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Im Leder liegt die Kraft

Tradition und Handwerk werden bei Meindl seit jeher groß geschrieben und Lederhosen liegen voll im Trend. Doch Wachstum um jeden Preis ist nicht die Sache von Geschäftsführer Markus Meindl. Er steht auf das Einkaufserlebnis und nicht auf Facebook.

Exakt 16,83 Meter ist der Pool im Wohnhaus in Laufen, in Oberbayern lang. Markus Meindl ist leidenschaftlicher Schwimmer. Gerne hätte er das Bassin etwas länger gebaut. Doch 20 Meter waren nicht möglich. Und was lag da näher, als den Geburtstag seines Unternehmens zu wählen. „Die Länge verkörpert die Identität zum Unternehmen“ sagt der Chef der Meindl Bekleidung GmbH. Petrus Meindl war der erste urkundlich erfasste Schuhmacher im zehn Kilometer entfernten Kirchanschöring. Hier beginnt 1683 die Geschichte von Meindl. Und hier stehen heute noch die Fabrik und das Ladengeschäft.

Erfolgreich über Generationen

Lederhosen von Meindl: Sie werden nach einem uralten Verfahren gefertigt.

Etwas ausgestorben wirkt der 3.100-Seelen-Ort an diesem tristen Novembertag. Es passt dazu, dass der Bäcker und die Metzgerei geschlossen haben. Für ein anständiges Mittagsmahl muss man schon einige Kilometer weit fahren. Von außen ist nicht zu erkennen, dass sich die Fläche des Meindl-Gebäudes über 10.000 Quadratmeter erstreckt. Im Innern fühlt man sich schnell wohl – zumindest dann, wenn man ein Faible für Janker, Lederhosen, Schuhe und allerlei Accessoires hat. Das meiste hier ist selbstgemacht. Das Hirschledersofa für die Besucher, die Felle auf dem Boden, die Schränke aus Holz. Und auch der Teppich ist aus dem eigenen Haus. Die Preise für die Produkte sind wohl nicht jedermanns Sache: Die Krachlederne in feinstem Hirschleder gibt es ab 1.000 Euro. Für den handgestrickten Jancker legt man schon Mal 500 Euro auf den Tisch.

Am Werk war immer nur die Familie. Doch erst durch den Großvater vergrößerte sich das Unternehmen. Vor dem Krieg beschäftigte er fünf Angestellte, danach ging es schnell bergauf: mit Schuhen und Bekleidung. Die Söhne übernahmen die Firma und bauten sie weiter auf. Jeder war zur Hälfte beteiligt. Weltweit gewannen die Produkte Fans. Die Besteigung des Mount Everests durch Hubert Hillmaier mit Meindl Schuhen im Jahr 1978 gab dem Unternehmen einen Schub. Eine gemeinsame Kollektion mit dem österreichischen Sänger Hubert von Goisern 1994 sorgte für weitere Bekanntheit. Schrittweise übernahmen Markus Meindl und seine beiden Cousins die Führungsposition von den Vätern. Vor 14 Jahren wurde dann geteilt. Lukas und Lars kümmern sich seitdem um die Meindl Schuhe, Markus führt mit seinem Vater die Bekleidungssparte weiter. Das Unternehmen beschäftigte zu der Zeit 500 Mitarbeiter. Heute arbeiten 100 im Bekleidungsbereich. Knapp 300 sind es bei den Schuhen.Tradition und Handwerk werden bei Meindl seit jeher groß geschrieben und Lederhosen liegen voll im Trend. Doch Wachstum um jeden Preis ist nicht die Sache von Geschäftsführer Markus Meindl. Er steht auf das Einkaufserlebnis und nicht auf Facebook.

Grund für die Trennung war vor allem, dass man das Unternehmen auch künftig in Familienhand behalten und Streit vermeiden wollte. Immerhin kommen derzeit acht, wenn auch noch sehr kleine Kinder, für die Nachfolge in Frage. Nachwuchssorgen hat die Familie seit jeher nicht: Von sechs möglichen Nachfolgern arbeiten derzeit fünf Familienmitglieder in Führungspositionen. Um künftige Ansprüche zu bedienen, teilten sie das Unternehmen. Auch wenn sie getrennte Wege gehen, nutzen sie dennoch Synergieeffekte: Buchhaltung, Personal und die IT-Infrastruktur sind in einer Hand. Die Produktion läuft jedoch strikt getrennt.

