„Liquidität ist das Schmiermittel jeder erfolgreichen Transaktion“

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Der deutsche Mittelstand steht 2024 unter Druck: Der M&A-Markt schwächelt leicht, doch kleinere Deals bleiben stabil. Unternehmer kämpfen mit steigenden Kosten, schwierigem Kapitalzugang und einer anstehenden Nachfolgewelle (rund 190.000 Betriebe bis 2026). Vor diesem Hintergrund gewinnt Sale & Lease Back als Finanzierungsinstrument an Bedeutung: Es schafft kurzfristig Liquidität und kann besonders bei Unternehmensverkäufen ein wichtiger Hebel sein. Unternehmeredition sprach dazu mit Experten von Nord Leasing und Falkensteg über smarte Kapitalstrategien und den verborgenen Wert von Anlagevermögen.

Unternehmeredition: Herr Gmeinder, Herr Eckhardt, wie steht es aktuell um die finanzielle Verfassung des deutschen Mittelstands?

Samuel V. Gmeinder: Man muss nüchtern sagen: Der Mittelstand befindet sich in einer schwierigen Phase. Die RSM-Ebner-Stolz-Analyse zeigt: Auch wenn der Bereich kleiner und mittlerer Transaktionen vergleichsweise robust ist, geraten viele Unternehmen operativ und bilanziell unter Druck. Treiber sind vor allem Investitionsbedarf in Digitalisierung und Nachhaltigkeit, steigende Finanzierungskosten und die bevorstehende große Nachfolgewelle. Banken agieren restriktiver, der Zugang zu klassischem Fremdkapital ist eingeschränkt. Für viele Unternehmer stellt sich zunehmend die Frage: Wie halte ich mein Unternehmen finanzierungsfähig – auch im Hinblick auf einen möglichen Verkauf?

Jonas Eckhardt: Dem kann ich nur zustimmen. Wir beobachten in unseren Mandaten eine deutliche Zunahme von strukturellen Herausforderungen. Zugleich steigt der Transaktionsdruck, weil keine Nachfolger vorhanden sind oder weil sich strategische Investoren zurückhalten bei der Suche nach Übernahmezielen. Da gilt es, sich attraktiv zu machen und aufzufallen. Doch viele Unternehmen sind schlicht nicht in der Lage, sich aus eigener Kraft entsprechend zu positionieren. Die Liquidität fehlt – und das hemmt nicht nur das Tagesgeschäft, sondern auch die Vorbereitung auf einen Unternehmensverkauf.

Wie kann Sale & Lease Back hier konkret helfen?

Gmeinder: Sale & Lease Back ist ein pragmatischer Weg, um gebundenes Kapital kurzfristig zu aktivieren. Anlagen oder gar Maschinenparks, die bilanziell abgeschrieben sind, können durch einen Rückverkauf mit sofortiger Rückvermietung zu Liquiditätsträgern werden – ohne dass das Unternehmen operative Einschränkungen hinnehmen muss. In der Praxis sehen wir, dass das freigesetzte Kapital oft direkt in M&A-Prozesse investiert wird, etwa für Due Diligence, Wachstumsmaßnahmen oder zur Verbesserung von Kennzahlen, um den Kaufpreis zu optimieren.

Eckhardt: Sale & Lease Back kann ein sinnvolles Element im Finanzierungsmix einer Unternehmenstransaktion sein – insbesondere für Käufer, die darüber Kapital für den Erwerb oder für anschließende Wachstumsinvestitionen freisetzen. Für den Verkäufer kann diese, richtig eingebettet, interessante Impulse setzen, gerade wenn andere Finanzierungswege begrenzt sind. Gleichzeitig sollte man die langfristigen Verpflichtungen und deren Einfluss auf die künftige Flexibilität genau im Blick behalten. Entscheidend ist, dass es in die übergeordnete Transaktionsstrategie passt und nicht isoliert betrachtet wird. Dann kann es im passenden Fall einen wertvollen Beitrag leisten.

Inwieweit beeinflussen geopolitische und wirtschaftliche Unsicherheiten die Bereitschaft zum Unternehmensverkauf?

Eckhardt: Sie beschleunigen ihn sogar. Viele Unternehmer erkennen, dass die Herausforderungen nicht kurzfristiger Natur sind. Lieferketten, überbordende Bürokratie, Energiepreise, Zollstreit, Fachkräftemangel: Das sind strukturelle Faktoren. Wer verkaufen will, tut das jetzt – bevor Bewertungen weiter unter Druck geraten. Für strategische Investoren und Private Equity wird es hingegen wieder attraktiver, einzusteigen – insbesondere dort, wo operative Potenziale vorhanden sind. Das Problem ist oft: Die Liquidität auf Verkäuferseite reicht nicht aus, um notwendige Transformationsmaßnahmen zu finanzieren. Hier sind sämtliche denkbaren Finanzierungsinstrumente in der Businessplanung für den M&A-Prozess zu evaluieren, um Planungssicherheit zu schaffen.

