Der richtige Finanzierungsmix bei der Nachfolge

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Für Nachfolger ebenso wie für Unternehmen tragbare Gesamtfinanzierungen zu finden ist herausfordernd, aber machbar. Wichtig ist, sich frühzeitig mit den Möglichkeiten auseinanderzusetzen und eine individuell passende Finanzierungsstruktur zu entwickeln, die auch eine Mischung aus Eigen- und Fremdmitteln sein kann.

Den deutschen Mittelstand drückt nach wie vor der anstehende Generationswechsel. Laut KfW suchen in den nächsten zwei Jahren rund 260.000 Unternehmen einen Nachfolger. Steht niemand aus der Familie zur Verfügung, muss die Zukunft des Unternehmens auf anderem Wege gesichert werden. Das Spektrum möglicher Übernehmer ist weit: Management Buy-out oder Management Buy-in externer Manager kommen ebenso infrage wie die Übergabe des Unternehmens an strategische Investoren, wie Lieferanten, Kunden oder Wettbewerber.

Dabei entscheidet nicht allein der Kaufpreis darüber, wem der Staffelstab übergeben wird. Oftmals fällt Unternehmern das Loslassen schwer; es ist ein gehöriges Maß an Ver- und Zutrauen nötig, um das eigene Lebenswerk in die Hände eines anderen zu legen. Fehlt dies, steigt die Bereitschaft, das Unternehmen stillzulegen. Im Coronajahr 2020 stiegen die Stilllegungsabsichten von 14% auf 17%, und die nachfolgeplanenden Unternehmen nahmen von 39% auf 31% ab.

Die Strukturierung der Transaktion ist eng mit der Frage verknüpft, an wen übergeben werden soll. Stammt der Nachfolger aus der Familie, stehen eine vorweggenommene Erbschaft, Schenkung, ein Unternehmensverkauf oder sogar eine Verrentung des Verkaufspreises zur Wahl. Welche Übertragungsart im Einzelfall am besten passt und wie der Nachfolgeprozess am besten strukturiert wird – hierüber informieren zum Beispiel Förderberater regionaler Förderbanken wie der NRW.BANK.

Finanzierung von Kaufpreis und Investitionsbedarf

Haben sich die Parteien über den Kaufpreis verständigt, ist seine Finanzierung ebenso wie die Finanzierung eines etwaigen Investitionsbedarfs im Unternehmen zu stemmen. Der Nachfolger kann vorhandenes Barvermögen einbringen. Bei der Aufnahme von Krediten können auch eine private Bürgschaft oder private Sicherheiten, zum Beispiel aus einer Immobilie, gestellt werden. Hegt der Altgesellschafter den Wunsch, weiterhin am Unternehmen zu partizipieren, ist die Verwendung eines Verkäuferdarlehens als Finanzierungsbaustein zu überlegen. Hierbei wird ein Teil des Kaufpreises für einen Zeitraum von in der Regel zwei bis drei Jahren im Unternehmen belassen. Der Verkäufer erhält somit nicht den vollen Kaufpreis zum Zeitpunkt des Unternehmensverkaufs, bekommt aber eine adäquate Verzinsung seines Darlehens. Das Verkäuferdarlehen verringert die Höhe der vom Nachfolger extern zu beschaffenden Kaufpreisfinanzierung. Die von den Banken als Fremdkapital ausgegebenen Akquisitionsdarlehen sind für gewöhnlich in eine Tilgungstranche und eine endfällige Tranche strukturiert.

Um eine Finanzierungslücke zu schließen, kann externes Beteiligungskapital über eine offene Minderheitsbeteiligung eines weiteren Gesellschafters eine Lösung sein. Auch Förderbanken wie die NRW.BANK beteiligen sich offen oder mit stillen Beteiligungen an Unternehmen. Dabei leistet der stille Gesellschafter eine nachrangige Einlage in das Unternehmen, wird aber im Außenverhältnis nicht als Gesellschafter ausgewiesen und verfügt zumeist nur über beschränkte Einflussmöglichkeiten auf die Geschäftsführung.

Regionale Förderbanken wie die NRW.BANK stehen scheidenden Unternehmern ebenso wie Übernahmeinteressenten mit einem umfangreichen Förderangebot zur Seite. Dieses reicht von zinsverbilligten Krediten über Eigenkapitalfinanzierungen bis hin zu einer umfassenden Nachfolgeberatung. Hierbei analysieren Förderberater mit den abgebenden Unternehmern oder potenziellen Nachfolgern die Unternehmensunterlagen und sondieren die passenden Fördermöglichkeiten.

