Der Optimismus der KMU ist verdient

Trotz Krisen ist die Stimmung positiv – das zeigt sich auch bei der Kauf- und Verkaufsbereitschaft

Beitrag beleuchtet die Resilienz von KMU, den Anstieg von Gewinn sowie die positiven Aussichten für Fusionen und Übernahmen im Mittelstand.
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Pandemie, Ukrainekrieg, Energiekrise, Inflation und gestiegene Zinsen: Kleine und mittlere Unternehmen (KMU) standen in den vergangenen Jahren fast pausenlos unter Druck. Dabei haben sie nicht nur erstaunliche Resilienz an den Tag gelegt, sondern blicken auch ausgesprochen zuversichtlich in die Zukunft. Dieser Optimismus manifestiert sich jetzt im Wunsch, die Marktchancen zu ergreifen.

Nach mehreren Jahren, die durch verschiedene weltbewegende Krisen geprägt waren, bewiesen die kleineren und mittleren Unternehmen überraschende Stabilität. Sie haben gezeigt, dass sie in der Lage sind, schnell und effizient auf Drucksituationen zu reagieren. KMU bleiben weiterhin das Zugpferd der europäischen Wirtschaft und beschäftigen rund zwei Drittel der Arbeitskräfte. Dazu treibt der Mittelstand durch Forschung und Entwicklung Innovationen voran, nicht zuletzt durch die wachsende Start-up-Szene.

Im Kontext dieser günstigen Lage haben auch die deutschen KMU ein deutliches Zeichen ihrer wirtschaftlichen Gesundheit und Leistungsfähigkeit gesetzt. Der Report des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands (DSGV) belegt einen deutlichen Anstieg bei Umsatz und Gewinn der deutschen KMU: Im Jahr 2022 stieg der Umsatz durchschnittlich um 14%, der Gewinn konnte im gleichen Zeitraum sogar um 17% gesteigert werden.

Neben den Krisen haben die KMU zusätzlich auf viele andere Veränderungen reagiert und ihre Zukunftsfähigkeit unter Beweis gestellt. Nachhaltigkeit, demografische und regulatorische Veränderungen, sowie technologische Trends waren Herausforderungen, die KMU angenommen und gemeistert haben. Vor allem, weil die Unternehmer und Unternehmerinnen die resultierenden Chancen erkannt haben. Diese Anpassungsfähigkeit der deutschen kleinen und mittelständischen Unternehmen brachte auch sehr viel Dynamik in den M&A-Markt.

Die Lage am M&A-Markt bestätigt die gute Stimmung

Der Blick durch die M&A-Brille hilft ebenfalls, die Stimmung der Unternehmer und Unternehmerinnen im KMU-Segment zu beurteilen. Die Bereitschaft, kurz- oder mittelfristig zu verkaufen, ist ein deutlicher Indikator für die Wahrnehmung des Marktes. Der Marktlink Monitor hat die Aussagen von 1.066 Unternehmern und Unternehmerinnen in Europa ausgewertet. Deutschlands Unternehmerinnen und Unternehmer haben demnach große Zuversicht, wenn es um die Zukunft geht.

Mehr als die Hälfte (53%) glauben, dass sich der Markt für Fusionen und Übernahmen schon bald verbessert. Damit zeigen die Deutschen größeren Optimismus als der europäische Durchschnitt (48%).

Beim Verkauf bilden die Deutschen zwar das Schlusslicht in Europa, obwohl mehr als die Hälfte der Unternehmerinnen und Unternehmer (56%) daran denken, innerhalb der nächsten fünf Jahre ihr Unternehmen zu verkaufen. Damit liegen Sie 10% unter dem sehr hohen europäischen Durchschnitt.

Der Marktlink Monitor 2023 bietet wertvolle Einblicke in die Stimmung und Erwartungen des deutschen und europäischen Mittelstands in Bezug auf Fusionen und Übernahmen: M&A-Markt 2024

Trends und neue Chancen: Generationswechsel, Nachhaltigkeit und neue Finanzierungsmodelle

Die Babyboomer sind mittlerweile in einem Alter, in dem der Ruhestand lockt. Gleichzeitig ist es nicht mehr selbstverständlich, dass die Kinder den Betrieb übernehmen. Somit stehen viele Unternehmen nicht vor einem klassischen Generationswechsel, sondern vor einer Übernahme außerhalb der Familie. Ein weiterer Trend: Unternehmerinnen und Unternehmer sehen ihre Firma nicht nur als verkaufbaren Wert, sondern auch als Einnahmequelle für den Ruhestand.

