„Die Kosten sind nicht alles“

Nach drei verlustreichen Jahren hat der Spezialmaschinenbauer Singulus Technologies AG 2011 die Rückkehr in die Gewinnzone geschafft. Während sich das Blu-ray-Geschäft positiv entwickelt und weiteres Potenzial aufweist, bewegt sich das Solarsegment generell in einem schwierigen Umfeld. Um sich für die Zukunft zu rüsten, hat das Unternehmen im März erfolgreich eine Anleihe begeben. Im Interview spricht der Vorstandsvorsitzende Dr. Stefan Rinck über die Gründe für die Krise, die erfolgreiche Restrukturierung und die Zukunftsaussichten des Unternehmens.

Unternehmeredition: Herr Dr. Rinck, was waren die Ursachen für die Unternehmenskrise, in die Singulus Technologies im Jahr 2008 geriet?

Rinck:
Die Probleme von Singulus Technologies waren u.a. auf den langen Kampf um die Markteinführung der beiden Optical-Disc-Formate HD DVD und Blu-ray zurückzuführen. Eine Gruppierung um Toshiba wollte die HD DVD mit 30 GB Speichervolumen und die Blu-ray Association mit Sony an der Spitze die Blu-ray Disc mit 50 GB in den Markt einführen. Erst nach mehreren Jahren fiel Anfang 2008 auf der Fachmesse CES in Las Vegas, USA, eine Entscheidung zugunsten Blu-ray, dem Format mit dem größeren Speichervolumen. Singulus Technologies hat über mehrere Jahre für beide Formate Produktionsmaschinen entwickelt und getestet. Wir waren dann gezwungen, in einer schwierigen Phase der Weltwirtschaft in den Jahren ab 2008 Werte zu berichtigen und abzuschreiben. Aber unsere Bilanz ist jetzt sauber. Wir achten in Zukunft sehr darauf, dass solche bilanziellen Korrekturen nicht mehr notwendig werden.

Unternehmeredition: Nach drei Jahren mit negativen Ergebnissen ist Singulus Technologies 2011 die Rückkehr in die Gewinnzone gelungen: Das EBIT liegt bei 6,7 Mio. EUR, der Umsatz stieg um 33% auf 160 Mio. EUR. Wie haben Sie den Turnaround geschafft?

Rinck:
Das hat mehrere Gründe. Die Restrukturierungen haben gewirkt und wir haben stark auf unsere Kosten geachtet. Der Blu-ray Markt hat sich 2011 sehr positiv entwickelt und wir haben für neue Produkte der Solartechnik größere Aufträge erhalten. Wir hatten so 2011 insgesamt eine positive Entwicklung des Auftragseinganges und des Umsatzes. Dies hat letztendlich zu dem guten Ergebnis geführt. Alle Bankverbindlichkeiten wurden 2011 zurückgeführt und Singulus ist außer einem kleinen, zinsgünstigen KfW-Kredit schuldenfrei.

Unternehmeredition: Während sich das Blu-ray-Geschäft positiv entwickelt und weiteres Potenzial aufweist, bewegt sich das Solarsegment generell in einem schwierigen Umfeld. Wie wollen Sie sich hier von dem negativen Markttrend abkoppeln?

Rinck:
Der Photovoltaikmarkt war und ist von Überkapazitäten und einem deutlichen Preisrückrang bei Solarmodulen geprägt. Singulus Technologies sieht sich als sogenannter “Enabler im Solarmarkt”. Singulus Technologies präsentiert neue Anlagenkonzepte und Verfahrensprozesse in der Silizium- und in der Dünnschicht-Solartechnik als Maschinenlieferant. Wir haben Entwicklungspartnerschaften mit Universitäten, Instituten und führenden Solarunternehmen gegründet, um die eigene Technik als Standard bei der Herstellung der neuen Zellkonzepte zu etablieren. So hat das Institut für Solarenergieforschung Hameln (ISFH) am 2. März veröffentlicht, dass in Zusammenarbeit mit Singulus Technologies der Wirkungsgrad von Siebdruck-Silizium-Solarzellen von den heute in der PV-Industrie üblichen 17,0% bis 18,5% auf einen Rekordwert von 20,1% gesteigert werden konnte. Ein anderes Beispiel sind die Anlageninstallationen bei Avancis. Dieser führende Hersteller von CIS-Solarmodulen hat am 16.12.2011 die Produktion in seinem zweiten Werk am Firmensitz im sächsischen Torgau begonnen. Die neue Produktionsstätte für hoch moderne CIS-Solarmodule hat eine Gesamtkapazität von 100 Megawatt-peak (MWp) pro Jahr.

