Mittelständler entdecken Genussrechte

In Zeiten der Nullzinsen reiben sich investitionsfreudige Unternehmer die Hände, und Anleger beißen ins Gras. Um ihre Finanzierung ausgeglichen zu gestalten, setzen einige Mittelständler jedoch trotz der billigen Verführung auf teures Mezzanine-Kapital: Genussrechte. 

Diese These bestätigt auch André Knöll. Der 46-Jährige ist Geschäftsführer und Inhaber der Knöll Finanzierungsberatung für Familienunternehmen. „Mezzanine-Kapital ist im Grunde ein ganz alter Hut, gerade die Sache mit Naturaldividenden gibt es im Grunde seit Menschengedenken.“ Grundsätzlich blieben

André Knöll (© privat)
Sieht Genussrechte bei Mittelständlern als Tradition: André Knöll. (© privat)

Unternehmer schon immer nur zwei Möglichkeiten zur Finanzierung: über Eigen- oder Fremdkapital. Mezzanine-Kapital sei dabei nichts anderes als eine Mischform. Gerade Genussscheine könne man „mal näher am Fremd- und mal näher am Eigenkapital“ fixieren, das habe die Flexibilität der rechtlichen Gestaltung der Genussrechte so an sich.

Die Finanzierung durch Genussrechte, sich also „Kapital über einen fremden Dritten“ zu organisieren, ist dann vorteilhaft, wenn man keinerlei Mitspracherechte im Unternehmen einräumen möchte. Außerdem wird das Genussrechtskapital auch von Fremdkapitalgebern wie Banken dem wirtschaftlichen Eigenkapital zugerechnet, was die Anlage risikoreich macht. Im schlimmsten Fall – der Insolvenz des Unternehmens – droht dem Anleger der Totalverlust. „Dafür erhält der Genussscheininhaber einen sehr guten Zins“, sagt Knöll. Nach Beendigung der Laufzeit könne das Verhältnis dann beendet oder auch verlängert werden.

Für Knöll hat die Aufnahme von Genussrechtskapital zwei typische Anlässe. Zum einen, um eine langfristig stabile und ausgewogene Mischung an Fremd- und Eigenkapital aufzubauen und zum anderen, wenn Wachstumsvorhaben nicht in Gänze über Banken zu finanzieren sind.

Bank verweigerte Bio

Vom zweiten Fall betroffen war die Bio-Bäckerei von Andreas Schomaker. Er startete seine erste Finanzierungsrunde mit der Ausgabe von Genussscheinen im Jahr 2004. Bei einem Zins von sechs Prozent bei einer Laufzeit von sieben Jahren und acht Prozent bei mindestens zwölf Jahren sammelte er binnen kürzester Zeit 200.000 Euro bei Kunden und anderen Investoren ein. „Die Mittel, die wir aufnehmen konnten, waren begrenzt, interessierte Investoren hätte es noch viele gegeben.“ Zuvor hatte er es bei seiner Hausbank versucht. Zweimal wurde ein Kredit abgelehnt. „Wir mussten vergrößern, aber die Worte waren: In Bio investieren wir nicht, das ist nur eine Welle.“ Das Modell der Genussrechte reizte ihn und tut es noch heute. „Mir geht es gar nicht darum, alles darüber zu finanzieren, aber es ist schon auch gut, den Banken mal zu zeigen, dass es auch anders geht.“ 

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