„Wenn wir dem Management keinen Gebrauchtwagen abkaufen würden …“

Dr. Barbara und Michael Kollenda von der Salutaris AG: Stockpicker im deutschen Mittelstand aus Überzeugung

Erfahrene Investoren setzten auf deutsche Mittelständler, betonen persönliche Analysen und langfristige Anlagestrategien.
Foto: © sommart - Adobe Stock

Investmenterfahrung meets deutschen Mittelstand: Unter diese Headline passt das Wirken der Salutaris Capital Management AG aus München. Dr. Barbara und Michael Kollenda zählen gewissermaßen zu den Urgesteinen der Investmentszene hierzulande.

„Wir haben in der Tat eine sehr lange Kapitalmarkterfahrung. Meine Frau seit Anfang der 1980er-Jahre; ich begann meine Berufsausbildung 1976 bei der Dresdner Bank. Damals habe ich meine ersten Aktien gekauft”, erinnert sich Michael Kollenda. In den mehr als 40 Jahren im Dienste der Kunden haben beide unzählige Veränderungen verfolgt, eines ist ihrer Beobachtung nach aber stets gleichgeblieben: „In all den Jahren hat sich das prozyklische Verhalten der Marktteilnehmer nicht geändert. Dies gilt sowohl für private als auch für institutionelle Investoren. Gerade aktuell ist dies wieder sehr gut zu beobachten: Da werden prozyklisch Kursziele von Analysten reduziert und Trendwenden begleitet, aber nicht vorausgesehen.”

Die Kollendas sind vor 30 Jahren in das Lager der Stockpicker gewechselt. „Das war antizyklisch!” Sie sind dem Ansatz nicht nur treu geblieben, sondern überzeugter denn je. Auf die Frage, welchen Anteil sie in einem Gesamtportfolio für Ihre Strategie als sinnvoll reklamieren, kommt eine sehr klare Antwort: „Wir würden zu 100% in diese Themen investieren.” Persönliche Gewissheit erlangen sie, weil sie stark auf den persönlichen Eindruck vom Management setzen. „Das Wichtigste ist das persönliche Bauchgefühl, und das wächst aus der Erfahrung von Hunderten von persönlichen Unternehmensbesuchen.”

Bei Salutaris glaubt man nicht, ein Unternehmen ausschließlich vom Schreibtisch aus anhand von Kennzahlen und mathematischen Modellen beurteilen zu können. „Wir besuchen zusätzlich die Unternehmen vor Ort und versuchen, die Stimmung im Unternehmen bei Betriebsrundgängen zu erspüren. Manche Vorstände kennen wir schon seit 20 Jahren.” Dadurch werde die „Fehlerquote” immer geringer. Das schützt nicht vor Krisen, „aber wir werden immer gelassener, da wir mehr als ein Dutzend Crashes gemeinsam erlebt haben”.

Ein „typischer Kunde” existiert nicht. Salutaris bietet die Vermögensverwaltung ab 500.000 EUR an. Zunächst wird mit der Kundschaft gemeinsam die Anlagestrategie festgelegt, die auf der Anlage in Aktien des deutschen börsennotierten Mittelstands beruht. „Der Kunde oder die Kundin muss bereit sein, dieses Vermögen mindestens für fünf Jahre anzulegen.” Eingefordert wird sozusagen Vertrauen – „und dieses Vertrauen müssen wir uns auf der Zeitachse erarbeiten”.

Für Anleger, die die Salutaris-Strategie nutzen, aber nicht 500.000 EUR anlegen wollen oder können, bietet sich der Salutaris Multiwert Superfund (WKN: A12FNB; ISIN: LU1152094345) an. Über den Fonds gaben Dr. Barbara und Michael Kollenda im Interview Auskunft.

Unternehmeredition: Sie investieren bevorzugt in deutsche Mittelständler/Familienunternehmen. Welche Punkte umfasst die Analyse der Zielunternehmen?

Barbara und Michael Kollenda: Unsere Analyse geht sehr tief. Sie umfasst Kennzahlen, Branchenvergleiche und Besonderheiten. Unsere Investments haben etwas Besonderes, das sie von artgleichen Unternehmen unterscheidet; im Zweifel sind das die Menschen, die dieses Unternehmen besonders machen. Unser „Filter”, den jedes Unternehmen durchlaufen muss, ist das Produkt von mehr als 20 Jahren Arbeit und umfasst mehr als 80 Einzelpunkte. Grundsätzlich gilt: Wenn wir dem Management keinen Gebrauchtwagen abkaufen würden, brauchen wir uns mit dem Zielunternehmen nicht beschäftigen.

Welche Auswirkungen hatte/hat die Inflation auf die Unternehmen im Fonds?

