Das Family Office: Ein Phänomen mit sieben Siegeln

Unzweifelhaft bietet das Institut des Family Office gerade für Unternehmerfamilien einen großen Mehrwert bei der Steuerung des eigenen Privatvermögens. In Anlehnung an das eigene Unternehmen und dessen Führungsstrukturen stellt es von seiner Grundidee her quasi das Management, die Controllingabteilung, den Einkauf, die Buchhaltung und das Sekretariat in einem dar. Zudem sind das hauseigene Family Office und seine Mitarbeiter einzig den Interessen der Unternehmerfamilie verpflichtet. Das Phänomen „Family Office“ ist aber den meisten Unternehmerfamilien noch völlig unbekannt oder zumindest ein „Buch mit sieben Siegeln“.

Family Office in Deutschland

In Deutschland hat sich die Ursprungsidee des Single Family Office seit Anfang der 1990er Jahre sukzessive etabliert. Der typische Anlass zur Gründung eines Family Office ist der Verkauf des eigenen Unternehmens und der Wunsch, die nun für die private Vermögensanlage zur Verfügung stehenden Gelder auf Grundlage einer individuell und nur an der Bedarfssituation der eigenen Familie ausgerichteten Strategie zu investieren. Die Umsetzung und spätere Steuerung erfolgt idealerweise durch ein Team von Mitarbeitern, die ausschließlich den Interessen der Familie verpflichtet sind. Das Family Office stellt also in der Ursprungsausprägung das hauseigene Finanz-Backoffice dar, das quasi der verlängerte Arm der Familie beim Vermögensmanagement bildet und daher als deren Stellvertreter alle operativen Einheiten wie Banken, Vermögens- und Immobilienverwalter kontrolliert und steuert. Diese Grundidee wurde vor einigen Jahren von diversen bankgebundenen und bankunabhängigen Finanzdienstleistern als eigenes Geschäftsfeld entdeckt und in unterschiedlichen Ausprägungen abgewandelt.

Klassisches Single Family Office

In den letzten zwei Jahrzehnten hat sich in Deutschland eine breitgefächerte Family-Office-Landschaft herausgebildet: Zunächst gibt es auch heute noch Unternehmerfamilien, die sich – insbesondere nach erfolgtem Unternehmensverkauf – entschließen, ein eigenes Team von Mitarbeitern einzustellen und diese in eigenen Räumlichkeiten lediglich für die eigene Familie arbeiten zu lassen. Die notwendige technische Infrastruktur – wie bspw. ein transparentes Reportingsystem – wird dann bei spezialisierten Dienstleistern eingekauft. Die Etablierung einer hauseigenen Lösung ist sehr aufwendig und teuer und lohnt sich daher erst ab einem stattlichen dreistelligen Millionenvermögen (rund 400 Mio. EUR).

 

Klassisches Multi Family Office
Da nicht jede mittelständische Unternehmerfamilie selbst nach erfolgreichem Exit mit einer solchen Größenordnung privaten Vermögens aufwarten kann, tun sich nicht selten mehrere Familien zusammen und gründen ein gemeinsames Family Office. Sie nutzen gemeinschaftlich alle personellen, technischen und räumlichen Kapazitäten und teilen sich die Kosten. Dies kann sehr sinnvoll sein, selbst wenn die einzelnen Familien unterschiedliche Vermögensstrategien verfolgen. Ein leistungsfähiges Multi Family Office kann hier sehr gut differenzieren und jeweils individuelle familiäre Strukturen aufbauen.

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