Heimspiel in Herrenberg

Walter Knoll ist die älteste familiengeführte Möbelmarke in Deutschland. Doch nicht mehr die Gründer an sich stehen hinter ihr: Seit 1993 ist sie in Hand der Möbeldynastie Rolf Benz. 

Fährt man nach Herrenberg, fährt man zu Walter Knoll. Majestätisch begrüßt einen das Firmengebäude direkt gegenüber dem Bahnhof, ein beeindruckender, vierstöckiger Bau aus Glas und Stahl. Im Erdgeschoss überziehen kräftige Männer vorgefertigte Polstermöbel mit Leder und Stoffen. Im Stockwerk darüber sitzen Näherinnen bei der Arbeit. Sonst sieht man erst mal nicht viel von der schwäbischen Kleinstadt. Hier ist es wohl zuhause, das Handwerk.

Design von Walter Knoll (© Walter Knoll AG & Co. KG)
Design von Walter Knoll: Eine der ältesten Möbelmarken in Deutschland. (© Walter Knoll AG & Co. KG)

Das könnte sich auch Rolf Benz gedacht haben, als er seinen Sohn Markus 1993 fragte, ob er Geschäftsführer des angeschlagenen Luxusmöbelherstellers Walter Knoll werden wolle. Auch wenn es das Firmengebäude damals noch nicht gab. Der Spross zögerte nicht lange. Das Unternehmen war ihm wohl bekannt, neben Hülsta, Interlübke und dem eigenen Unternehmen Rolf Benz zählte Walter Knoll zu den bekanntesten deutschen Möbelmarken. Außerdem kam der Traditionshersteller aus dem Nachbarstädtchen Herrenberg, die Familien waren sich wohl bekannt. Mit einem normalen Möbelhersteller hatte Walter Knoll aber nicht viel zu tun.

Ende eines Familienunternehmens

Tief verwurzelt in der Moderne, ist es eines der ältesten Möbelunternehmen überhaupt, mit Anfängen im Jahr 1865. Durch den Stammsitz in Herrenberg befand es sich in unmittelbarer Nähe von Stuttgart, einem der wichtigen Zentren der klassischen Moderne in Deutschland. Hier studierten Oskar Schlemmer und Johannes Itten – Künstler also, die später mit dem Bauhaus in Verbindung gebracht wurden. Als Ludwig Mies van der Rohe mit der Stuttgarter Weißenhofsiedlung sein Konzept des neuen Wohnens vorstellte, kam die Innenausstattung von Walter Knoll. Walter Knoll, das war die Marke der Architekten und Kunstliebhaber. Ziemlich große Fußstapfen also.

Andererseits sah die Familie Benz mit wachen Augen, woran es bei der Möbelkoryphäe haperte: Eine überkommene Gesellschafterstruktur, veraltete Produktionsanlagen, eine viel zu kostspielige Aufstellung – Schreiner, Polsterer, Schlosser, alles war im Haus. Das ließ den Gewinn bei sieben Mio. Euro Umsatz dahinschmelzen. Auch bei der Produktentwicklung war die Dynamik weg. Eine grundlegende Sanierung musste her. „Dazu war die Familie aber mental nicht mehr in der Lage“, meint Markus Benz. 

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