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Einschnitte bei Lanco Integrated

Erst insolvent, dann drei Jahre lang von einem Interim-Manager geführt, schließlich Verkauf an einen Maschinenbauer aus den USA: Für die Mitarbeiter der Firma Lanco Integrated, früher OKU, hat sich in den letzten sechs Jahren bei Weitem mehr als nur der Unternehmensname geändert – Zeit für eine erste Bilanz.

Die Weltwirtschaftskrise 2007/2008 und ihre Folgen sorgten bekanntermaßen nicht nur in den internationalen Finanz- und Wirtschaftsmetropolen für ein großes Beben. Sie brachte auch die Welt von damals 280 Mitarbeitern des Spezialmaschinenbauers OKU in der baden-württembergischen Provinz gehörig ins Wanken. Die Bestellungen blieben aus und das Auftragsvolumen des zuvor scheinbar kerngesunden Mittelständlers sank von vormals über 40 Mio. Euro auf gerade einmal neun Mio. Euro im Jahr. Ein lebensbedrohliches Szenario für das Unternehmen aus Winterbach östlich von Stuttgart. Im Februar 2010 meldete der Spezialist für kurvengesteuerte Maschinen zur vollautomatischen Montage Insolvenz an. „In so einer Phase zeigen sich auch Schwachstellen, die sonst überhaupt keine Rolle spielen“, sagt Verkaufsleiter Jochen Pfleiderer, der seit 30 Jahren an Bord des traditionsreichen Mittelständlers ist.

Neuer Geschäftsführer bei Lanco: Bernd Klingel. (© Lanco Integrated GmbH & Co. KG)

Heute, sechs Jahre später, heißt das Unternehmen nicht mehr OKU, sondern Lanko Integrated und gehört einem Maschinenbauer aus den Staaten. Geschäftsführer in Deutschland ist Bernd Klingel. Seit dem 1. Januar dieses Jahres ist der in der Industrie geschätzte Markenname nicht mehr in seiner E-Mail-Signatur und auf den Firmenschildern der Schwaben zu finden. „Natürlich macht man sich gewisse Sorgen, dass es auf dem Markt zu Irritationen kommt, denn unser Produkt ist immer noch das gleiche und genauso gut wie früher.“ Trotzdem, so Klingel, sei der Name, den nun sowohl die amerikanische Mutter als auch die Schwester in Hongkong trägt, ein zentraler Schritt für die Zukunft.

Höhen und Tiefen

Klingel übernahm die Geschäftsführung des Unternehmens im Jahr 2013, nachdem Interim-Manager Michael Hieber vom Sanierungsspezialisten Pluta im amerikanischen Maschinenbauer Lanco einen geeigneten Käufer für die insolventen Baden-Württemberger gefunden hatte. Drei Jahre hatten Hieber und Insolvenzverwalter Michael Pluta die Sanierung von OKU vorangetrieben. „Wir haben schnell gemerkt, dass Pluta kein Interesse daran hat, uns an einen Cherry Picker zu verkaufen“, sagt Pfleiderer „und das war extrem wichtig für uns.“ Auch, dass Pluta den Maschinenbauer nur wenige Wochen nach Antrag auf Insolvenz auf eine große Fachmesse nach München schickte, sorgte unter den Mitarbeitern für einen wichtigen Motivationsschub. „Und es war auch ein Signal an die ganze Branche, denn viele dachten, uns gibt es gar nicht mehr, wir konnten jedoch zeigen: Ja wir leben noch.“Erst insolvent, dann drei Jahre lang von einem Interim-Manager geführt, schließlich Verkauf an einen Maschinenbauer aus den USA: Für die Mitarbeiter der Firma Lanko Integrated, früher OKU, hat sich in den letzten sechs Jahren bei Weitem mehr als nur der Unternehmensname geändert – Zeit für eine erste Bilanz.

Parallel zur intensiven Kundenpflege und Neuakquise mussten in Winterbach die ersten schmerzhaften Schnitte der Restrukturierung vollzogen werden. „Wir haben Anfang Mai 2010 das Insolvenzverfahren eröffnet und gleichzeitig über die Hälfte der Mitarbeiter entlassen, um die Kapazitäten dem Auftragsbestand anzupassen“, sagt der damalige Interim-Manager Hieber. Auch die Produktion wurde den bestehenden Bedürfnissen angeglichen, angemietete Hallen geräumt und ein vollkommen neues, komprimiertes Produktionslayout aus dem Boden gestampft. „Das war beeindruckend“, erinnert sich Hieber. „Wir hatten hier gute Produkte und gute Leute, die verstanden haben, dass sie ranmüssen, um ihre Arbeitsplätze zu sichern.“

Trotz der Treue zahlreicher Stammkunden und eines Großauftrags, der kurz nach der angemeldeten Insolvenz aus Nordamerika eintraf, musste das Unternehmen auch Talsohlen durchschreiten. „Einige Kunden sagten: Wir wünschen euch alles Gute, aber so können wir nicht kaufen, gerne wieder, wenn es euch besser geht. Da fragte man sich schon manchmal, wie es je wieder besser werden soll“, erinnert sich Pfleiderer.

