Das soziale Erbe der Fugger

Die Fuggerschen Stiftungen gehen auf den legendären Reichtum von Jakob dem Reichen und seiner zwei Brüder zurück. Heute sind sie der Kitt, der die drei Linien der Familie zusammenhält. Um das Vermächtnis an die nächsten Generationen weiterzugeben, werden fleißig Bäume gepflanzt.

Gerade die Kinder in der Fuggerei sind ein Maßstab, inwieweit das Konzept aufgeht. Auch wenn diese die Fuggerei als Zuhause kennenlernen, sollen sie später im besten Fall keinen Antrag bei der Stiftung für eine Wohnung stellen. Denn einerseits soll den Bewohnern eine katholisch-soziale Geborgenheit geboten werden. Andererseits ist es das Ziel, die bedürftigen Menschen fit zu machen für ein finanziell eigenständiges Leben. „Wir wären am glücklichsten, wenn alle Leute, die hier einziehen, irgendwann wieder ausziehen können“, formuliert Gräfin Thun-Fugger die Hoffnung hinter dem Sozialprojekt.

Fuggerei in der Familie verwurzelt

Bis heute sind die Fuggerschen Stiftungen und mit ihr die drei Linien Thun, Babenhausen und von Glött der früheren Augsburger Handelsdynastie die Philanthropen hinter dem sozialen Wohnungsbau. Die Fuggerei ist eine von neun Stiftungen der Fugger und ihre bedeutendste. Rund 700.000 Euro wendet die Familie jährlich für den guten Zweck auf.

Das Gesicht der aktuellen Generation: Maria Elisabeth Gräfin Thun-Fugger.
Das Gesicht der aktuellen Generation: Maria Elisabeth Gräfin Thun-Fugger.

Das Gesicht der aktuellen Generation ist Maria Elisabeth Gräfin Thun-Fugger. Seit 15 Jahren steht sie dem sogenannten Seniorat der Stiftungen vor, das über dem Torbogen am Eingang seine Räumlichkeiten hat. Hier zeigt sich deutlicher der vererbte Reichtum. Eine Deckenvertäfelung sowie ein Parkett aus massivem Holz dominieren das Interieur, im Raum sind Porträtmalereien und Büsten der drei Fugger-Linien ausgestellt.

Vier Mal im Jahr trifft sich das vierköpfige Seniorat im altehrwürdigen Sitzungssaal, um die Strategie für das nächste Quartal zu besprechen. Dabei geht es um den Ankauf weiterer Ländereien für den forstwirtschaftlichen Betrieb, Kooperationen mit anderen Stiftungen oder die Planung von Jubiläen wie in diesem Herbst, wenn sich die Ankunft der Fugger in Augsburg zum 650. Mal jährt. Auch wenn das Engagement komplett ehrenamtlich ist, bekennen sich die Familienmitglieder zur tradierten sozialen Verantwortung: „Jede Generation saugt das mit der Muttermilch ein. Die Verpflichtung gegenüber der Stiftung ist bereits in der nachfolgenden Generation tief verwurzelt“, betont Gräfin Thun-Fugger.

Vater von Gräfin Thun-Fugger initiierte Wiederaufbau

Das zeigt sich an der historischen Entwicklung. Während des Zweiten Weltkriegs wurde die Fuggerei im Jahr 1944 zu über zwei Drittel zerstört. Die 200 Bewohner überlebten in einem vorher gebauten Luftschutzbunker. Heute ist der unterirdische Bunker über einen kleinen Platz in einem Seitenarm der Fuggerei zu erreichen. Im Untergeschoss sind in einer Ausstellung die Ruinen zu sehen, die der Krieg hinterlassen hat. Ein grünes Dokument zeigt den Beschluss des damaligen Seniorates, die Fuggerei noch im selben Jahr wieder aufzubauen. Einer der Unterzeichner ist Clemens Graf Fugger von Kirchberg, der Vater der heutigen Senioratsvorsitzenden Gräfin Thun-Fugger.

Das Dokument verdeutlicht das Bekenntnis der Familie, auch in schwierigen Zeiten das soziale Erbe weiterzutragen. Deshalb konnten bereits 1947 wieder die ersten Familien in die Sozialbausiedlung einziehen. Nach dem Wiederaufbau wurde die Fuggerei peu à peu um weitere Grundstücke erweitert und somit um ein Drittel vergrößert.

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