Finanzierung der digitalen Revolution

Deutschland ist ein Hochtechnologie-Standort, der von Innovationen des Mittelstandes lebt. Mit der digitalen Revolution und dem Einzug der Industrie 4.0 verändert sich auch die Finanzierung. Kreditsicherheiten müssen neu definiert werden.

Neue Herausforderungen für die Finanzierung

Vor diesem Hintergrund stellt der digitale Wandel erheblich höhere Anforderungen an die finanzierenden Banken und Kreditinstitute bei der Risikoeinschätzung und Beurteilung von Geschäftsmodellen. Es bedarf möglicherweise neuer, angepasster Finanzierungsinstrumente, die gegenüber den klassischen Kreditprodukten immer stärker an Bedeutung gewinnen. Neben die bekannten Cashflow-Risiken treten neue, aus der Vernetzung der Industrie erwachsende Prozessrisiken, die sich auf die Ertrags- und Finanzlage auswirken können. Wie beurteilt die Bank überhaupt diese Risiken? Das heutige Kreditrating berücksichtigt den Aspekt der Digitalisierung noch nicht oder nur sehr unzureichend. Jedenfalls nicht im Sinne einer umfassenden digitalen Due Diligence mit der Bestimmung des digitalen Reifegrades des Unternehmens und der Branche.

Des Weiteren verändert die zunehmende Bedeutung immaterieller Vermögenswerte die Anforderungen an Kreditsicherheiten und deren Fungibilität. Bei veränderten Wertschöpfungsprozessen oder Patenten ist zum Beispiel deren Wert viel schwerer abzuschätzen als der von Grundstücken oder Maschinen. Außerdem stellen digitalisierte Lösungen vielfach unternehmensspezifische Assets dar, die für Dritte nicht oder kaum nutzbar sind. Dies betrifft insbesondere das Know-how der Mitarbeiter, das im Rahmen von Industrie 4.0 in den Fokus erfolgreicher Unternehmen rückt. Aus diesen Gründen müssen sich neue Besicherungsstandards und Bewertungsusancen etablieren, die den Besonderheiten des digitalen Strukturwandels Rechnung tragen.

Zunehmende Bedeutung von Risikokapital

Neben der Bankenfinanzierung wird jedoch auch die Eigenkapitalfinanzierung eine immer bedeutendere Rolle einnehmen. Mittelständische Unternehmen müssen sich im Zuge der digitalen Revolution Gedanken über die Beschaffung einer breiten Eigenkapitalbasis machen – sei es in Form von Mezzanine– oder Private-Equity-Finanzierungen. Auch wenn Private Equity aufgrund des starken Renditedrucks noch immer Skepsis hervorruft, wird kaum ein Weg daran vorbeiführen: Risikokapital erhält im Zusammenhang mit der digitalen Transformation möglicherweise einer größere Bedeutung.

Ob es im Mittelstand aufgrund der Digitalisierung zu einem Finanzierungsengpass kommen wird, ist schwer zu sagen, da es von vielen unterschiedlichen Faktoren abhängt. Zum einen kommt es darauf an, ob Banken und Kreditinstitute die Finanzierungserfordernisse der Transformation von Geschäftsmodellen erkennen bzw. ob sie ihre Finanzierungs- und Bewertungsformen den neuen Gegebenheiten anpassen. Zum anderen bleibt die Frage offen, wie mittelständische Unternehmen dem digitalisierten Transformationsprozess begegnen.


Zur Person

Michael Euchner (© Ebner Stolz Mönning Bachem)
(© Ebner Stolz Mönning Bachem)

Michael Euchner ist Managing Partner im Bereich Corporate Finance/M&A bei der Ebner Stolz Managements Consultants GmbH. www.ebnerstolz.de

Autorenprofil

Michael Euchner ist Managing Partner im Bereich Corporate Finance/M&A bei der Ebner Stolz Managements Consultants GmbH.

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