Messestand von OKU: Der Name war in der Branche wohlbekannt und gut gelitten. (© Lanco Integrated GmbH & Co. KG)

Herausforderung mit Lanco angenommen

„Es gab zwei Gespräche“, blickt der heute 48-jährige Bernd Klingel zurück. „Beim zweiten, direkt vor Ort, habe ich gemerkt: Die Leute sind hochmotiviert und wollen jemand in ihrem Team haben, der das mit ihnen durchsteht und sie wieder zum Erfolg bringt, und derjenige wollte ich unbedingt sein.“

Zunächst packte Klingel die IT-Infrastruktur im Unternehmen an. „Wir sind ständig mit den Kollegen aus dem Ausland über Videotelefonie in Kontakt, das geht nur mit ordentlichem Internet“, sagt Klingel. Auch ein gemeinsames CAD-System wurde geschafften, um Konstruktionsprojekte in internationaler Zusammenarbeit anzugehen. „Natürlich schien die Sprache zunächst eine Hürde zu sein, aber wir haben In-House-Kurse organisiert, die auf rege Beteiligung stießen.“ Durch den Austausch von Kollegen zwischen den verschiedenen Standorten soll weiter an der Einheit geschliffen werden.

Mit einem Auftragsvolumen von etwa 17 Mio. Euro bewegt sich Lanco Integrated in Deutschland im Moment langsam wieder Richtung sicheres Fahrwasser. Schwankungen der Branche und Nachwirkungen der Insolvenz zehren jedoch weiterhin am Team von Bernd Klingel. Durchgestanden ist die Sache noch nicht.

Kurzprofil Lanco Integrated Europe

 Gründungsjahr 2013
 Branche Maschinenbau
 Unternehmenssitz  Winterbach (b. Stuttgart)
Umsatz 2015 18 Mio. Euro
 Mitarbeiterzahl  ca. 120

www.lanco.net

Erst insolvent, dann drei Jahre lang von einem Interim-Manager geführt, schließlich Verkauf an einen Maschinenbauer aus den USA: Für die Mitarbeiter der Firma Lanko Integrated, früher OKU, hat sich in den letzten sechs Jahren bei Weitem mehr als nur der Unternehmensname geändert – Zeit für eine erste Bilanz.

„Wir verstehen uns als globales Unternehmen“

Interview mit Bernd Klingel, Geschäftsführer von Lanco Integrated Deutschland

Unternehmeredition: Wie sehr merken Sie die Insolvenz noch heute?

Klingel: Sie beeinflusst uns noch ganz entscheidend. Die Mitarbeiter haben einen Sanierungstarifvertrag, auf Sonderzahlungen verzichtet und mehr gearbeitet. Dieser läuft allerdings bis 2018 in Etappen aus, was uns vor Herausforderungen stellt. Auch unsere Alterspyramide ist, als Folge der Stellenstreichungen, stark verschoben. Der größte Teil unserer Mitarbeiter ist zwischen 54 und 59 Jahre alt. Um nicht in ein paar Jahren auf einen Schlag eine Menge Kompetenzträger ersatzlos zu verlieren, müssen wir jetzt Zeit und Geld investieren.

Wie soll sich die Zusammenarbeit mit den Partnern aus Amerika und China weiterentwickeln?

Unsere Philosophie ist es, nicht als großes internationales Unternehmen auftreten zu wollen, in dem jeder sein eigenes Süppchen kocht. Wir verstehen uns als globales Unternehmen, was sowohl Mitarbeiter als auch Kunden an einer gemeinsamen Identität erkennen. Dabei muss auch bei uns ein gewisser Kulturwechsel vonstattengehen: Früher wurden alle Entscheidungen hier in Winterbach getroffen. Jetzt haben wir drei Zentren, sodass es passieren kann, dass Entschlüsse ganz woanders auf der Welt gefällt werden.

Wenn das geschafft ist, was sind dann die größten Herausforderungen für die nächsten Jahre?

Wir müssen es schaffen, die Schwankungen, die für die Branche typisch sind, auszugleichen. OKU war in der Vergangenheit sehr auf KFZ-Zulieferer fokussiert, wir wollen zukünftig auch andere Industrien bedienen, wobei uns das Know-how unserer Partner helfen wird. Außerdem muss unser Unternehmen wachsen und stetig neue Aufträge generieren, denn nur, wenn wir unseren Umsatz und unsere Leistung steigern, schaffen wir es, nicht von den Kosten eingeholt zu werden.

Vielen Dank für das Gespräch.

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