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Unternehmeredition 3/2015

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| Unternehmeredition Restrukturierung 201510 Titel Krisenmanagement feste Krise zu vermeiden“, sagt Kneip. Gerade kleinere Schieflagen lassen sich gut umgehen, wenn Unternehmer sie im Auge haben, die Folgen durchspie- len und Gegenmaßnahmen erarbeiten. Finanzierung vorausschauend umgestellt Jürgen Wagner hat es gemacht. „Wir wollten 2013 ein neues Firmengebäude errichten, das Verkaufsflächen, Büro- und Veranstaltungsräume sowie das Lager unter einem Dach vereinen sollte“, berichtet der Inhaber der Richard Wag- ner GmbH + Co. KG im rheinland-pfälzi- schen Alzey. Der Großhandel für Kelle- reibedarf beschäftigt 25 Mitarbeiter und erwirtschaftet einen Umsatz von elf Mio. Euro pro Jahr. Der wichtigste Anspruch, den Wagner an das neue Gebäude stellte: Es sollte komplett aus Holz gebaut wer- den. Kein einfaches Unterfangen, denn Wohnhäuser aus Holz sind zwar längst gang und gäbe. „Ein 1.400 Quadratmet- ergroßes Firmengebäude aus diesem Material zu errichten, stellte Architekten und Bauunternehmen aber vor eine ech- te Herausforderung“, sagt Wagner. Doch das Projekt gelang: Von März bis Sep- tember entstand das neue Kellereizent- rum, das zu den größten Holzgebäuden in Deutschland zählt. „Der tollste Neubau nutzt einem aber nichts, wenn man hinterher nicht mehr genug Liquidität in der Firmenkasse hat, um Ware zu kaufen“, sagt Wagner. Da ihm von Anfang an klar war, dass die Investition die Bilanz seines Unter- nehmens verlängern und die aufgenom- menen Kredite die gesunde Eigenka- pitalquote von 20 Prozent schwächen würden, suchte er nach einer Lösung. „Ich wollte nach dem Bau auf keinen Fall in die Situation geraten, aufgrund einer schlechteren Eigenkapitalausstattung keine weiteren Finanzierungen zu be- kommen“, erzählt der Geschäftsführer. Daher wandelte er freies Kapital in haf- tendes um. „Banken erkennen nur haf- tendes Kapital als Eigenmittel an“, sagt Wagner. Mit der Umwandlung sorgte er dafür, dass diese bei etwa 25 Prozent lagen – und sein Kellereizentrum in kei- nen Engpass geriet. Die Überlegung hinter Wagners Vorgehensweise mag simpel und na- heliegend erscheinen. Oft sind es je- doch genau diese einfachen Schritte, das kurze Spiel „Was wäre wenn …?“, die Mittelständler verpassen. Und die sie später in eine Krise bringen – bis hin zur Restrukturierung. „Natürlich beobachten Unternehmen ihre Auf- tragseingänge, die Marktentwicklung, ermitteln Kunden- und Mitarbeiterzu- friedenheit“, sagt Lutz Jäde, Partner bei der Managementberatung Oliver Wyman in München und Leiter Re- strukturierung. „Doch sie sollten auch Transparenz hinsichtlich der Profitabilität einzelner Produkte oder Kunden schaffen, sich die Eigenkapitalquote, ihre Liquidität und den Verschuldungsgrad anschau- en“, rät er. Nur so könnten sie sich ein Bild von ihrer tatsächlichen finanzi- ellen Situation machen und vor allem ihre Krisenanfälligkeit prüfen. Genau wie Jürgen Wagner sich in die Situa- tion versetzte, welche Antwort ihm wohl sein Bankberater geben würde, wenn er ihm eine schwache Eigenka- pitalquote präsentieren würde, sollten Firmenchefs immer wieder Szenarien durchspielen. Szenarien für den schlimmsten Fall „Dabei müssen die Worst-Case-Sze- narien im Vordergrund stehen, denn daraus lassen sich wichtige Schritte ableiten, die Restrukturierungen ver- hindern“, erläutert Jäde. Viele Mittel- ständler seien aber noch nicht so weit. „Anders als ihre Banken, die das Unter- nehmen sehr wohl durchleuchten und auf Krisenanfälligkeit hin prüfen, tun die Firmenchefs selbst das oft nicht“, sagt der Experte. Der Grund: Gerade Unternehmen mit Umsätzen bis zu 500 Mio. Euro beschäftigten sich immer zuerst mit ihrem operativen Geschäft, mit ihren Märkten. „Finanzen spielen in Managementsitzungen meist nur eine nachgelagerte Rolle“, sagt Jäde. Doch genau diese Nachlässigkeit sei es, die vor allem Wachstumsunterneh- men, deren Umsatz langsam eine Mrd. Euro ansteuert, oft in eine Restruk- turierung bringe. „Gerade in solchen Firmen dürfen die Strukturen nicht hinter dem Wachstum zurückbleiben“, mahnt Jäde. Doch auch allen anderen Mittelständlern empfiehlt er dringend, immer jedes einzelne Geschäftsfeld zu betrachten, sich nie nur auf den Der tollste Neubau nutzt nichts, wenn man hinterher nicht mehr genug Liquidität in der Firmenkasse hat, um Ware zu kaufen. JÜRGEN WAGNER Inhaber, Richard Wagner GmbH + Co. KG ➔

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