überhaupt zu einem solchen Verfahren kommen wird. Es geht zu diesem Zeitpunkt darum, alle Sanierungsmöglichkeiten zu prüfen. Schon hier muss der CRO an Bord sein. Kommt es dann zu einem Schutz- schirmverfahren, dauert die Sanierung von da an mindestens 24 Monate. Denn die Maßnahmen, die durch das Insol- venzrecht implementiert wurden, müs- sen nach dem Schutzschirmverfahren ins Tagesgeschäft überführt werden. Diesen gesamten Prozess sollte der CRO begleiten. Wenn ein Insolvenzspezialist über- haupt in ein Unternehmensorgan gehen muss, ist dies in der Regel auf drei bis sechs Monate begrenzt. Er wäre eher als „Chief Insolvency Officer“ (CInsO) oder „Vorstand für Insolvenzangelegenhei- ten“ zu bezeichnen. Denn die Aufgaben eines CRO beginnen – wie beschrieben – deutlich früher und gehen weit über das Schutzschirmverfahren hinaus. ■ Titel Klartext Den Makel des Versagens möchte niemand in seiner Vita haben.

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