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Unternehmeredition 2/2013

Unternehmeredition „Mittelstandsfinanzierung 2013“ 85www.unternehmeredition.de höhere Professionalisierung von Entscheidungsprozessen. Das Gremium muss jedoch auch gelebt werden. Unternehmeredition: Wie meinen Sie das? Weigel: Im Gegensatz zum Aufsichtsrat bei AGs entste- hen Beiräte in Unternehmen mit anderer Rechtsform auf freiwilliger Basis und sind individuell gestaltbar. Es gel- ten nicht die Vorgaben des Aktiengesetzes. Allerdings ist es sinnvoll, dem Beirat gewisse Entscheidungsbefugnisse einzuräumen und seine Ratschläge ernst zu nehmen, was Kandidaten oft auch zur Bedingung machen. Die Kompe- tenzen des Beirats sind jedoch je nach Unternehmen gestaltbar. In dem von mir mitgegründeten Verband Aufsichtsräte Mittelstand in Deutschland e.V (ArMiD) fordern wir, die Besetzung des Beirats stärker an Kom- petenzen auszurichten. Unternehmeredition: Sie fordern auch mehr Transpa- renz bei der Wahl des Aufsichtsrates in börsennotierten Unternehmen. Welche Probleme sehen Sie aktuell? Weigel: Aktionäre sollten grundsätzlich mehr Informatio- nen darüber bekommen, warum bestimmte Personen zur Wahl in den Aufsichtsrat vorgeschlagen werden und wel- ches Know-how diese mitbringen. Das Aktiengesetz schreibt momentan nur vor, dass in der Einladung drei Angaben zu den Personen gemacht werden müssen: der Name, der Wohnort und der Beruf. Diese erhalten Aktionäre etwa sechs Wochen vor der Hauptversammlung, die sie häufig selbst nicht besuchen können. Sie haben also keine Chance, sich ein entsprechendes Bild von der Person zu machen, müssen aber dennoch ein Votum abgeben. Unternehmeredition: Was sollte sich ändern? Weigel: Warum nicht eine Art Kurz-CV auf der Website des Unternehmens einstellen mit Informationen zu den beruf- lichen Stationen des Kandidaten? Große Unternehmen machen das bereits, aber auch noch nicht alle DAX-Un- ternehmen. Eine weitere Möglichkeit wäre ein schriftli- cher Bericht des Aufsichtsrates an die Hauptversamm- lung, in dem der Auswahlprozess und die Gründe für den Wahlvorschlag einer Person beschrieben werden. Unternehmeredition: Auf welche Resonanz stoßen Sie mit dieser Idee? Weigel: Verständnis für dieses Thema besteht durchaus. Gelegentlich wird mit Datenschutzgründen dagegen ar- gumentiert. Vielleicht sollte die Idee zunächst als Soll- Vorstellung in den Corporate-Governance-Kodex aufge- nommen werden, bevor daraus eine aktienrechtliche Vorschrift entsteht. Im jüngsten Grünbuch der Euro- päischen Kommission zu Corporate Governance ist Transparenz bei der Besetzung von Aufsichtsräten auch eindeutig thematisiert. Wir brauchen diese Diskussion, um von der Besetzungskungelei wegzukommen. Es gibt Unternehmen, wo der Vorstand sich „seinen“ Aufsichts- rat aussucht und damit die Funktion des Aufsichtsrates auf den Kopf gestellt wird. Es muss mehr Qualität und Unabhängigkeit in die Aufsichtsräte und mehr Transpa- renz in den Besetzungsprozess. Unternehmeredition: Ein Schritt in diese Richtung ist das Bilanzmodernisierungsgesetz (BilMoG) von 2009, das „wirkliche“ Finanzexperten im Aufsichtsrat von kapital- orientierten Unternehmen fordert. Wie sind Sie mit des- sen Umsetzung zufrieden? Weigel: 2014 läuft die dafür vorhergesehene Übergangs- periode ab, die Realität in den Aufsichtsräten sieht jedoch oft komplett anders aus – eben weil der Gesetzgeber bis- lang keine genaue Definition dafür geliefert hat, was denn einen Finanzexperten ausmacht. Es gibt auch keine Ins- tanz, die die Umsetzung kontrolliert. Eigentlich wäre das Aufgabe der Aktionäre. Auch der Aufsichtsrat könnte eine Umsetzung des Gesetzes monitoren, ist mit seiner Besetzung aber offensichtlich meist zufrieden. Man könn- te diese Aufgabe auch dem Abschlussprüfer übertragen. Die Regeln des BilMoG gelten übrigens auch für Unterneh- men, die z.B. eine Anleihe begeben haben. Unternehmeredition: Würden Sie soweit mehr staatliche Kontrolle einfordern? Weigel: Ich glaube nicht, dass es mehr staatliche Kontrolle braucht. Bei den Kreditinstituten, wo die BaFin jährlich mehrere Dutzend vorgeschlagene Aufsichtsräte wegen mangelnder Qualifikation ablehnt, ist es aufgrund der Systemrelevanz eine andere Situation. Letztlich ist es Aufgabe der Aktionäre, für entsprechende Expertise in den Aufsichtsräten zu sorgen. Dazu sollten sie sich aber auch aktiver als heute in den Prozess einbringen und die Wahlvorschläge in der Hauptversammlung qualitativ hinterfragen. Stattdessen werden die Wahlvorschläge oft mit sozialistischer Mehrheit durchgewunken. Unternehmeredition: Herr Dr. Weigel, vielen Dank für das Gespräch! Das Interview führte Verena Wenzelis. wenzelis@goingpublic.de Strategie&Management

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