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Am Anfang steht der Export

Erst kommt der Export, dann folgen Direktinvestitionen in den ausländischen Zielmärkten – erfolgreiche deutsche Mittelständler erobern ausländische Märkte schrittweise. 

Mittelständische Unternehmen, die ihre Geschäftsbeziehungen auf ausländische Märkte ausweiten, tun dies in der Regel step-by-step. Diese Theorie der stufenweisen Eroberung der Auslandsmärkte bestätigt eine gemeinsame „Internationalisierung im deutschen Mittelstand“ aus dem Jahr 2012, die die Internationalisierungsstrategien des deutschen Mittelstands beleuchtet. Den Einstieg in das Auslandsgeschäft stellt demnach der Export in westeuropäische Nachbarstaaten dar. Hier werden auf eher vertrautem Terrain erste Erfahrungen mit den Gepflogenheiten ausländischer Wirtschaftsräume gesammelt. 92 Prozent der mittelständischen Exporteure liefern der Studie zufolge ihre Waren in mindestens ein westeuropäisches Land. Auch für Investitionen im Ausland ist Westeuropa wichtigste Zielregion. 56 Prozent der Unternehmen mit Direktinvestitionen haben hier investiert.

Export als Impulsgeber für Direktinvestitionen

Ein erfolgreicher Handel mit europäischen Nachbarstaaten ist oft Voraussetzung für die Erschließung geografisch entfernterer Zielmärkte, etwa in Asien oder Nordamerika. Mittelständische Unternehmen, die durch ihren Export bereits umfangreiche Kenntnisse über die Auslandsmärkte erworben haben, wagen schließlich auch Investitionen in den betreffenden Regionen. In Zahlen lässt sich die Wahrscheinlichkeit einer Auslandsinvestition in Abhängigkeit vom vorhergehenden Exportengagement wie folgt belegen: Im Mittel entscheiden sich Mittelständler sechsmal häufiger für eine Direktinvestition im Ausland, wenn sie die Zielregion bereits zuvor durch Exporte erschlossen haben. Und mit 95 Prozent verfügen nahezu alle Direktinvestoren bereits über Exporterfahrung.

Für die Erfolgsaussichten einer Investition im Ausland sind vorangegangene Ausfuhrerfolge ebenfalls entscheidend. Mangelt es einem Unternehmen an Erfahrungen im Export, liegt die Wahrscheinlichkeit eines späteren Rückzugs bei einer Direktinvestition bei 36 Prozent. Wer Märkte, Land und Leute bereits über sein Ausfuhrgeschäft ausreichend erkundet hat, beweist mehr Durchhaltevermögen. In diesem Fall liegt die Rückzugswahrscheinlichkeit bei nur acht Prozent.Erst kommt der Export, dann folgen Direktinvestitionen in den ausländischen Zielmärkten – erfolgreiche deutsche Mittelständler erobern ausländische Märkte schrittweise. 

Die Auslandsinvestitionen, das zeigt die KfW-Studie, zielen mehrheitlich auf die Erschließung neuer Absatzmärkte ab. Für 78 Prozent der befragten Unternehmer ist die Nähe zum Kunden einer der wichtigsten Faktoren bei der Standortwahl im Ausland. Die Personal- und Sachkosten spielen dagegen für nur 42 Prozent der Direktinvestoren eine Rolle.

Das Auslandsengagement wirkt sich natürlich auch auf die heimischen Standorte aus, und zwar überwiegend positiv. Die Erschließung neuer Absatz- und Beschaffungsmärkte und die stärkere Einbindung in internationale Wertschöpfungsketten stärkt die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen und schafft Beschäftigung im Inland. Nicht selten geht die Errichtung von Produktionsstätten im Ausland mit einer stärkeren Spezialisierung des deutschen Standortes auf hoch qualifizierte Tätigkeiten einher, beispielsweise in Forschung und Entwicklung. Als Innovationsstandort ist Deutschland nach wie vor stark.