Tradition und Luxus

Den Großteil der Ware produziert Meindl im eigenen Haus. Stetig hat sich dieses vergrößert. „Mein Vater brauchte jedes Jahr immer mindestens eine Baustelle“, sagt Meindl. Näherei, Stickerei, Lederbearbeitung. So fast jede Abteilung ist im Hause schon mindestens einmal umgezogen. Einer der

Altes Verfahren: Nur noch Wenige beherrschen die sämische Gerbung, also ganz ohne Chemikalien.

Verkaufsräume war früher das Wohnzimmer der Familie. Wo früher die Produktion war, ist heute der Vorführ- und Besprechungsraum. Rustikal ist er eingerichtet. Der Eichentisch ist aus dem eigenen Wald. Die Stühle sind mit Hirschleder bezogen. An der Wand hängen die Köpfe eines Mufflons und eines Steinbocks – Jagdtrophäen. Markus Meindl ist passionierter Jäger. Diese Tiere hat er allerdings nicht geschossen. Spricht er über die Jagd, geht ihm das Herz auf. Nicht einmal zur Wiesn hat er es dieses Jahr geschafft. „Mit Freunden war ich in Kanada zur Bärenjagd. Nächstes Jahr bin ich sicherlich wieder dabei.“

Für Meindl haben die Festwochen keine große Bedeutung: Sie sind nicht der Maßstab für die handgefertigten Produkte aus Kirchanschöring. „Derjenige, der eine Meindl Hose kauft, will kein Massenprodukt.“ Seine Mode nennt er Authentic Luxury – Authentischer Luxus. Für ihn bedeutet er, die Art und Weise, wie und wo etwas produziert wird. Meindl setzt auf Regionalität, kurze Wege und Nachhaltigkeit. Von windigen Modetrends hält er nichts. Seine Idee: Produkte kreieren, die zeitlos schön sind. Dabei setzt er nicht nur auf die klassische Lederhose. Im Laden in Oberbayern, dem Partner-Store nahe der Maximilianstraße in München und bei ausgewählten Einzelhändlern verkauft das Unternehmen Jacken, Parkas, Kleider und Accessoires aus unterschiedlichsten Materialien. Man nimmt Markus Meindl ab, dass er das, was er produziert, auch gerne trägt. Manchmal lässt er sich in einem seiner Produktkataloge abbilden. Meindl steht ihm. Geprägt hat er den Begriff Gebirgsstädter: Damit meint er eine Welt, die Mode und Tradition miteinander vereint.Tradition und Handwerk werden bei Meindl seit jeher groß geschrieben und Lederhosen liegen voll im Trend. Doch Wachstum um jeden Preis ist nicht die Sache von Geschäftsführer Markus Meindl. Er steht auf das Einkaufserlebnis und nicht auf Facebook.

Tracht liegt im Trend

Beim Kunden kommen seine Produkte an: Auf eine handgestickte Hirschlederne muss er schon mal acht Monate warten. „Bei jeder Hose erkennt man die Handschrift der Stickerin“, sagt Meindl. Bis zu 2.500 Euro legt der Kunde dann auf den Tisch. Das Material ist begrenzt und die Hose sämisch gegerbt. Nur noch wenige Gerbereien beherrschen dieses uralte Verfahren, in dem die Rohhaut zum Leder wird, ganz ohne den Einsatz von Chemikalien. „Die Nachfolge in unseren Partnerbetrieben ist allerdings schon geregelt.“ Seit Jahrzehnten arbeitet das Familienunternehmen mit ihnen zusammen. In guten wie in schlechten Zeiten.

Markus Meindl in seinem Lager: Auch der Firmenchef persönlich steht ab und zu Modell.

