Es ist immer ein schmaler Grat, etwas Generelles zu „Wachstum“ zu schreiben, etwas, das möglichst für alle Unternehmen gilt, denn zu differenziert sind die einzelnen Situationen: Die einen waren von Lockdowns im Rahmen der Pandemie negativ betroffen, die anderen haben davon profitiert. Die einen haben Probleme auf Grund der Rohstoffknappheit, die anderen nicht. Manche klagen über lange Lieferzeiten, andere gewichten das Problem nicht so hoch. Die Gruppe derer, die sich mit schier explodierten Frachtkosten auseinandersetzen müssen, steht der Gruppe derer gegenüber, denen dies wenig ausmacht. Was also tun wir 2022? Wie können wir auch 2022 für gesundes profitables Wachstum sorgen? Drei Ansätze auf strategischer Ebene, die operativen Themen haben die Unternehmen ohnehin im Griff.
- Zeit in Strategie investieren: Differenzieren Sie zwischen echten strategischen Themen und vermeintlich strategischen Themen. Selbst wenn ungenügende direkte Verfügbarkeit von Rohstoffen, große Lieferengpässe und hohe Frachtkosten extrem behindernde Themen sein mögen, sind es noch lange keine strategischen Themen. Wie zu Beginn der Coronapandemie die schnell zu treffenden Maßnahmen und die Angst vor einer Liquiditätskrise im Unternehmen saugen sie uns aber in ihren Bann und rauben uns Aufmerksamkeit. Diese Themen müssen gelöst werden, es müssen Umwege gefunden werden, aber sie dürfen unsere strategischen Ziele nicht maßgeblich beeinflussen. Es werden diejenigen Unternehmen gewinnen, die sich strategische Beweglichkeit bewahren und sich eben nicht von den operativen Dingen gefangen nehmen lassen. Was sind Ihre wirklich strategisch relevanten Wachstumsthemen?
- Den Jahresstart nutzen und die Mitte des Jahres nicht vergessen: zum Jahresstart besteht immer eine hohe Energie im Unternehmen – nach dem üblichen Anlaufen. Mitarbeiter und Unternehmensleitung sind hochmotiviert, Dinge wollen bewegt werden, nicht selten finden auch Strategiemeetings direkt zum Jahresbeginn statt (das sollte zumindest so sein). Alle sind ausgeruht, alle wollen nach vorne. Diese Energie gilt es, zu nutzen. Aber: das ist längst nicht genug. Der Mitte des Jahres wird im unternehmerischen Jahr eine viel zu geringe Bedeutung beigemessen. Statt einen neuen (strategischen) Impuls zu setzen, ist Urlaubszeit zu beachten, danach gehen die Budgetrunden langsam los. Planen Sie in der Jahresmitte unbedingt einen Rückblick auf Ihre strategischen und operativen Vorhaben ein und verbinden Sie ihn mit einem verbindlichen Ausblick. Das erleichtert im Übrigen im Herbst auch die Planungsphase.
- Das Wachstumsbild schärfen: Vielleicht das Wichtigste ist, das Bild des gesunden profitablen Wachstums (wieder) zu schärfen. Wachstum ist etwas Gutes, es darf sich nicht auf die letzte Zeile der Gewinn-und-Verlustrechnung reduzieren, aber trotzdem müssen die Maßnahmen dazu führen, dass das Resultat stimmt. Schärfen Sie nach: Was verstehen Sie in Ihrem Unternehmen unter gesundem profitablen Wachstum? Wie schaffen Sie es, erstens von oben (durch profitablen Umsatz), zweitens unterstützt durch neue Produkte und Leistungen, statt durch ein Mehr des ewig Gleichen und drittens von innen, also nicht durch M&A, Buy-and-Build, Fusion, Übernahme oder ähnliches? Nehmen Sie Ihre Mitarbeiter (wieder) mit an Bord, nach einer so langen Zeit der Isolation ist das wichtig.
FAZIT
Jawohl, dies sind drei Hinweise auf hohem Niveau. Aber genau das ist heute mein Punkt: Behalten Sie im Jahr 2022 als Unternehmerin und als Unternehmer unbedingt eine gewisse Flughöhe bei. Die operativen Einzelheiten sollten Ihre Mitarbeiter im Griff haben, denn dafür werden sie bezahlt. Ihr Unternehmen braucht Führung mehr denn je.
Prof. Dr. Guido Quelle
Prof. Dr. Guido Quelle ist Wachstumsexperte und gilt als einer der deutschen Vordenker bei wachstumsorientierter Transformation, Change Management und New Leadership. Prof. Dr. Quelle ist Mehrheitsgesellschafter der Mandat Managementberatung GmbH. Das Mandat-Team verfügt über branchen- und länderübergreifendes Wachstums-Know-how in den Leistungsfeldern Strategie und Marke, Prozesse und Organisation sowie Vertrieb und Expansion. Schwerpunkt ist der gehobene Mittelstand in der DACH-Region.