Sanierung in Eigenregie

Eigenverwaltungsplanung und Liquiditätsentwicklung sind entscheidend für Krisenbewältigung

Eigenverwaltung bietet eine praxisnahe Lösung, sie erlaubt es Unternehmen, unter dem Schutz des Insolvenzrechts zu restrukturieren.
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In wirtschaftlich schwierigen Zeiten benötigen Unternehmen flexible und wirksame Sanierungsinstrumente. Die Eigenverwaltung bietet eine praxisnahe Lösung: Sie erlaubt es Unternehmen, unter dem Schutz des Insolvenzrechts zu restrukturieren – ohne die Kontrolle abzugeben. Der Beitrag zeigt, wie dieses Verfahren neue Perspektiven eröffnet und welche Erfolgsfaktoren entscheidend sind.

Die schwache Konjunktur, hohe Rohstoff- und Energiekosten sowie geopolitische Unsicherheiten setzen Unternehmen unter Druck. Zudem belastet der Fachkräftemangel viele mittelständische Betriebe. In diesem anspruchsvollen wirtschaftlichen Umfeld spielt die strategische Krisenbewältigung eine wichtige Rolle. Unternehmer müssen ihre Handlungsoptionen kennen, um frühzeitig und effektiv auf wirtschaftliche Probleme reagieren zu können. Eine Option, die dabei zunehmend an Bedeutung gewinnt, ist die Eigenverwaltung – ein Verfahren, das die Restrukturierung unter dem Schutzschirm des Insolvenzrechts ermöglicht, ohne dass die Unternehmensführung die Kontrolle abgeben muss.

Geschäftsführung bleibt im Amt

Die Geschäftsleitung bleibt beim Verfahren in Eigenverwaltung im Amt. Anders als im Regelinsolvenzverfahren wird kein Insolvenzverwalter eingesetzt, sondern ein Sachwalter zur gerichtlichen Überwachung. Das Verfahren setzt voraus, dass die angestrebte Sanierung aussichtsreich ist. In vielen Fällen begleitet ein erfahrener Sanierungsexperte das Unternehmen als Generalbevollmächtigter oder Chief Restructuring Officer (CRO).

Das Verfahren muss jedoch gut vorbereitet werden. Dem Antrag muss eine schlüssige Eigenverwaltungsplanung beigefügt werden. Diese muss unter anderem einen Finanzplan enthalten, also eine detaillierte Analyse und Planung für die Liquiditätsentwicklung der kommenden sechs Monate. Außerdem gehören ein Konzept zur Umsetzung des Verfahrens sowie eine Übersicht über den aktuellen Stand der Verhandlungen mit den Gläubigern dazu. Eine Vergleichsrechnung soll zudem zeigen, dass die Eigenverwaltung zu einem mindestens vergleichbaren Ergebnis für die Gläubiger führt wie ein klassisches Insolvenzverfahren.

Die Eigenverwaltung eröffnet nach der erfolgten Anordnung die Möglichkeit, sich mithilfe eines Insolvenzplans zu entschulden, unvorteilhafte Verträge neu zu verhandeln und die Betriebsstruktur nachhaltig zu verbessern. Im Rahmen des sogenannten Dual-Track-Verfahrens leiten die Verantwortlichen aber auch einen Investorenprozess ein, bei dem als zukunftsfähige Nachfolgelösung die Vermögensgegenstände und der Geschäftsbetrieb an einen neuen Eigentümer verkauft werden können.

Erfolgsfaktoren für die Eigenverwaltung

Die Erfahrung aus zahlreichen Eigenverwaltungen in der Praxis zeigt, dass folgende weitere Faktoren für eine erfolgreiche Eigenverwaltung entscheidend sind:

  • Transparente Kommunikation: Offene Gespräche mit Gläubigern, Mitarbeitern und Geschäftspartnern schaffen Vertrauen.
  • Expertise sicherstellen: Die Ergänzung des Managementteams durch Sanierungsexperten mit betriebswirtschaftlicher und juristischer Expertise ist ratsam.
  • Realistische Planung: Der Sanierungsplan muss auf belastbaren Annahmen basieren und klare Meilensteine definieren.

