„Wir investieren in traditionelle Industrien“

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Fidelium Partners ist ein Private-Equity-Investor mit Fokus auf Carve-outs und Sondersituationen, der Unternehmensteile aus Konzernen herauslöst und operativ eigenständig weiterentwickelt. Dabei bevorzugt Fidelium traditionelle Industrien im produzierenden Gewerbe, bleibt aber grundsätzlich industrieagnostisch und opportunitätsgetrieben. Wir sprachen mit Christoph Lipp, Investment Manager bei Fidelium Partners, über die aktuelle Deal-Pipeline in einem herausfordernden Marktumfeld, die Besonderheiten von Carve-outs und warum er für 2026 wieder mit mehr M&A-Dynamik rechnet.

Unternehmeredition: Fidelium hat sich auf Carve-outs und Sondersituationen spezialisiert. Bieten sich im aktuell schwierigen Wirtschaftsumfeld viele Investmentgelegenheiten?

Christoph Lipp: Ein solches Marktumfeld bietet immer Chancen, aber 2025 ist für uns bei Neuakquisitionen bisher verhaltener als das Vorjahr gelaufen – besonders bei Carve-outs mit Umsätzen im niedrigen bis mittleren neunstelligen Bereich und internationaler Präsenz. Aktuell sehen wir zum einen viele Restrukturierungsfälle, die sich teils auch schon in der Insolvenz befinden und somit nicht für uns interessant sind. Zum anderen hat sich die Dauer von M&A-Prozessen deutlich erhöht, und es kommt zu sehr wenigen Transaktionsabschlüssen – geprägt durch mikro- und makroökonomische Unsicherheiten. Wir sehen jetzt bei Konzernen eine verstärkte Konzentration auf das Kerngeschäft und die steigende Bereitschaft, den Verkauf von Randaktivitäten oder auch unattraktiven Bereichen voranzutreiben. Entsprechend erwarten wir für 2026 wieder eine erhöhte M&A-Aktivität mit spannenden Opportunitäten.

Wo liegt der Schwerpunkt bei Fidelium?

Fidelium agiert industrieagnostisch – wir legen uns also nicht auf bestimmte Industrien fest, sondern betrachten die jeweilige Situation, in der sich der Unternehmensteil befindet. Grundsätzlich ist es aber so, dass wir traditionelle Industrien bevorzugen, zum Beispiel im produzierenden Gewerbe: So erwirtschaften unsere Portfoliofirmen im Automotive-, Chemie- und Technologiebereich circa 1 Mrd. EUR Umsatz. Trotz den aktuellen Verwerfungen in vielen Schlüsselindustrien, wie der Automobilindustrie, sind wir hier weiter an Neuakquisitionen interessiert. Wir schauen immer auf die spezifische Opportunität. Sie muss etwas haben, das sie auszeichnet und das man nicht einfach ersetzen kann. Mit unserem zweiten Fonds über 150 Mio. EUR haben wir den geografischen Fokus von Westeuropa auf ganz Europa ausgeweitet, um auch in den wachstumsstarken und aufstrebenden Märkten aktiv zu sein.

Wie entwickelt Fidelium seine Portfoliounternehmen?

Fideliums Organisationsstruktur basiert auf drei Säulen. Das Investmentteam führt den M&A-Prozess bis zur Übernahme. Anschließend übernimmt die Federführung der Operating Partner, der die Geschäftsführung der Portfoliofirma ergänzt, Entscheidungswege kurzhält und den Herauslösungsprozess aus der vorherigen Muttergesellschaft leitet. Auf diese Weise kann sich das lokale Management ganz auf das operative Geschäft und die angestrebte operative Wertsteigerung konzentrieren, unterstützt durch unsere dritte Säule – unser operatives Expertenteam.

Wie und wann geht Fidelium Exits an?

Wir verfolgen prinzipiell das Ziel, mit unseren Portfoliogesellschaften in den Exit zu gehen, sobald unser Beitrag der operativen Optimierung wie auch der erfolgreichen Platzierung als eigenständige Unternehmung vollbracht ist. Trotz der Fondsstruktur, aber dank der unternehmerisch geprägten Investorenbasis sind wir zeitlich flexibler als ein klassischer Fonds und müssen nicht nach fünf Jahren oder nach sieben Jahren in den Verkauf gehen. Im Fokus steht dabei die Wertgenerierung und nicht der Zeitpunkt. Gerade das aktuell schwierige wirtschaftliche Umfeld bietet nicht perfekte Bedingungen, um Unternehmen zu verkaufen. Daher freut es uns umso mehr, dass wir einen Automotive-Carve-out aus 2021 nach erfolgter Herauslösung und Transformation dieses Jahr erfolgreich an einen Strategen verkaufen konnten.

Was zeichnet Fidelium aus?

Hervorzuheben ist unsere große Carve-out-Expertise: Fidelium konnte bereits viele Carve-outs erfolgreich umsetzen und positionierte sich dabei als verlässlicher Partner der Konzerne während und auch nach der Transaktionsphase. Des Weiteren, neben unserer Hands-on-Unterstützung der Portfoliofirmen und wohl auch wegen unserer genauen Prüfung vorab, haben wir trotz der multiplen Krisen in den letzten Jahren keine einzige Insolvenz zu verzeichnen. Im Laufe eines Jahres sehen wir uns hunderte Opportunitäten an, bevor wir uns auf eine festlegen. Diese betrachten wir dann bis ins kleinste Detail: Wir analysieren den Markt, hören uns bei den Kunden und Lieferanten um, sowie bei den Mitarbeitern und Managern vor Ort. Die Unternehmen, die wir uns ansehen, haben meist in den letzten Jahren zu wenig Aufmerksamkeit im Konzern bekommen und agieren unter ihren Möglichkeiten. Wir investieren bereits in der Prüfungsphase viel Zeit in das Unternehmen, um es richtig kennenzulernen, um das Geschäftsmodell zu durchleuchten und um es, nach Übernahme ab Tag eins dann auch erfolgreich entwickeln und langfristig als eigenständiges Unternehmen am Markt etablieren zu können.

Wir danken Ihnen für die interessanten Einblicke!

Das Interview führte Bärbel Brockmann.

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ZUM INTERVIEWPARTNER

Foto: © Fidelium

Christoph Lipp,

Investment Manager,

Fidelium Partners

christoph.lipp@fidelium-partners.com

www.fidelium-partners.com

 

 



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Dieser Beitrag ist auch in unserer Spezialausgabe „Investoren im Mittelstand 2026″ erschienen.

Autorenprofil
Bärbel Brockmann

Bärbel Brockmann ist eine freie Wirtschaftsjournalistin, die schwerpunktmäßig über Finanz-, Energie- und Immobilienthemen schreibt. Die frühere Leiterin des Düsseldorfer Korrenspondentenbüros der Nachrichtenagentur Reuters begann ihre berufliche Karriere bei einer großen Regionalzeitung.

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