Heimspiel in Herrenberg

Walter Knoll ist die älteste familiengeführte Möbelmarke in Deutschland. Doch nicht mehr die Gründer an sich stehen hinter ihr: Seit 1993 ist sie in Hand der Möbeldynastie Rolf Benz. 

Auch organisatorisch änderte sich einiges. Markus Benz löste die vertikale Struktur des Traditionsherstellers auf. Heute beliefern den Hersteller zahlreiche Betriebe, die meisten aus Süddeutschland. Sie sind hochspezialisiert und bilden das, worauf Markus Benz besonders stolz ist: ein Kompetenznetzwerk, das in dieser Form nur an diesem Fleckchen Erde möglich ist. Das erklärt auch, warum Walter Knoll in dieser Qualität nur in Herrenberg montieren kann: Die Zulieferer würden ihm kaum bis ans andere Ende der Welt folgen. Das, was Walter Knoll macht, bezeichnet Markus Benz denn auch weniger als Handwerkskunst, sondern als

Handarbeit bei Walter Knoll (© Walter Knoll AG & Co. KG)
Handarbeit: Jedes Möbelstück wird einzeln gefertigt. Walter Knoll ist einer der besten Lederverarbeiter weltweit. (© Walter Knoll AG & Co. KG)

Kulturgut. In einem Interview mit Bloomberg TV brachte er es so auf den Punkt: „We deliver an economic cultural performance – made in Germany at its best“ – also eine kulturelle und wirtschaftliche Spitzenleistung aus Deutschland, auf höchstem Niveau. Der Möbelspezialist verwendet nur feinste Materialien, die Kontrollen sind akribisch. In der Lederverarbeitung sind die Schwaben weltweit spitze. Das kostet natürlich etwas – doch laut Markus Benz sind Kunden weltweit bereit, dafür zu zahlen. Sie verbinde eine Wertegemeinschaft.

Werte erkennen

Es ist die aufstrebende, gut situierte Schicht in aller Welt, an die sich Walter Knoll mit seinen Produkten richtet. Mittlerweile auch in China und Indien. „Diese Leute wählen sehr bewusst aus, machen sich Gedanken darüber, wie sie leben wollen, haben Zeit und Geld. Unsere Produkte verkörpern nicht Luxus, sondern zeitlose Werte.“ Ein Walter-Knoll-Sofa habe man schon mal ein Leben lang, und es werde weitervererbt.

Der Exportanteil macht 67 Prozent aus, wichtigste Auslandsmärkte sind Europa und die USA. Damit liegt Walter Knoll in bester Gesellschaft: Die deutsche Möbelindustrie ist traditionell exportstark, nach Italien und China die größte weltweit. Dennoch musste Markus Benz den Bereich erst mühsam aufbauen. Die internationale Aufstellung hilft auch, konjunkturelle Risiken auszugleichen: Die letzte Wirtschafts- und Finanzkrise bekam das Unternehmen zu spüren. Doch der Export hielt das Wachstum konstant, 30 Prozent davon gehen ins außereuropäische Ausland. Mittlerweile ist auch der deutsche Markt wieder im Kommen. Der Verband der Deutschen Möbelindustrie erwartet in diesem Jahr ein Umsatzplus von ein bis zwei Prozent. Walter Knoll ist im ersten Halbjahr 2015 um 20 Prozent gewachsen.

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