Mittelständler entdecken Genussrechte

In Zeiten der Nullzinsen reiben sich investitionsfreudige Unternehmer die Hände, und Anleger beißen ins Gras. Um ihre Finanzierung ausgeglichen zu gestalten, setzen einige Mittelständler jedoch trotz der billigen Verführung auf teures Mezzanine-Kapital: Genussrechte. 

So rief Schomaker Ende 2015 die zweite Finanzierungsrunde über Genussscheine aus. Die Laufzeiten hielt er konstant, den Zins senkte er, den Marktumständen entsprechend, auf vier respektive sechs Prozent. Auch die 100.000 Euro dieser Runde wurden binnen weniger Wochen erreicht, „damit schaffen wir einen Puffer, für Unwägbarkeiten.“ Da die Nachfrage erneut das Angebot überstieg, denkt Schomaker über die zusätzliche Aufnahme stillen Kapitals nach. „Seitdem die Leute wissen, dass ich investieren will, fragen sie, wie sie sich beteiligen können.“

Biobäcker Andreas Schomaker bei einer Kundenführung: Er nutzt Genussrechte auch als PR-Instrument (© Biobäckerei Schomaker GmbH)
Biobäcker Andreas Schomaker bei einer Kundenführung: Er nutzt Genussrechte auch als PR-Instrument. (© Biobäckerei Schomaker)

Schomaker will sich vergrößern und muss deshalb raus aus dem Ort, der ihn und seine Familie viele Tränen, Nerven und Ärger gekostet hatte. „Guck mal die Körnerpicker, die sind ja verrückt“, war nicht das Einzige, was er sich in seinem Heimatdorf, dem niederrheinischen Rheurdt, anhören musste, als er jung und motiviert, mit jeder Menge Bio-Back-Erfahrung 1986 aus Berlin zurückkam, um die elterliche Bäckerei nach dem unerwarteten Tod des Vaters zu übernehmen. Mittlerweile kaufen auch die Kritiker von damals sein Brot, „und das obwohl es noch zwei andere Bäckereien im Ort gibt“, sagt Schomaker nicht ohne Stolz und einen Hauch Genugtuung. Mit einem Jahresumsatz von etwa 4,7 Mio. Euro gehört Schomaker mit seinen 80 Mitarbeitern nicht zu den großen Bäckereien des Landes. Doch der Betrieb wächst stetig, was den Umzug unausweichlich macht.

Über den Lauf der Geschäfte informiert Schomaker seine Investoren jährlich mit einem Brief. In diesem Jahresbericht fasst er die Ergebnisse des Betriebs zusammen. Die Investoren hätten auch das Recht, die Papiere in Augenschein zu nehmen, passiert sei das aber noch nicht. „Solange die Zinsen sprießen und alles so gut läuft, sieht scheinbar keiner einen Grund, mal reinzugucken“, sagt er. Bei der Zinsauszahlung stellt er die Genussscheininhaber vor die Wahl: Sie können zwischen dem Warenangebot seiner Bäckerei und einem kleinen Café gegenüber und der Auszahlung in bar wählen. Der überwiegende Anteil setzt sich die Zinszahlung selbst aus dem 230 Produkte zählenden Sortiment zusammen. „Die Leute erhalten so was wie Monopoligeld mit meinem Bild drauf, mit dem sie bei uns im Laden, aber auch im Café bezahlen können“, sagt Schomaker. Dadurch würden wieder neue Kunden auf die Möglichkeit aufmerksam. So käme es immer zu einer zweiten Welle an Anfragen, sobald die ersten Zinszahlungen bei den Kunden eintreffen. Da er mittlerweile auch Genussscheininhaber mit Anlagewerten von 10.000 bis zu 25.000 Euro im Portfolio hat, steigt allerdings auch der bar bezahlte Zinsanteil. Ein Problem sei das nicht.

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