Glaubt man Meindl, läuft das Geschäft gut. Und um die Zukunft ist ihm nicht bange. Tracht und Leder liegen voll im Trend. Wie so viele Familienunternehmen macht er jedoch keinerlei Angaben zum Umsatz, schon gar nicht über Gewinnmargen. Einzig der Kampf um den Rohstoff dürfte künftig noch härter werden. Der Markt hat sich verändert. Längst sind Länder wie Russland, China, Indien oder Brasilien dazugekommen, die viel Leder nachfragen, die derzeit für Meindl aber nicht im Fokus stehen. „Da sprechen wir nicht von ein paar Hosen. Die ganze Welt will Jacken, Taschen oder Gürtel aus dem Material.“ Selbst Sitze in Kleinwagen werden längst mit Lederpolster angeboten. Langfristige Verträge über Lederwaren gibt es in der Branche nicht. Meindl weiß: Die Preise steigen sukzessive. Umso wichtiger sind deswegen langjährige Partnerschaften zu den Lieferanten.

Wählerisch ist er auch beim Personal. Dieses rekrutiert er vor allem aus der näheren Umgebung. Doch ist es nicht immer ganz einfach, an die besten Leute zu kommen. Der Landkreis Traunstein hat mit zwei Prozent eine der

Hirschlederne: Sie kostet mindestens 1.000 Euro.

niedrigsten Arbeitslosenquoten in Deutschland. Punkten will er vor allem mit seinen internationalen Produkten und der Regionalität: „Wir haben immer gesagt: Wir produzieren in Deutschland, wir produzieren in Kirchanschöring – das ist und bleibt unser Zuhause.“ Produktionspartnerschaften hat er in Ungarn und in Kroatien. Von dort holt er sich auch Näherinnen nach Bayern. „In Deutschland ist es ganz schwierig, welche zu bekommen.“ Der Erfolg gibt ihm recht: Die durchschnittliche Betriebszugehörigkeit liegt bei 25 Jahren. Vier bis sechs Lehrlinge bildet er jährlich aus. Diesen räumt er gute Aufstiegschancen ein: „Auszubildende von damals sind heute Vertriebsleiter, Verkaufsleiter oder Personalleiter. Die kennen das Unternehmen auswendig.“

Kurze Produktionswege, lange Haltbarkeit der Ware, umweltfreundliche Produktion. Das sind die Werte, auf die Meindl setzt. Geheizt wird in Kirchanschöring mit Hackschnitzeln, Solaranlagen auf dem Dach produzieren Strom. 80 Prozent des Bedarfs erzeugt das Unternehmen selbst. Auch das unterstreicht die nachhaltige Ausrichtung des Unternehmens. Für den kurzfristigen Erfolg ist Meindl nicht zu haben. Leise und mit kleinen Umsatzsteigerungen will er das Unternehmen voranbringen. Er ist sich sicher, dass künftig noch mehr Menschen diese Attribute schätzen lernen. Weiteres Wachstum könnte künftig auch von einem weiteren Store kommen. „Wir führen derzeit Vorgespräche.“ Noch setzt das Unternehmen stark auf das Einkaufserlebnis und eine umfassende Beratung. „Ich schließe jedoch nicht aus, dass es irgendwann einen eigenen Online-Shop gibt.“ Was er allerdings ausschließt, ist eine Präsenz in Social-Media-Kanälen wie Facebook: „Weder privat noch mit der Firma werde ich dort vertreten sein. Für uns ist dies nicht notwendig, privat finde ich es sogar schädlich.“ Diese Entschleunigung passt zum Kern der Marke.


Zur Person

Markus Meindl führt das Familienunternehmen in dritter Generation. Bereits seit elf Generationen arbeitet die Familie im Lederhandwerk. Seine zwei Cousins leiten die bekannte Schuhfabrik am anderen Ortsende von Kirchanschöring. Sein Unternehmen spezialisiert sich vor allem auf Lederbekleidung. Bereits als Achtjähriger nähte Meindl sein erstes Schulmäppchen. Nach der Schneiderlehre zog es ihn wieder in das väterliche Unternehmen. Meindl beschäftigt 100 feste Mitarbeiter. Er ist passionierter Sportler und Jäger. Höchsten Wert legt er auf Qualität und Nachhaltigkeit, er glaubt an ein gesundes Wachstum und daran, dass immer mehr Konsumenten den Wert seiner Ware entdecken. www.meindl-fashions.de

Kurzprofil Meindl Bekleidung GmbH & Co.KG

Gründungsjahr 1934
Branche Lederbekleidung/Mode
Umsatz k.A.
Mitarbeiterzahl 100

 

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