„Unsichere Zeiten fördern unsere Transaktionsaktivitäten“

Interview mit Johannes Laumann, Chief Investment Officer bei Mutares SE & Co. KGaA.

Foto: © C.Castilla_AdobeStock

Die Beteiligungsgesellschaft Mutares ist darauf spezialisiert, verlustträchtige Firmen zu sanieren. Noch in diesem Jahr soll das Geschäft auch auf die USA ausgeweitet werden.

Unternehmeredition: Mutares hat für 2022 ein Rekordergebnis berichtet. Was waren die Gründe?

Johannes Laumann: Wieder einmal sind wir 2022 im Vergleich zum Vorjahr stark gewachsen. Das hatte mehrere Gründe. Zum einen erzielen wir Einnahmen aus Beratungen und Management Fees. Je mehr Firmen und je mehr Umsatz wir haben, desto mehr generieren wir diese planbaren, stabilen Einnahmen. Hinzu kommt, dass sich unsere beiden Segmente Engineering and Technology sowie Goods and Services im vorigen Jahr hervorragend entwickelt haben. Und schließlich haben wir auch einige Exits sehr erfolgreich abgeschlossen. Die Summe aus diesen drei Komponenten führte dann zu diesem erfreulichen Ergebnis.

Begünstigen unsichere Zeiten wie die gegenwärtigen Ihr Geschäftsmodell?
Ja und nein. Zu 51% ja, weil unsichere Zeiten unsere Transaktionsaktivitäten fördern. Es ist für uns in Krisenzeiten sehr lukrativ, Unternehmen zu kaufen, denn dann konzentrieren sich Konzerne auf ihr Kerngeschäft. Umgekehrt steigt für uns die Chance, Konzernen zur Stärkung ihres Kerngeschäfts Unternehmen zu verkaufen. Zu 49% nein, weil auch wir natürlich Portfoliogesellschaften haben, die unter einer Rezession leiden. Im Portfolio spüren wir das Gleiche wie der Mittelständler, weil sich praktisch alle unsere Beteiligungen im Umsatz zwischen 50 Mio. und 700 Mio. EUR befinden und so gut wie alle als Mittelständler aufgestellt sind.

Welche Branchen sind für Mutares interessant?
Wir haben drei Segmente. Im Segment Automobil sind Automobilzulieferer zusammengefasst. Im Segment Engineering and Technology konzentrieren wir uns auf den Anlagenbau, die Baubranche und solche B2B-Geschäfte, die umfangreiches Know-how enthalten. Das Segment Goods and Services schließlich ist eine Art Sammelbecken. Hier haben wir Firmen, die ein Produkt herstellen, das auch dem Endkunden zur Verfügung steht. Dieses Produkt sollte jeder Mensch irgendwann im Leben einmal brauchen – also keine Nischenprodukte wie Herzschrittmacher, sondern Massenprodukte wie etwa Plastikboxen für den Haushalt.

Wie gehen Sie konkret vor?
Die Firmen, die wir kaufen, sind typischerweise verlustträchtig, haben aber noch ein gutes Produkt. Üblicherweise bitten wir den Verkäufer, die Firma finanziell zu unterstützen. Mit diesem Geld versuchen wir, sie wieder profitabel zu machen. Im Gegenzug kann es sein, dass wir auch gewisse Zugeständnisse machen, etwa in Form von Haftungseinschränkungen für den Verkäufer. Sobald wir eine Firma haben, schicken wir ein Beraterteam dorthin. Wir haben über 130 eigene Berater. Die Leute dieses Teams sehen sich die einzelnen Bereiche an, also etwa Einkauf, Vertrieb, Finanzen, IT, Logistik und Personal. Dieses Team ist meistens sechs bis neun Monate vor Ort und stößt die nötigen Restrukturierungsmaßnahmen an, entweder gemeinsam mit dem vorhandenen Management oder mit einem neuen. Danach verkleinern wir unser Team und lassen es in der Regel noch ein Jahr in der Firma. Es sorgt dort dafür, dass die neue Struktur gut funktioniert. Wir begleiten die Firma also die ersten zwei Jahre sehr intensiv. Danach ersetzen wir unsere Leute durch ein normales Management und suchen nach einer Exitmöglichkeit.

In welchen Ländern ist Mutares unterwegs?
Wir sind aktuell in zehn Ländern in Europa vertreten. Neben Deutschland sind das Österreich, Frankreich, Italien, Polen, Benelux, UK, Spanien, Schweden und Finnland. In der zweiten Jahreshälfte planen wir den Sprung in die USA. Grundsätzlich gilt: Je größer eine Volkswirtschaft ist, desto mehr Geschäftspotenzial sehen wir für uns. Die lokalen Gegebenheiten spielen zwar eine Rolle, Restrukturierungen oder gar Schließungen werden in den Ländern unterschiedlich gut akzeptiert – aber die Größe der Volkswirtschaft ist entscheidend für unser Geschäft.


ZUR PERSON

Johannes Laumann

Johannes Laumann,
Chief Investment Officer,
Mutares SE & Co. KGaA
ir@mutares.com
www.mutares.de

 

 

Dieser Beitrag ist Mitte Mai in unserem Spezial “Investoren im Mittelstand” erschienen.

Autorenprofil
Bärbel Brockmann

Bärbel Brockmann ist eine freie Wirtschaftsjournalistin, die schwerpunktmäßig über Finanz-, Energie- und Immobilienthemen schreibt. Die frühere Leiterin des Düsseldorfer Korrenspondentenbüros der Nachrichtenagentur Reuters begann ihre berufliche Karriere bei einer großen Regionalzeitung.

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