Private Equity als Hebel für die Digitalisierung

Darum ist der IT-Services- und -Softwaresektor ein attraktives Ziel für Private Equity

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Es sind goldene Zeiten für die IT-Services- und -Softwarebranche – konjunkturellen Herausforderungen zum Trotz investieren Unternehmen in die Digitalisierung. Das beflügelt den Markt. Kein Wunder: Schließlich bieten sich die Branche und Private Equity gegenseitig attraktive Bedingungen. Dazu zählen Krisenresilienz, attraktive Bewertungsniveaus sowie intelligentes Kapital und reichhaltige Erfahrung im Unternehmensaufbau wie auch der Wertsteigerung.

Konjunktur, geopolitische Einflüsse, Lieferengpässe – alles Herausforderungen, die für die meisten Branchen oftmals zu einem Martyrium werden. Ein Sektor scheint davon allerdings weitestgehend unberührt zu bleiben: IT-Services und -Software. Somit investieren Unternehmen und der öffentliche Sektor nach wie vor in ihre digitale Infrastruktur. Und diese Investitionen werden in herausfordernden Wirtschaftslagen zusätzlich befeuert, denn insbesondere in anspruchsvollen Marktsituationen versuchen Organisationen, ihre Prozesse zu optimieren und Kosten zu senken, um wettbewerbsfähig zu bleiben.

Ein Grund für die Attraktivität des IT-Services- und -Softwaresektors sind die interessanten Bewertungsniveaus. Diese werden maßgeblich vom Wachstumspotenzial getrieben, das zumeist im zweistelligen Bereich liegt. Die hohen Margen befeuern diesen Umstand zusätzlich. Darüber hinaus bietet das geografisch breite und vor allem branchenübergreifende Anwendungsfeld attraktive Skalierungsmöglichkeiten. Durch Private Equity können IT-Services- und -Softwareunternehmen also die strukturell bedingten Wachstumsmöglichkeiten ihrer Branche hebeln und Innovationen stärker vorantreiben.

Eine der letzten Bastionen zweistelliger Wachstumsraten

Neben der strategischen Motivation bestehen für Private-Equity-Fonds auch rein makroökonomische Gründe, in den Sektor zu investieren. Prognostiziert werden zweistellige Wachstumsraten in den relevanten Märkten; dadurch ergibt sich für die Private-Equity-Branche die Möglichkeit, Beteiligungen mit einer attraktiven Kapitaleffizienz zu strukturieren. Eine Strategie, die Private-Equity-Fonds in Hinblick auf die Wertsteigerung eines Unternehmens anwenden, ist Buy and Build. Hierbei wird das Portfoliounternehmen, analog zu einer Plattform, um weitere Unternehmen (Add-ons) ergänzt. Hierdurch können Synergien hinsichtlich der angebotenen Produkte und Dienstleistungen genutzt, die Kundenbasis diversifiziert und/oder der geografische Wirkungsbereich erweitert werden. So lassen sich erhebliche Potenziale zur Wertsteigerung freisetzen.

Pioniere in der Entwicklung internetbasierter Softwaresysteme

Ein Beispiel ist das Unternehmen freiheit.com technologies, das 1999 von Claudia Dietze und Stefan Richter gegründet wurde und an dem die DBAG über den DBAG Fund VIII seit 2022 eine Mehrheitsbeteiligung hält. Das Hamburger Unternehmen ist ein Pionier in der Entwicklung großer internetbasierter Softwaresysteme. Zu den größtenteils langjährigen Kunden gehören überwiegend Konzerne wie Daimler, Metro und Tchibo, aber auch mittelständische Unternehmen. freiheit.com hilft ihnen, komplexe Projekte umzusetzen, um die digitale Transformation ihrer Geschäftsmodelle zu gestalten. Das Spektrum reicht von B2C- und B2B-E- Commerce-Plattformen im Food- und Non-Food-Bereich über Applikationen für Connected Cars wie das Musikstreaming im Auto bis hin zu Cloudplattformen für das Management von Zahnarztpraxen und medizinischen Geräten sowie KI-Anwendungen im Healthcarebereich. Um diese Anforderungen zu erfüllen, ist das Unternehmen in den vergangenen Jahren stark gewachsen – so beschäftigt freiheit.com rund 150 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus der ganzen Welt an den Standorten Hamburg und Lissabon. „freiheit.com befindet sich in einem Markt, der von strukturellem Wachstum geprägt ist, und weist selbst auch eine starke Entwicklung auf. Zudem hat es das Team geschafft, sich eine ausgezeichnete Reputation aufzubauen, die von einer Vielzahl erfolgreicher Referenzprojekte getrieben wird“, sagt Malte Hinz, Mitglied der Geschäftsleitung der Deutschen Beteiligungs AG.

Ein weiteres Beispiel ist das Unternehmen Cloudflight, einer der führenden Full-Service-Provider für die digitale Transformation in Europa. Das Team, mittlerweile besteht es aus mehr als 1.000 Mitarbeitern aus den Bereichen Cloudarchitektur, Softwareentwicklung, strategische IT und Data Science, ermöglicht die erfolgreiche Digitalisierung seiner Kunden. Das Angebot umfasst Beratungsdienstleistungen über die Entwicklung kundenspezifischer Software und Cloud-Native-Lösungen bis hin zum Betrieb – und deckt somit die gesamte Klaviatur der Digitalisierung ab.

Verdreifachung des Umsatzes in nur drei Jahren

2019 investierte die DBAG in Cloudflight und konnte, in enger Zusammenarbeit mit dem Management und einem Partnernetzwerk, eine europäische Wachstumsstrategie verfolgen, die auch den Ausbau des Teams begünstigt. Kunden erhalten somit Zugriff auf ein umfangreiches Leistungsportfolio und dem Team werden interessante Herausforderungen und spannende Standorte geboten. Zudem wurden durch strategische Akquisitionen sowie einen Ausbau der Dienstleistungen substanzielle Wertsteigerungen erreicht, unter anderem eine Verdreifachung des Umsatzes in nur drei Jahren. Die Beteiligung an Cloudflight wurde im November 2022 abgeschlossen, veräußert wurden die Anteile an die Partners Group, einen weltweit führenden institutionellen Manager von Privatmarktanlagen. Vor dem Hintergrund der nach wie vor guten Wachstumsmöglichkeiten ist die DBAG weiterhin als Minderheitsanteilseigner beteiligt.

FAZIT

Summa summarum bedingen sich der IT-Services- und -Softwaresektor sowie Private Equity gegenseitig. Einerseits sind Finanzinvestoren daran interessiert, in wachstumsstarke Branchen zu investieren und ihr Know-how und Netzwerk einzubringen, und andererseits wiederum sucht die IT-Services- und -Softwarebranche nach liquiden Partnern, um ihr Wachstumspotenzial zu hebeln und Zukäufe zu strukturieren.


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er Beitrag ist in der Unternehmeredition-Magazinausgabe 2/2023 erschienen.

Autorenprofil
Thomas Weber

Thomas Weber ist Mitglied der Geschäftsleitung der Deutschen Beteiligungs AG und verantwortet das Ressort Business Development.

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