Gmeinder: Unternehmensverkauf ist heute nicht mehr allein eine Frage der Bewertung – sondern der strategischen Vorbereitung. Dazu gehört eben auch die Fähigkeit, Bilanzspielräume zu nutzen, ohne neue Schulden aufzunehmen. Sale & Lease Back ist kein Fremdkapital, sondern eine bilanzwirksame Umwidmung vorhandener Werte. In Kombination mit anderen Finanzierungsformen kann das ein wichtiger Baustein sein, um auf Augenhöhe in Verhandlungen zu treten.

Viele Unternehmer fürchten Kontrollverlust oder langfristige Abhängigkeiten durch Sale & Lease Back. Was entgegnen Sie?

Gmeinder: Diese Bedenken sind verständlich, aber meist unbegründet. In unseren Modellen behalten die Unternehmen die volle Nutzungshoheit über ihre Assets. Die Vertragslaufzeiten sind flexibel, die Leasingraten planbar. Sale & Lease Back ist kein klassisches Outsourcing – es ist ein temporärer Liquiditätshebel. Entscheidend ist, dass das Unternehmen die neue Finanzstruktur aktiv für sich nutzt, sei es für Investitionen, Stabilisierung oder eben für einen Verkauf.

Eckhardt: Ich sehe diese Vorbehalte oft in Gesprächen mit Unternehmern, und sie sind nachvollziehbar. Langfristige Verpflichtungen können theoretisch die Flexibilität einschränken. Richtig eingesetzt, kann Sale & Lease Back jedoch Mehrwert schaffen – etwa als ergänzender Baustein, um Liquidität zu generieren und Handlungsspielräume zu erweitern. Wichtig ist, die vertraglichen Rahmenbedingungen genau zu prüfen und das Instrument bewusst in die Gesamtfinanzierungsstrategie einzubetten.

Ihr Fazit?

Gmeinder: Unternehmen, die heute verkaufen wollen, müssen morgen liquide sein. Sale & Lease Back kann dafür ein entscheidender Impulsgeber sein – effizient, flexibel und bilanziell klug.

Eckhardt: Wer seinen Verkauf strategisch vorbereitet, nutzt alle Optionen. Sale & Lease Back entfaltet seinen größten Nutzen, wenn es gezielt in ein stimmiges, langfristig tragfähiges Finanzierungskonzept integriert wird.

Wir danken Ihnen für die spannenden Einblicke!

Dieses Interview führte Eva Rathgeber.

Sale & Lease Back – Liquidität aus dem Maschinenpark

Beim Sale & Lease Back verkaufen Unternehmen ihre Maschinen oder Produktionsanlagen an eine Leasinggesellschaft und mieten sie direkt zurück. Nach einer Bewertung der Anlagen – in der Regel per Zeitwertgutachten – erfolgt der Kapitalzufluss meist innerhalb von sechs bis acht Wochen. Die Maschinen bleiben im Einsatz, der Betrieb läuft ohne Unterbrechung weiter. Üblich sind Vertragslaufzeiten zwischen 48 und 54 Monaten, in denen die monatlichen Leasingraten fest vereinbart sind. So wird gebundenes Kapital kurzfristig freigesetzt und planbar in Raten refinanziert – ohne zusätzliche Bankkredite und ohne operative Einschränkungen.

👉 Dieses Interview ist auch in der Magazinausgabe der Unternehmeredition 3/2025 erschienen.


ZU DEN INTERVIEWPARTNERN

Samuel V. Gmeinder ist Vertriebsleiter Region Süd bei der Nord Leasing GmbH. Er hat eine 15-jährige Erfahrung im Finanzierungs- und Leasingbereich vorzuweisen. Er besitzt einen Bachelor (BA) in Business Administration und war vor seinem Einstieg in die Nord Leasing GmbH als Firmenkundenberater für eine Privatbank tätig.
www.nordleasing.com

Jonas Eckhardt ist Partner bei Falkensteg Corporate Finance. Er kann auf ein 20-jähriges Know-how im Bereich M&A zurückgreifen. Seine Schwerpunkte liegen in der Distressed-M&A-Beratung, Verhandlungsführung, Carve-outs sowie in der Sanierung und Restrukturierung. www.falkensteg.com

 

Autorenprofil

Als Chefredakteurin der Unternehmeredition berichtet Eva Rathgeber regelmäßig über Unternehmen und das Wirtschaftsgeschehen.

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