Hemmnisse beim Gang ins Ausland

Nicht immer gelingt jedoch der Schritt in ausländische Märkte. Mittelständische Investoren beklagen insbesondere die fehlende Rechtssicherheit im Ausland, den Mangel an geeigneten Geschäftspartnern und den bürokratische Aufwand sowohl bei Erst- als auch bei Folgeinvestitionen. Finanzierungsschwierigkeiten begegnet jedes vierte Unternehmen, das Direktinvestitionen tätigt. Dies betrifft Mittelständler aller Größenklassen, wobei kleine Mittelständler naturgemäß stärker unter Finanzierungsengpässen leiden. Auch hier gilt: Den Unternehmen, die bereits über Exporterfahrungen verfügen, eröffnen sich meist auch bessere Finanzierungsmöglichkeiten.

Wenn der Export des Mittelstands die Basis für spätere Direktinvestitionen bilden, bleibt die Frage, wie es aktuell um deren Ausfuhren bestellt ist. Das kürzlich veröffentlichte KfW-Mittelstandspanel zeichnet diesbezüglich ein gemischtes Bild. Während die Exporttätigkeit der deutschen Wirtschaft insgesamt im Jahr 2014 zulegte, schwächelten die Mittelständler auf internationalem Parkett. Sowohl das absolute Exportvolumen des Mittelstands wie auch ihr Anteil am Gesamtumsatz deutscher Unternehmen im Ausland sank 2014.Erst kommt der Export, dann folgen Direktinvestitionen in den ausländischen Zielmärkten – erfolgreiche deutsche Mittelständler erobern ausländische Märkte schrittweise. 

Kleinere Mittelständler werden aktiv

Insgesamt waren im vergangenen Jahr rund 735.000 kleine und mittlere Unternehmen im Ausland aktiv. Dies sind 23 Prozent aller Betriebe in dieser Größenklasse. Im Jahr 2013 lag der Anteil der Exporteure bei nur 20 Prozent. Im Ergebnis heißt das, dass mittlerweile mehr Mittelständler auf internationalen Märkten agieren. Allerdings hat es eine Verschiebung hin zu den kleineren Mittelständlern gegeben. Diese waren 2014 deutlich häufiger im Ausland aktiv als 2013, während sich die großen Mittelständler tendenziell zurückgezogen haben. Da die kleineren Exporteure jedoch weniger umsatzstark sind, ist der gesamte Auslandsumsatz im Mittelstand trotz der höheren Zahl Auslandsaktiver zurückgegangen.

In regionaler Hinsicht hat Europa zuletzt wieder an Bedeutung gewonnen. Dies ist einerseits auf die leichte wirtschaftliche Erholung in der Eurozone zurückzuführen, aber auch auf Absatzrückgänge mittelständischer Unternehmen in anderen Märkten. Hier schlugen vor allem die negativen Entwicklungen in China zu Buche.

Internationaliserung als Muss 

Für Mittelständler führt der Weg ins Ausland also über das Exportgeschäft. Erst wenn genügend Exporterfahrung gesammelt wurde, versprechen auch Direktinvestitionen im Ausland eine nachhaltige Wirkung. Im Ausland investierende Unternehmen erweisen sich meist als innovativer und wachstumsstärker. Die deutschen Mittelständler sollten sich einem Auslandsengagement deshalb nicht verschließen, anderenfalls laufen sie Gefahr, die Chancen der Globalisierung ungenutzt verstreichen zu lassen.


Zur Person

(© KfW Bildarchiv/Gaby Gerster)

Dr. Jörg Zeuner ist Chefvolkswirt der staatlichen Förderbank KfW und leitet die volkswirtschaftliche Abteilung der Bankengruppe. Zuvor war der Kapitalmarktexperte, Jahrgang 1971, u.a. Chefökonom der VP Bank in Vaduz und mehr als zehn Jahre lang in unterschiedlichen Aufgaben beim Internationalen Währungsfonds in Washington tätig. www.kfw.de

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