„Das ist moderner Monopolismus“

Gibt es eine pauschale Formel, wie ein Unternehmer investieren sollte?

Schon André Kostolany sagte: Ein Drittel Immobilen, ein Drittel Unternehmensvermögen, ein Drittel Geldvermögen. Bei einem Unternehmer nimmt der zweite Teil tendenziell einen höheren Stellenwert ein. Ich würde mich jedoch nicht wohl fühlen, wenn mehr als 60 Prozent meines Vermögens im Unternehmen stecken würden.

Wird die Anlage in Aktien unterschätzt?

Absolut: Es wird häufig vergessen, dass eine Aktie im Prinzip genau dasselbe ist wie die Beteiligung am eigenen Unternehmen. Nämlich langfristiges Unternehmensvermögen, das inflationsgeschützt ist. Hat jemand ein schuldenfreies Unternehmen und ist die Liquidität sichergestellt, kann man sein Privatvermögen in Aktien stecken. Das Problem ist, dass Unternehmer selbst agieren wollen. Am Aktienmarkt können sie das nicht. Sie sind den Schwankungen des Marktes ausgesetzt. Da führt kein Weg dran vorbei.

Sollten sich sicherheitsorientierte Anleger derzeit Gold ins Depot legen?

Natürlich. Der Goldpreis ist in den vergangenen 18 Monaten zwar gefallen. Dass Gold heruntergeredet wird, kann ich jedoch überhaupt nicht nachvollziehen – und ich bin kein Gold-Fanatiker.

Ist die Niedrigzinspolitik der US-Notenbank gerechtfertigt?

Nein. Das ist reine Planwirtwirtschaft. Europa leidet, die Lebensversicherer leiden, der Mittelstand und die Sparer leiden. Es profitieren die Staaten, die Family Offices der Superreichen und die großen kapitalmarktfähigen Unternehmen. Das ist eine Verteilungspolitik gegen Europas kreditorientiertes Wirtschaftssystem und pro angelsächsisch orientiertes.

Hält aber die Aktienmärkte am Laufen…

…fördert aber gehypte Neuemissionen im Technologiesektor.

Natürlich sind die Bewertungen hoch. Doch bislang gibt es bei Facebook, Amazon & Co. keine Kurseinbrüche.

Die Strategie von Amazon ist klug. Das Unternehmen ist allerdings eine Maschine zur Zerstörung Europas. Sie schadet dem Einzelhandel extrem.

Es steht doch jedem frei, wo er einkauft.

Nein. Die Marktmacht von Amazon ist inzwischen so groß, dass es keinem mehr völlig frei steht. Durch Amazon sterben viele kleine Läden. Solange die USA dafür sorgen, dass die europäische Konkurrenz klein gehalten wird, gibt es keinen Ausweg.

Wie kann Amerika dafür sorgen?

Erstens ist der Markt einfach größer. Dadurch können riesige Unternehmen aufgebaut werden, die europäische Märkte durchdringen. Die Lobbyisten der Konzerne penetrieren diese. Das ist in der Computerindustrie so, das ist bei den Anbietern von Suchmaschinen so und das ist bei Amazon so. Das ist moderner Monopolismus, indirekt gestützt vom amerikanischen Militär.

Investieren Sie auch in diese Titel oder haben Sie einen ethischen Ansatz, der Sie davon abhält?

Sicher habe ich einen ethischen Ansatz, aber als kleiner Fondsmanager kann ich dagegen nichts tun.

Danke für das Interview, Herr Otte.


Zur Person
Seit Juli 2013 ist Prof. Dr. Max Otte für den Vermögensbildungsfonds verantwortlich. Otte studierte in Köln Volkswirtschaftslehre und politischen Wissenschaften. Er promovierte an der Princeton University. Otte ist Gründer des Instituts für Vermögensentwicklung und des Center for Value Investing. Er hat mehr als ein Dutzend Bücher verfasst und bereits frühzeitig auf eine bevorstehende weltweite Finanzkrise aufmerksam gemacht. Nach dem Crash an den Börsen war Otte einer der ersten, die wieder zum Kauf von Aktien rieten. www.maxotte.de

 

Kurzprofil Max Otte Vermögensbildungsfonds AMI
Anlage: Mischfonds mit Schwerpunkt Aktien
ISIN: DE000A1J3AM3
Auflagedatum: 01.07.2013
Ertragsverwendung: Thesaurierend
Mindestanlagebetrag: 500 EUR
Fondsvolumen: 64,18 Mio. EUR
 

 

Autorenprofil

Tobias Schorr war von März 2013 bis Januar 2018 Chefredakteur der "Unternehmeredition". Davor war er für die Gruner + Jahr Wirtschaftsmedien im Ressort Geld als Redakteur tätig. Von 2003 bis 2007 arbeitete er zunächst als Redakteur, dann als Ressortleiter beim Mittelstandsmagazin "Markt und Mittelstand". Sein Handwerk lernte er an der Axel Springer Journalistenschule.

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