Da wir bei unseren Unternehmen immer darauf achten, dass sie gut mit Eigenkapital ausgestattet sind, hatten unsere Unternehmen meist keine Probleme durch steigende Zinsen auf der Kreditseite. Steigende Personal- und Materialkosten konnten die meisten Unternehmen zeitnah weitergeben. Zum Teil haben die Unternehmen auch von der Inflation profitiert und ihre Margen ausgeweitet.

Der Fonds wird nun nach Art. 8 beworben. Was hat sich geändert?

Interessanterweise hat sich bei unserer Anlagestrategie gar nichts geändert, da wir schon immer nach den ESG-Kriterien angelegt haben, ohne uns dessen bewusst zu sein. Wir hielten das immer für die zukunftsweisendste und ehrlichste Anlagestrategie.

Wie entwickeln sich die Mittelzuflüsse? Hat das Auswirkungen auf die Kosten?

Im September dieses Jahres hat unser Fonds den Fonds eines sehr geschätzten Kollegen aufgenommen, der seinen Dachfonds aus Kostengründen aufgeben musste. Der unsere war einer seiner Zielfonds, und da er ein großer Fan unserer Strategie ist, hat er sein Fondsvolumen zu uns gebracht. Dadurch hat sich das Fondsvolumen um 50% erhöht.

Erfolgt die Portfoliokonstruktion des Fonds mit Grenzen für Branchen, Umsatzgrößen, Market Cap – oder ist der Fonds komplett unconstraint? Gibt es eine Benchmark?

Wir haben keine Benchmark. Wir investieren in Unternehmen, deren Geschäftsmodelle wir verstehen und nachvollziehen können. Am liebsten sind uns Produktionsunternehmen mit niedriger Bewertung. Biotech oder KI sind Bereiche, in denen wir uns nicht auskennen – deshalb investieren wir dort nicht. Umsatzgrößen und Market Cap spielen eine untergeordnete Rolle. Die Unternehmen sollten Gewinne machen und zeigen, dass ihre Geschäftsmodelle funktionieren und nicht nur aus Zukunftsfantasie bestehen.

Wie bewerten Sie das Aufholpotenzial nach den Kurseinbußen?

Generell gilt: Der Markt will nach oben. Einmal erreichte Kurse werden meist auf der Zeitachse auch wieder erreicht, wenn sich bei dem Unternehmen nicht etwas grundlegend ändert. Die Kurseinbrüche, die wir gesehen haben, waren ja eher psychologischer Natur und angstgetrieben und beruhten nicht auf nachvollziehbaren Ursachen. Teilweise zeigen die Unternehmen ihre besten je erreichten Firmenergebnisse und die Kurse sind trotzdem im Keller.

Wie haben Sie das Portfolio aktuell positioniert, um von einer möglichen Erholung optimal zu profitieren? Welche Titel finden Sie aktuell besonders aussichtsreich?

Wir haben aktuell 30 Titel im Portfolio und haben 7% Liquidität, um ab und zu bei „Schnäppchen” zuschlagen zu können. Wir stehen seit Monaten auf der Käuferseite. Für besonders aussichtsreich halten wir: PVA TePla, SFC Energy, Schweizer Electronic.

Wer ist der typische Investor im Fonds, welche Rolle kann der Fonds im Gesamtportfolio eines Investors spielen?

Jeder, der am Wachstum des börsennotierten deutschen Mittelstands partizipieren will und sein Geld über fünf Jahre anlegen möchte, ist als Anleger geeignet. Über unseren Fonds kann jeder unsere Anlagestrategie bereits ab 25 EUR kaufen. Am besten ist es, wenn man einen monatlichen Sparplan einrichtet, um von Kursschwankungen zu profitieren.

Welche Ausschüttungspolitik verfolgen Sie?

Seit wir den Fonds übernommen haben, schütten wir 1% des jeweiligen Anteilwerts aus. Dies werden wir auch dieses Jahr wieder tun – traditionell am Nikolaustag. Darüber freuen auch wir uns und unsere Enkel, denn wir sind alle investiert. Im Fonds steckt unsere Altersvorsorge.

Sehr geehrte Frau Dr. Kollenda, sehr geehrter Herr Kollenda, vielen Dank für diese Einblicke.


Barbara und Michael Kollenda
Foto: © Salutaris Capital Management AG

ZU DEN PERSONEN

Dr. Barbara Kollenda und Ehemann Michael Kollenda sind Vorstände der Vermögensverwaltung Salutaris Capital Management AG. Gemeinsam managen sie seit Herbst 2020 den Salutaris Multiwert Superfund.

 

 

 

 

Dieser Beitrag ist in der Unternehmeredition-Magazinausgabe 4/2023 mit Schwerpunkt “Unternehmervermögen” erschienen. Zum E-Paper geht es hier.

Autorenprofil
Stefan Preuss

Stefan Preuss ist Mitglied der GoingPublic Redaktion.

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