Zehn Empfehlungen für die Nachfolgefinanzierung

  1. Nachfolge braucht Zeit. Der Planung für den Unternehmenskauf selbst sollte ebenso wie der Planung für die Nachfolgefinanzierung ausreichend Zeit eingeräumt werden. Die Nachfolge ist ein zeitaufwendiger Prozess, der gewissenhaft vorbereitet sein will – aufseiten des Unternehmers wie auch des Nachfolgers.
  2. Beratungsmöglichkeiten nutzen. Qualifizierte Unterstützung entscheidet oft über das Gelingen einer Nachfolgeplanung. Erfahrene Berater von Industrie- und Handelskammern, Handwerkskammern, Wirtschaftsförderungen, der Hausbank, Förderbanken oder auf Branchen spezialisierte Berater und Plattformen bringen wertvolle Expertise in den Prozess.
  3. Die Unternehmenssituation neutral analysieren. Versierte Sparringspartner analysieren die wirtschaftliche Situation des zu übernehmenden Unternehmens und zeigen sowohl Potenziale als auch die Herausforderungen neutral auf.
  4. Einen detaillierten, realistischen Businessplan erstellen. Dieser muss neben der Ertragsplanung auch eine Kapitalbedarfsplanung enthalten. Dabei müssen neben Kaufpreis und Transaktionskosten (Beratungskosten, Steuern et cetera) auch finanzielle Mittel für die Weiterführung (Betriebsmittel) und den langfristigen Fortbestand des Unternehmens (Investitionen) in ausreichender Höhe berücksichtigt werden.
  5. Übertragungsart frühzeitig festlegen. Die vorgesehene Übertragungsart bestimmt auch die Form der Finanzierung.
  6. Gesellschafts- und steuerrechtliche Aspekte klären. Bei jeder Unternehmensübernahme spielen gesellschafts- und steuerrechtliche Aspekte eine wichtige Rolle. Es gilt, Rechtsanwalt und Steuerberater frühzeitig einzubinden.
  7. Finanzierungsmix strukturieren. Externe Berater entwickeln einen auf die individuelle Nachfolgesituation passenden Finanzierungsmix. Sie können die Ansprache der Finanzierungspartner orchestrieren und begleiten sowie in Gesprächen und Verhandlungen unterstützen.
  8. Staatliche Zuschüsse ausloten. Ein Überblick über staatliche Fördermöglichkeiten hilft. Nachfolgern können durch die Beratung bei der Vor- und Nachbereitung ihres Vorhabens Kosten entstehen, die möglicherweise zuschussfähig sind.
  9. Konditionen vergleichen. Wer den Markt sondiert und mit mehreren Finanzierungspartnern spricht, kennt die Bandbreite der angebotenen Konditionen. Da es um große Summen geht, machen kleine Unterschiede bei Zinssätzen, Laufzeiten oder sonstigen Bedingungen oft einen großen Unterschied.
  10. Zins, Vergütung und Flexibilität müssen stimmen. Nicht allein die Zins- und Vergütungskomponenten sind entscheidend für die Wahl des passenden Instruments – auch dessen Flexibilität sollte beachtet werden.

FAZIT

Berücksichtigen der scheidende Unternehmer ebenso wie der Nachfolger diese Tipps und beginnen sie rechtzeitig mit der Übergabeplanung, so lassen sich potenzielle Risiken von Beginn an vermeiden und der Erfolg für die Unternehmensübernahme sichern. Das Finden der optimalen individuellen Finanzierung – egal ob Eigen- oder Fremdkapital – ist dabei ein wesentlicher Meilenstein am Ende eines oft jahrelangen Prozesses. Die neutrale Beratung kann entscheidend zum Gelingen der Nachfolge beitragen.


Dieser Beitrag ist in der Unternehmeredition 1/2021 erschienen.

Autorenprofil
Claudia Köppe

Claudia Köppe ist Leiterin der Abteilung Mittelstand & Fondsinvestments des Bereichs Eigenkapitalfinanzierungen der NRW.BANK. Die NRW.BANK ist die Förderbank des Landes Nordrhein-Westfalen. Sie richtet ihre Eigenkapitalprodukte am Lebenszyklus der Unternehmen aus. www.nrwbank.de

 

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