Das Family Office: Ein Phänomen mit sieben Siegeln

Unzweifelhaft bietet das Institut des Family Office gerade für Unternehmerfamilien einen großen Mehrwert bei der Steuerung des eigenen Privatvermögens. In Anlehnung an das eigene Unternehmen und dessen Führungsstrukturen stellt es von seiner Grundidee her quasi das Management, die Controllingabteilung, den Einkauf, die Buchhaltung und das Sekretariat in einem dar. Zudem sind das hauseigene Family Office und seine Mitarbeiter einzig den Interessen der Unternehmerfamilie verpflichtet. Das Phänomen „Family Office“ ist aber den meisten Unternehmerfamilien noch völlig unbekannt oder zumindest ein „Buch mit sieben Siegeln“.

Gewerblich geprägte Family-Office-Strukturen

Klassische Family-Office-Ausprägungen sind in der Regel betriebswirtschaftlich nicht ertragsorientiert ausgerichtet, sondern leben nach dem Kostendeckungsprinzip. Letztlich ist es auch kaum realisierbar, ein reines Family Office profitabel zu führen, d.h. neben der Finanzierung der laufenden Kosten für Personal, technische Infrastruktur und Raum einen angemessenen Unternehmerlohn bzw. Gewinn zu erwirtschaften. Daher muss ein Family-Office-Dienstleister, will er denn gewinnorientiert arbeiten, Aktivitäten auf den meist lukrativen Feldern entwickeln, die ein klassisches Family Office eigentlich konsequent nach außen mandatiert. Der Dienstleister wird daher typische Wertpapiervermögensverwaltung anbieten, Fonds emittieren oder für seine Mandanten sog. Private Placements kreieren. Im Zweifel wird er seinen Geschäftsbetrieb neben dem typischen Betreuungshonorar auch über die Generierung von Provisionen finanzieren müssen.

Das gewerbliche Family Office

Aber auch (Finanz-)Dienstleister, die bisher noch keine Berührung zum Grundprinzip Family Office hatten, entdecken für sich den Mehrwert eines solchen Leistungsangebotes. Kaum eine Bank, die den vermögenden Privatkunden im Fokus hat, verzichtet heute auf eine eigene Abteilung, die zumindest den Namen „Family Office“ trägt. Auch die Gruppe der Vermögensverwalter, die neben ihrem angestammten Aufgabengebiet des Asset-Managements mittlerweile zusätzliche Dienstleistungen unter dem Begriff „Family Office“ anbieten, wird zunehmend größer. Selbst einige größere Steuerberater/Wirtschaftprüfer haben in ihren Gesellschaften entsprechende Einheiten gebildet, um ihren Mandanten ein Add-on anbieten zu können. Bei all diesen Organisationsformen ist Family Office nicht selten Nebensache. Den gewerblich geprägten Lösungen mangelt es zudem nicht selten an der „Interessenkonfliktfreiheit“ der klassischen Family-Office-Idee, oder es fehlt ihnen der ganzheitliche Ansatz, da sie sich nur auf bestimmte Teilgebiete (bspw. die Kontrolle des Wertpapiervermögens oder das steuerliche Controlling des Vermögens) konzentrieren.

Für jede Unternehmerfamilie das passende Office

Nun muss nicht jeder nicht klassische Family-Office-Anbieter die Interessen seiner Kunden/Mandanten weniger im Fokus haben als der Purist unter den Familienbüros. Aber die Familie, die nach einer Alternative für eine teure hauseigene Lösung (Single Family Office) sucht, sollte sich sehr eingehend mit den eigenen Erwartungen an ein Family Office beschäftigen und ein differenziertes Anforderungsprofil erstellen. Mit dieser Checkliste sollte sodann einzelnen Anbietern sehr genau auf den Zahn gefühlt werden. Bei allen Fragen nach fachlicher Kompetenz, dem inhaltlichen Leistungsspektrum und der Qualität des Reportings sollte allerdings eines klar sein: Je weniger ich bereit bin, Abstriche an der Interessenkonfliktfreiheit meines künftigen Controllingteams zu machen, desto mehr muss ich mich auf die Unabhängigkeit des Partners verlassen können, aber desto bereiter muss ich auch sein, die Kosten für die Unterhaltung meines Familienbüros vollumfänglich zu tragen. So mag grundsätzlich jeder Ratsuchende den Finanzpartner finden können, der seiner Erwartungshaltung entspricht.

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