Branchen im Fokus

Einige Branchen stehen besonders unter Druck, etwa die Automobilindustrie sowie der Immobiliensektor.

Immobilienunternehmen können Projekte weiterführen

Die Immobilienbranche steht aktuell vor besonderen Herausforderungen: Hohe Zinsen, erhöhte Baukosten und verschärfte Finanzierungsbedingungen belasten Projektentwickler und Bestandshalter gleichermaßen.

Die große Herausforderung besteht darin, dass oftmals kaum liquide Mittel vorhanden sind, sondern nur der Wert der Immobilien. Bei Verfahren in dieser Branche ist es zudem wichtig, sehr eng mit den Grundpfandgläubigern zusammenzuarbeiten.

Gerade in der Immobilienwirtschaft kann die Eigenverwaltung ein wirksames Instrument zur Konsolidierung sein. Projektentwickler oder Bauträger, die durch gestiegene Baukosten oder Zinslasten unter Druck geraten sind, nutzen die Eigenverwaltung, um laufende Projekte unter dem Schutzschirm weiterzuführen. Mietverträge, Bauverträge oder Beteiligungen lassen sich gezielt überprüfen und anpassen, um Projekte wirtschaftlich tragfähig abzuschließen und neue Investoren zu gewinnen.

Automobilzulieferer meistern Transformation

Die Automobilzulieferbranche befindet sich in einem tiefgreifenden Wandel durch Elektromobilität, Digitalisierung und veränderte Lieferketten. Diese Transformation stellt viele etablierte Zulieferer vor existenzielle Herausforderungen. In den vergangenen Monaten ist die Zahl der Krisenfälle deutlich gestiegen. Das gilt insbesondere für außergerichtliche und zunehmend auch für gerichtliche Sanierungsverfahren.

Auch in der Automobilzulieferindustrie hat sich die Eigenverwaltung als passender Weg für die Neuaufstellung erwiesen. Die Eigenverwaltung ermöglicht den Betrieben, bestehende Produktionsstandorte zu erhalten, Lieferverpflichtungen weiter zu erfüllen und gleichzeitig mit OEMs und Banken an einer belastbaren Perspektive zu arbeiten. So kann auch eine übertragende Sanierung an strategische Investoren gelingen.

FAZIT

Die Immobilien- und Automobilindustrie sind nur zwei Beispiele von Branchen, die unter großem Anpassungsdruck stehen. Die Eigenverwaltung hat sich als wirksames Instrument zur Unternehmenssanierung für unterschiedliche Betriebe etabliert. Sie eignet sich insbesondere für Unternehmen mit tragfähigem Geschäftsmodell und einer Geschäftsleitung, die bereit ist, den Weg der Sanierung professionell zu gehen. Sie bietet die Möglichkeit, eine nachhaltige Restrukturierung durchzuführen, ohne die Kontrolle über das Unternehmen zu verlieren.

Entscheidend ist, dass Unternehmer die Krisensignale frühzeitig erkennen und proaktiv handeln. Die Eigenverwaltung ist kein Wundermittel, aber bei professioneller Vorbereitung und Durchführung kann sie durch die passenden Sanierungswerkzeuge einen geordneten Neustart im aktuell herausfordernden Umfeld ermöglichen.

👉 Dieser Beitrag ist auch in der Unternehmeredition-Magazinausgabe 2/2025 erschienen.

Autorenprofil
Dr. Maximilian Pluta

Dr. Maximilian Pluta ist Managing Partner der Pluta Rechtsanwalts GmbH und Geschäftsführer der Pluta Management GmbH. Er leitet den Geschäftsbereich Sanierung und Restrukturierung. Als Rechtsanwalt, Steuerberater und Diplom-Kaufmann hat er bereits zahlreiche größere Unternehmen bei der Sanierung und Restrukturierung oder der Vorbereitung des Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung begleitet.

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