„TTIP steht auch für gemeinsame, freiheitliche Werte“

Wie kann der Maschinenbau der Öffentlichkeit klarmachen, dass TTIP ein Segen und kein Fluch ist, ohne sich dem Vorwurf auszusetzen, man denke doch auch nur an die eigene Gewinnmaximierung?
Natürlich profitieren große Unternehmen und Konzerne von globalen Märkten. Durch Freihandelszonen und das damit verbundene Wirtschaftswachstum profitiert aber nicht zuletzt auch die Bevölkerung. Ziel von TTIP ist nicht die Gewinnmaximierung ausgewählter Firmen, sondern die Steigerung des allgemeinen Wohlstands sowohl in Europa als auch in den USA.

Selten zuvor wurde ein Abkommen so transparent kommuniziert wie TTIP. Warum hilft das nicht dabei, Bedenken zu zerstreuen?
Ich habe nicht den Eindruck, dass die Debatte sehr transparent geführt wird. Die Verhandlungen sind nicht öffentlich, nur wenig dringt nach außen. Die USA beispielsweise verbieten die Herausgabe jeglicher Informationen, nur ausgewählte Vertreter aus Wirtschaft und Politik erhalten Einblick in die Planungen. EU-Kommission und Weißes Haus müssen meines Erachtens für mehr Transparenz sorgen und die Inhalte des Abkommens klarer kommunizieren. TTIP betrifft rund 800 Millionen Menschen in Europa und den USA. Diese Menschen wollen Antworten auf ihre Fragen.

Sehen Sie die Gefahr, dass die EU bei TTIP zu „blauäugig“ verhandelt und man angesichts der erhofften Marktchancen zu viele Zugeständnisse macht?
Ich gehe davon aus, dass die Verhandlungen auf Augenhöhe geführt werden. Das betrifft zum einen die Senkung der Zölle auf beiden Seiten, Investorenschutz und Transparenz. Kompromissbereitschaft ist sicherlich von beiden Seiten gefordert. Jedoch sollte es die Möglichkeit geben, dass Standards, die für einen Vertragspartner nicht verhandelbar sind, gegebenenfalls von TTIP ausgeklammert werden.

Eine Prognose: Was wären die Konsequenzen, würde TTIP nicht weiter verfolgt?
Eine große Chance für Europa wäre vertan, denn das Freihandelsabkommen stärkt unsere globale Wettbewerbsfähigkeit. Schließlich handelt es sich bei den Vertragspartnern um zwei ökonomische Mächte, die zusammen rund die Hälfte der Weltwirtschaftsleistung produzieren. Ein Scheitern wäre nicht nur in wirtschaftlicher Hinsicht fatal. TTIP steht für freien Handel, aber auch für gemeinsame, freiheitliche Werte. Durch TTIP rücken Europa und die USA näher zusammen.


Zur Person

Wilhelm Rehm/ZF Friedrichshafen AGWilhelm Rehm ist Mitglied des Vorstands der ZF Friedrichshafen AG. Als Spezialist für Antriebs- und Fahrwerkstechnik gehört das schwäbische Unternehmen zu den zehn größten Automobilzulieferern weltweit. 2013 lag der Umsatz bei 16,8 Mrd. Euro. Der 56-Jährige Rehm zuständig für Materialwirtschaft und Industrietechnik. www.zf.com

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