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Unternehmeredition 3/2015

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| Unternehmeredition Restrukturierung 201512 Titel Krisenmanagement Gesamtumsatz zu konzentrieren. „Alle Prozesse, Bereiche und Kundengrup- pen sollten einzeln unter die Lupe ge- nommen werden, um absolute Trans- parenz herzustellen“, sagt er. „Erst dann können Unternehmer in Szenari- en sinnvoll durchspielen, was passiert, wenn welche Veränderung eintritt.“ Frühzeitig agieren Szenarien helfen dabei, die Zukunft zu- mindest ansatzweise zu antizipieren. „Aber sie kosten Zeit“, sagt der Finanz- chef eines bayerischen Stahlproduzen- ten, der nicht genannt werden möch- te. „Genau deshalb habe ich mich mit so etwas nicht beschäftigt.“ Für eine überflüssige Spielerei habe er Best- und Worst-Case-Analysen eigentlich nicht gehalten. „Aber ich habe die Not- wendigkeit und auch den Sinn solcher Überlegungen unterschätzt“, gesteht er heute offen ein. So machte er sich lange Zeit keine Gedanken darüber, was ge- schehen würde, wenn die Schrottprei- se plötzlich anzögen. Schrott benötigt sein Unternehmen als Rohstoff für die Stahlproduktion. „Und als die Preise dann stiegen und stiegen, mussten wir immer größere Beträge vorfinanzie- ren“, erinnert sich der Finanzchef. Zwar zog er gerade noch rechtzeitig die Reiß- leine, verhandelte von sich aus mit den Banken, bevor diese ihn zum Gespräch baten, schaffte eine Umfinanzierung. „Aber auch wenn wir an einer echten Restrukturierung gerade noch einmal vorbeikamen, hätten wir uns viele Un- annehmlichkeiten erspart, wenn wir uns frühzeitig auf eine solche Situation eingestellt hätten.“ Unternehmer, die genau dies möch- ten, wissen allerdings oft nicht, wo sie konkrete Ansatzpunkte finden. „Dabei könnte natürlich ein Chief Restructu- ring Officer, ein CRO, helfen“, sagt Falco Weidemeyer, Partner bei Roland Berger Strategy Consultants und Mitautor der Studie „CRO – Firmenretter mit neuem Profil“. Wie bereits der Titel der Unter- suchung vermuten lässt, hat sich die Rolle des CRO in jüngster Vergangen- heit stark verändert. Wurden die ex- ternen Restrukturierer lange Zeit nur ins Unternehmen geholt, wenn an einer Sanierung kein Weg mehr vorbeiführte, so sehen immer mehr Firmenlenker sie heute als Partner, die transformieren sollen. „Und zwar, bevor es wirklich zum Ernstfall kommt und eine echte Restrukturierung aus der Not heraus stattfinden muss“, erklärt Weidemeyer. Keine CRO in gesunden Unternehmen Tatsächlich kann ein CRO einen wert- vollen Beitrag zur Gesundung eines Unternehmens leisten. „Die Experten stehen meist in gutem Kontakt zu vielen Banken, verfügen über viel fachliche Erfahrung und können das Manage- ment stark entlasten“, erläutert Weide- meyer. Zudem geben sie dem Verände- rungsprozess ein Gesicht, sind fester Ansprechpartner für alle Stakeholder. Doch auch wenn der Studie von Roland Berger zufolge 79,6 Prozent der befrag- ten Restrukturierungspraktiker ange- ben, ihre Einsätze hätten in den vergan- genen zehn Jahren stark zugenommen, und 57,1 Prozent glauben, dieser Trend werde sich fortsetzen: Gesunde Unter- nehmen holen nach wie vor keinen CRO an Bord. „So weit sind wir noch nicht, obwohl es durchaus wünschenswert wäre, wenn sich Restrukturierung als permanenter Prozess in Firmen etablie- ren würde“, erklärt Weidemeyer. So liegt es an den Chefs und ihren Managementteams, einen Mittelweg zu finden zwischen Alltagsgeschäft und Zukunftsszenarien, zwischen florieren- dem Geschäft und Vorsorge für schlech- tere Zeiten. „Interessant ist, dass viele Dax- und MDax-Unternehmen, die wirt- schaftlich bestens dastehen, bereits Kostensenkungsprogramme eingeleitet haben“, sagt Roland-Berger-Mann Fi- scher. Für gesunde Mittelständler sieht er in dem Programm „Smart Efficiency“, das sein Beratungshaus entwickelt hat, praktikable Lösungen für den Spagat zwischen heute und morgen. „Wir betrachten dabei zum einen na- türlich die Effizienz eines Unternehmens, die wir über die Rendite messen“, erklärt derExperte.ZumanderenkommtdieAn- passungsfähigkeit auf den Prüfstand, die sogenannte Elastizität. „Beide Aspekte werden innerhalb von vier Wochen mit einer Art 360-Grad-Radar untersucht“, sagtFischer.ImFokusderganzheitlichen Durchleuchtung stehen die gesamte Wertschöpfungskette, die Finanzierung sowie Verwaltung, Controlling und IT. Das Geschäftsmodell und die Manage- mentstrukturen fließen zusätzlich ein. „Um herauszufinden, wie gut ein Unter- nehmen sein Kerngeschäft an Schwan- kungen und Krisen anpassen kann, neh- men wir den Break-even als Messpunkt“, sagt Fischer. Den Punkt also, ab dem ein Markteinbruch einen bestimmten Geschäftsbereich und damit das ➔ Anders als ihre Banken, die das Unternehmen sehr wohl durch- leuchten und auf Krisenanfälligkeit hin prüfen, tun die Firmenchefsselbst das oft nicht. LUTZ JÄDE Partner und Leiter Restrukturierung, Oliver Wyman

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