Unternehmeredition: Im März konnten Sie erfolgreich Ihre erste Anleihe platzieren, mit einem Emissionsvolumen von 60 Mio. EUR, einer jährlichen Verzinsung von 7,75% und einer Laufzeit von 5 Jahren. Wofür werden die Mittel verwendet? Welche Rolle spielt die Anleihe in Ihrem Finanzierungsmix?

Rinck:
Singulus Technologies plant mit dem Emissionserlös die Finanzierung von größeren Projekten im Geschäftsbereich Solar, den Ausbau der Systempartnerschaft mit Herstellern von Dünnschichtsolarzellen, die Entwicklung neuer Produkte für den Geschäftsbereich Solar und die Entwicklung von Produktionsanlagen für die nächste Generation Blu-ray Discs. Ziel unseres Unternehmens ist es, sich in der Silizium- und Dünnschicht-Solartechnik an führender Stelle zu positionieren und im Optical Disc Bereich die Marktführerführerschaft für Dual-Layer Blu-ray Disc-Fertigungsanlagen zu behaupten. Im Zuge des sich abzeichnenden wachsenden Marktes für die MRAM-Halbleitertechnologie verstärken wir auch hier unsere Geschäftsaktivitäten, um die Position als Anbieter von Vakuum-Beschichtungsanlagen für die Fertigung von MRAM-Wafern auszubauen. In der Summe konnten bereits in den ersten drei Monaten Auftragseingänge von mehr als 13 Mio. EUR über vier Timaris-Beschichtungsanlagen in unterschiedlichen Konfigurationen verzeichnet werden. Unser Know-how in der Herstellung von Anlagen zur Vakuumbeschichtung unterschiedlicher Materialien wollen wir zukünftig nutzen, um weitere Anwendungsbereiche zu erschließen. So beabsichtigen wir den Aufbau neuer Geschäftsfelder im Bereich der Vakuum-Beschichtungstechnologie durch Forschung und Entwicklung sowie durch Akquisitionen von Unternehmen oder Unternehmensteilen. Die Unternehmensanleihe verschafft uns die notwendige Flexibilität zum Agieren und natürlich eine gewisse Unabhängigkeit gegenüber den Banken.

Unternehmeredition: Wie ist Ihr weiterer Ausblick für 2012?

Rinck:
Nach drei Jahren mit negativen Ergebnissen hat Singulus Technologies im Geschäftsjahr 2011 wieder ein positives Ergebnis erzielt. Sehr erfreulich ist, dass sich die Projekttätigkeit in allen Segmenten Anfang 2012 belebt hat. Mit den zwei starken Kernarbeitsfeldern Optical Disc und Solar und den Chancen, die uns der Halbleitermarkt bietet, sowie dem Potenzial, das in neuen Anwendungen der Vakuum-Beschichtung liegt, blicken wir optimistisch in das Gesamtjahr 2012 und erwarten für dieses Geschäftsjahr wiederum ein positives EBIT.

Unternehmeredition: Was ist Ihr wichtigster Rat an Unternehmer zur Bewältigung von Krisen?

Rinck:
Die Kosten sind natürlich ein wichtiger Faktor. Aber die Kosten sind nicht alles. Ein Unternehmen muss mit seinen Produkten innovative und kundenorientierte Lösungen anbieten, um sich in seinen Märkten zu behaupten und um erfolgreich und profitabel zu sein.

Unternehmeredition: Herr Dr. Rinck, vielen Dank für das Gespräch!

Das Interview führte Markus Hofelich.
markus.hofelich@unternehmeredition.de


Zur Person: Dr. Stefan Rick
Dr. Stefan Rinck ist Vorstandsvorsitzender der Singulus Technologies AG (www.singulus.de). Das Unternehmen ist spezialisiert auf die Entwicklung und Herstellung von Technologien und Maschinen in den Bereichen Optical Disc, Solar und Halbleiter.

Autorenprofil
Vorheriger Artikel„Wir mussten Mawa als Marke positionieren“
Nächster ArtikelSale & Lease Back – ein Instrument für den Turnaround?