Zudem erwägen viele einen Verkauf, weil sie vor notwendigen hohen Investitionen stehen. Dabei ist die Digitalisierung ein oft genannter Faktor. Aber auch Fachkräftemangel und die gestiegenen Energiepreise sind Probleme, die Unternehmerinnen und Unternehmer kurz vor dem Ruhestand nicht mehr angehen möchten.

Dem gegenüber steht eine steigende Kaufbereitschaft und wirtschaftlicher Optimismus. Viele Unternehmerinnen und Unternehmer wollen das positive Klima nutzen, um strategische Entscheidungen für Expansion und Diversifizierung durch Unternehmenskäufe umzusetzen. Unternehmensübernahmen sind für angehende Unternehmer eine verlockende Alternative zu einer Gründung. Zumal Übernahmen mitunter die gleichen Zuschüsse und Konditionen genießen wie eine Gründung.

Nachhaltigkeit ist ein wichtiges Thema, dem sich Unternehmer und Unternehmerinnen nicht mehr verschließen können. Nicht nur, weil gesetzliche und regulatorische Auflagen zwingend umzusetzen sind. Nachhaltigkeit ist inzwischen ein entscheidender Faktor bei der Unternehmensbewertung und damit für den Unternehmenswert geworden.

Die von der UN ins Leben gerufenen ESG-Ziele sollen das Handeln der Unternehmen positiv im Hinblick auf Umwelt, Soziales und Unternehmensführung beeinflussen. Mittlerweile sind diese Kriterien zu bestimmenden Faktoren für geschäftliche Praktiken geworden. Sie sind damit auch Indikatoren für die langfristige finanzielle Leistungsfähigkeit und das Risikomanagement von Unternehmen.

Nachhaltige Geschäftspraktiken und Strategien sind zum Wettbewerbsvorteil avanciert, weil sie das Vertrauen der Kunden und Angestellten stärken. Am M&A-Markt sind nachhaltige Unternehmen für Käufer und Investoren sehr viel attraktiver. Dieser Trend wird sich in Zukunft sogar noch verstärken. Unternehmen, die ESG-Ziele umsetzen, handeln also nicht nur ethisch, sie haben die wirtschaftliche Notwendigkeit dieser Ziele für langfristigen Erfolg erkannt und stärken damit ebenfalls ihre Resilienz.

In den letzten Jahren haben private Investoren (Private Equity) bei Finanzierungen an Bedeutung gewonnen. Das gilt für die Kapitalbeschaffung für eine Fusion oder Übernahme und auch für die Finanzierung betrieblicher Investitionen. Oft kommt es dabei zu einer Mischfinanzierung durch Private Equity und klassische Bankdarlehen. Diese Entwicklung ist darauf zurückzuführen, dass die gestiegenen Zinsen sich verteuernd auf klassische Kredite auswirken. Des Weiteren sind Banken durch strenge Auflagen eingeschränkt, wenn es um die Vergabe geht.

Private-Equity-Investoren sind oft weniger risikoavers und stellen nicht nur Kapital zur Verfügung: Oft bieten sie darüber hinaus wertvolle Expertise, strategische Unterstützung und sind gut vernetzt. So haben sie sich in den letzten Jahren einen guten Ruf bei den deutschen Unternehmerinnen und Unternehmern aufgebaut.

Fazit

Der deutsche Mittelstand hat sich in den letzten Jahren als resilient und leistungsstark erwiesen und blickt optimistisch in die Zukunft. Die Entwicklungen der Vergangenheit haben den Mittelstand gestärkt und die anhaltenden Trends bieten weiterhin viele Chancen. Das gilt auch für den Kauf und Verkauf von Unternehmen. Die günstige Lage und eine gestiegene Kaufbereitschaft kommen besonders den Verkäufern zugute.

Autorenprofil
Henning Kürbis
Henning Kürbis

Henning Kürbis ist geschäftsführender Gesellschafter der Marktlink Mergers & Acquisitions GmbH in Hamburg. Gemeinsam mit seinem Team ist er die treibende Kraft für M&A-Aktivitäten in der Region Norddeutschland und der Drehscheibe der norddeutschen Bundesländer. Mit mehr als 20 Jahren Erfahrung in grenzüberschreitenden Transaktionen ist er Ansprechpartner für interessierte Unternehmer.

Autorenprofil
Borys Storck
Borys Storck

Borys Storck ist geschäftsführender Gesellschafter der Marktlink Mergers & Acquisitions GmbH in Düsseldorf. Er hat mehr als 20 Jahre Erfahrung in der Beratung von inhabergeführten Unternehmen, Konzernen und Private-Equity-Investoren bei der Durchführung von Unternehmenskäufen und -verkäufen sowie der Finanzierung und Bewertung von Unternehmen. Herr Storck ist Diplom-Ökonom und studierte an der Ruhr-Universität Bochum und der Bergischen Universität Wuppertal.

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