Wirtschaftsprognosen gekappt

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Der russische Angriff auf die Ukraine und der daraus folgende kräftige Anstieg der Energiepreise dämpft die wirtschaftliche Erholung in Deutschland. Das Münchener ifo Institut hat seine Prognose für das Wirtschaftswachstum für dieses Jahr um 0,6% auf 2,5% reduziert. Mit dieser unerfreulichen Nachricht beginnen wir die Übersicht über aktuelle Wirtschaftsprognosen.

Für das nächste Jahr erwarten die ifo-Experten ein Wirtschaftswachstum von 3,7%.  Bei der Inflation sei 2022 ein Wert von 6,8% wahrscheinlich, im kommenden Jahr sinkt dieser Wert dann wieder auf 3,3% „Die Wirtschaftsleistung liegt derzeit noch immer ein Prozent unter dem Vor-Corona-Niveau von Ende 2019. Wir rechnen aber mit einem allmählichen Rückgang der Rohstoffpreise und der Materialengpässe im zweiten Halbjahr“, sagt Timo Wollmershäuser, Leiter der ifo-Prognosen. Dank eines spürbaren Anstiegs der Ausgaben für Dienstleistungen sei der private Konsum insgesamt im ersten Vierteljahr nicht gesunken, sondern stabil geblieben. Im weiteren Verlauf des Jahres dürfte sich diese Normalisierung fortsetzen und damit maßgeblich zum Wachstum der deutschen Wirtschaft beitragen.

IW korrigiert Prognose

In seiner jüngsten Konjunkturprognose erwartet das Institut für Weltwirtschaft (IfW Kiel) im laufenden Jahr einen Zuwachs des Bruttoinlandsproduktes (BIP) um 2,1%sowie 3,3% für das Folgejahr. Auch dieses Wirtschaftsforschungsinstitut korrigiert damit seine Prognose nach unten. „Die Auftriebskräfte der deutschen Wirtschaft sind zwar intakt, wirken nun aber mit deutlich verringerter Stärke“, kommentiert Stefan Kooths, Vizepräsident und Konjunkturchef des IfW die neue Sommerprognose. Stütze des Aufschwungs seien zum einen die privaten Haushalte, die als Folge der Pandemie noch auf sehr hohen Ersparnissen von rund 200 Mrd. Euro sitzen und diese nun verausgaben können. Zum anderen die Industrieunternehmen, die ein rekordhohes Auftragspolster aufweisen würden. Seit dem Beginn der Pandemie sei der Auftragsbestand um 30% gestiegen. Aufgrund von Lieferengpässen sei die Industrieproduktion zuletzt 10% niedriger, als es angesichts der Auftragseingänge möglich gewesen wäre. Die Engpässe dürften laut IFW noch bis weit ins Jahr 2023 andauern.

Auftragseingang geht stark zurück

Der Auftragseingang im Verarbeitenden Gewerbe ist nach Angaben des Statistischen Bundesamtes (Destatis) im April 2022 gegenüber dem Vormonat um 2,7% gesunken. Dies ist bereits der dritte Rückgang in Folge. Nach Angaben von Destatis sei dies besonders auf die fehlenden Aufträge aus dem Ausland zurückzuführen. Gegenüber dem Vorjahresmonat beträgt der Rückgang beim Auftragseingang sogar 6,2%. Der Umsatz im verarbeitenden Gewerbe nahm hingegen leicht zu – im Vormonatsvergleich um 0,5%. Insgesamt sei das Auftragseingangsvolumen weiter höher als das Umsatzvolumen. Der Nachfrageüberhang dürfte nach Einschätzung von Destatis auf die nach wie vor hohe Knappheit an Vorprodukten zurückzuführen sein. In deren Folge hätten viele Unternehmen Probleme, die eingehenden Aufträge abzuarbeiten.

Stimmung der Autohersteller hellt sich auf

Die Erwartungen der deutschen Autobauer haben sich nach Angaben des Münchener ifo-Instituts im Mai deutlich aufgehellt. „Die Autohersteller können weiterhin hohe Verkaufspreise durchsetzen und rechnen nur mit geringen weiteren Einschränkungen aufgrund der Lage in der Ukraine“, sagt Oliver Falck, Leiter des ifo Zentrums für Industrieökonomik und neue Technologien. Auch der Indikator für die Preiserwartungen liege auf einem hohen Niveau. Die aktuelle Geschäftslage würden die Hersteller positiv bewerten. „Trotz weiterhin fehlender Vorprodukte wollen die Hersteller mehr produzieren“, sagt Falck.

Weiterer Rückgang bei den Insolvenzen

Im ersten Quartal 2022 sind die Unternehmensinsolvenzen gegenüber dem Vorjahr um 7,4% gesunken. Diese Zahl gab Destatis bekannt. Die voraussichtlichen Forderungen der Gläubiger aus den im 1. Quartal 2022 gemeldeten Unternehmensinsolvenzen bezifferten die Amtsgerichte auf knapp 3,9 Mrd. EUR. Im ersten Quartal 2022 sind die Unternehmensinsolvenzen gegenüber dem Vorjahr um 7,4% gesunken. Diese Zahl gab Destatis bekannt. Die voraussichtlichen Forderungen der Gläubiger aus den im 1. Quartal 2022 gemeldeten Unternehmensinsolvenzen bezifferten die Amtsgerichte auf knapp 3,9 Mrd. EUR. Im Vorjahr langen bei mehr als dem Vierfachen. Die meisten Insolvenzen habe es in der Baubranche gegeben. Nach vorläufigen aktuellen Berechnungen von Destatis sind die Insolvenzen im Mai dieses Jahres um 8,4% gegenüber dem Vormonat gestiegen. Dr. Christoph Niering, Insolvenzverwalter und Vorsitzender des Berufsverbandes der Insolvenzverwalter und Sachwalter Deutschlands (VID) rechnet aufgrund der Insolvenzen nicht mit starken Auswirkungen auf die Anzahl der Beschäftigten: „Durch den starken Arbeitsmarkt entwickeln sich auch bei Unternehmensinsolvenzen derzeit keine auffälligen Strukturkrisen. Wir sehen in unserer täglichen Arbeit, dass insbesondere gut ausgebildete Arbeitnehmer meist sofort neue Beschäftigung finden. Die Menschen, die hinter dem Unternehmen stehen, trifft es aktuell nicht mehr so dramatisch wie in früheren Krisenzeiten“

 

 

Autorenprofil

Als Redakteur der Unternehmeredition berichtet Alexander Görbing regelmäßig über Unternehmen und das Wirtschaftsgeschehen. Zu seinen Schwerpunkten gehören dabei Restrukturierungen, M&A-Prozesse, Finanzierungen sowie Tech-Startups.

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