Beteiligung statt Bonus

Worauf Unternehmen bei Mitarbeiterkapitalbeteiligungen achten sollten

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In Zeiten von Fachkräftemangel und dem steigenden Wunsch nach unternehmerischer Mitgestaltung rückt ein Instrument zunehmend in den Fokus: die Mitarbeiterbeteiligung. Die Idee dahinter? Partizipieren Beschäftigte finanziell am Erfolg des Unternehmens, in dem sie angestellt sind, stärkt das nicht nur Motivation und Loyalität, sondern verbessert auch die Wettbewerbsfähigkeit der Firma. In der Praxis zeigt sich jedoch immer wieder, dass der Weg zur passenden Beteiligungslösung komplex ist und rechtliche sowie steuerliche Fallstricke birgt. Einfach eben mal so Kapitalbeteiligungen einführen ist Scheitern mit Ansage. Nicht jedes Modell passt zu jedem Unternehmen, entsprechend wichtig ist ein strategisches Vorgehen.

Vor allem junge Unternehmen und wachstumsstarke Mittelständler setzen vermehrt auf
Beteiligungsmodelle. Es geht dabei längst nicht mehr nur um rein finanzielle Anreize,
sondern um echte Teilhabe. Das heißt, Mitarbeiter werden idealerweise als Mitgestalter verstanden und eingebunden, sodass Identifikation entsteht. Entsprechend individuell muss das Modell Mitarbeiterbeteiligung für jedes Unternehmen ausgestaltet werden.

Bei GmbH, Familienunternehmen oder Start-up unterscheiden sich die Rahmenbedingungen erheblich. Während börsennotierte Unternehmen auf Aktienoptionen setzen können, brauchen Mittelständler oft flexible Instrumente wie stille Beteiligungen oder virtuelle Anteile. Gerade für kleinere Firmen ist es entscheidend, ein Modell zu finden, das zur Unternehmenskultur passt, ohne dabei die Liquidität zu gefährden und mögliche Konflikte mit Gesellschaftern und Finanzamt zu riskieren. Dabei reichen Standardverträge selten aus. Ein Beteiligungsmodell muss auf das Unternehmen und seine Wachstumsphase zugeschnitten sein.

Virtuelle Potenziale ausschöpfen

Grob lassen sie sich Mitarbeiterkapitalbeteiligungen in virtuelle und reale Programme
unterscheiden. Bei ersteren erhalten Mitarbeiter die Chance, an virtuell gebildeten
Anteilen des Betriebs zu partizipieren. Beschäftigte werden hier nicht zu
Gesellschaftern. Arbeitgeber räumen ihnen eine rein schuldenrechtlich vermittelte
wirtschaftliche Beteiligung im Rahmen eines Virtual-Stock-Option-Programms (VSOPs)
ein. Es kommt also nicht zu einem tatsächlichen Aktienbesitz, sondern zu einem zivilrechtlichen Zahlungsanspruch.

Der Vorteil? In der Praxis sind solche Programme relativ einfach durch einen schuldenrechtlichen Vertrag umsetzbar, was Unternehmen ausreichend Flexibilität bietet, sie an ihre Bedürfnisse anzupassen. Vertraglich festzuhalten ist dabei unbedingt, wann einzelne Mitarbeiter virtuelle Anteile erhalten, wie die Wertentwicklung der Anteile berechnet wird, was geschieht, wenn Beschäftigte mit Anteilen kündigen, und wann sie ihre Anteile ausgezahlt bekommen. Aber auch Mitarbeiter profitieren: Da es keinen tatsächlichen Aktienbesitz gibt, wird keine Kapitalertragsteuer fällig. Allerdings müssen sich Beschäftigte des spekulativen Charakters eines VSOPs bewusst sein. Schließlich handelt es sich, je nach Gestaltung des Programms, um eine Wette auf den Unternehmenserfolg.

Reale Möglichkeiten schaffen

Mitarbeiter können auch real am Erfolg des Unternehmens teilhaben, beispielsweise in Form von Aktien, Employee Stock Option Plans (ESOPs) oder Restricted Stock Units (RSUs) beziehungsweise Awards (RSAs). Sie machen Mitarbeiter zu Mitgesellschaftern, wodurch ihnen neben einer Beteiligung am Gewinn auch weitreichende Informations-, Kontroll- und Mitbestimmungsrechte zustehen. Entsprechend geht diese Gestaltungsmöglichkeit der echten Anteilsbeteiligungen auf Unternehmensseite mit einem bürokratischen Mehraufwand einher – insbesondere, wenn es sich bei der Firma um eine GmbH oder UG (haftungsbeschränkt) handelt. Solche Unternehmensformen machen die Aufnahme in den Gesellschafterkreis notwendig, was aufgrund der Beteiligungsrechte nur für einen sehr geringen Teil der Arbeitnehmenden realistisch wäre.

Vergleichsweise einfacher haben es Aktiengesellschaften (AGs). Sie können Mitarbeiterbeteiligungen in Form von ESOPs oder RSAs und RSUs anbieten. Bei ESOPs erhalten Beschäftigte etwa die Möglichkeit, vergünstigt Aktien zu erwerben, wobei die Bedingungen im Plan festgelegt sind. Diese Programme sind langfristig angelegt und bieten Mitarbeitern wiederholt die Chance, Anteile zu erwerben, um sie an das Unternehmen zu binden. RSA-Programme gewähren Arbeitnehmern von Anfang an eingeschränkte Aktien, die erst zu einem späteren Zeitpunkt verkauft werden können. RSUs hingegen geben Angestellten einen Anspruch auf die Übertragung von Aktien zu einem späteren Zeitpunkt, wenn bestimmte Bedingungen erfüllt sind, ohne dass Mitarbeiter Aktien erwerben müssen. Stattdessen wird ein festgesetzter Betrag in RSUs umgewandelt, die an der Kursentwicklung des Unternehmens teilnehmen. Die endgültige Zuteilung erfolgt regelmäßig unentgeltlich, ist aber, wie alle Mitarbeiterkapitalbeteiligungen, prinzipiell steuerpflichtig.

Autorenprofil
Prof. Dr. Christoph Juhn
Geschäftsführender Partner at  | Website

Prof. Dr. Christoph Juhn ist Professor für Steuerrecht an der FOM Hochschule und geschäftsführender Partner der Kanzlei Juhn Partner.

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