“Wir kümmern uns um Themen, die Unternehmern den Schlaf rauben”

EIM hat den Interim-Management-Anbieter Magnalia-Group übernommen

Foto: © Andrii Yalanskyi_AdobeStock

Interim-Management ist mehr als Zeitarbeit und mehr als das notdürftige Flicken von Personalengpässen. Wir sprachen mit Dr. Thomas Schneider, Geschäftsführer der EIM Germany über die Vorteile des Interim-Managements auch für mittelständische Unternehmen und die Wachstumspläne seiner Firma.

Unternehmeredition: Was sind aus Ihrer Erfahrung heraus für einen (mittelständischen) Unternehmer passende Anlässe, um mit einem Interim-Manager zu arbeiten?

Dr. Thomas Schneider: Es gibt unterschiedlichste Anlässe für den Einsatz von Interim-Managern. Wir kümmern uns um Themen, die dem Unternehmer nachts den Schlaf rauben. Ich verstehe uns als eine Art aktiver Schmerztherapeut. Wir wissen von unseren Kunden, dass die Erkenntnis eines Problems im Prinzip vorhanden ist, dass es aber an der Kapazität oder dem Wissen für die Umsetzung fehlt. Oder es sind nicht die richtigen Leute für die Umsetzung im Unternehmen vorhanden. Wir können die Themen schnell und effektiv umsetzen – zusammen mit dem Management und den Mitarbeitern. Geschwindigkeit ist ein wichtiges Stichwort, denn inzwischen geschehen die Veränderungen so schnell, dass das Know-how im eigenen Unternehmen nicht immer ausreicht, um die notwendigen Anpassungen vorzunehmen. Interim-Manager mit einem entsprechenden Fachwissen und der notwendigen Expertise können zügige Umsetzung der notwendigen Maßnahmen ermöglichen.

Stellen Sie sich als Beispiel vor, dass eine Firma in die USA expandieren möchte. Das kann man natürlich selbst versuchen und macht dabei im Zweifel die gleichen Fehler, die dutzende andere Firmen vorher auch schon gemacht haben. Oder man arbeitet mit einem branchenerfahrenen Interim-Manager zusammen, der die Abläufe kennt, der Fehler vermeidet und der die Umsetzung erheblich beschleunigt.

Sind Interim-Manager auch eine mögliche Antwort auf den wachsenden Fachkräftemangel?

Die Entwicklung kann sicher in die entsprechende Richtung gehen. Denn die Boomer gehen langsam in Rente und damit verlieren die Unternehmen auch immer mehr Führungskräfte und Spezialisten. Insofern rechne ich auch hier mit einem wachsenden Bedarf. Es geht uns bei den Einsätzen allerdings weniger um das kurzfristige Schließen einer personellen Lücke – also den Eins-zu-eins-Ersatz. Das ist eher der Ansatz der klassischen Zeitarbeit. Wir schauen uns mit dem erfahrenen Auge von Fachleuten die Prozesse an und kümmern uns dann um Anpassungen im System und in den Abläufen.

Wie ist der typische Ablauf bei der Beauftragung eines Interim-Managers?

Am Beginn der Zusammenarbeit geht es um einen Austausch über die strategischen Vorhaben des Unternehmens. Welche Dinge laufen in diesem Bereich gut und wo gibt es eventuell Optimierungsbedarf? In diesem Briefing-Gespräch hinterfragen wir die Aussagen des Unternehmens aber auch auf der Basis unserer jeweiligen Branchenerfahrung und der Kenntnis über Prozesse. Wir erfragen auch die individuellen Hintergründe der Firma und beschränken uns nicht auf klassische Branchen-Benchmarks. Nach unserer Erfahrung hat jedes Unternehmen seine eigene DNA und muss entsprechend behandelt werden. Auf der Basis der gesammelten Informationen machen wir dann Vorschläge für geeignete Kandidaten meist zwei oder drei. Wir achten dabei nicht nur auf Fachkenntnisse und Branchenerfahrung, sondern berücksichtigen auch Soft-Skills, damit der Interim-Manager nicht als Fremdkörper im Unternehmen wirkt.

Rein organisatorisch ist der Ablauf dann, dass wir jeweils mit dem Unternehmer und dem Interim-Manager einen Vertrag abschließen. Es gibt also eine Art Dreiecks-Beziehung. Wir führen dann zu dritt regelmäßige Statusgespräche durch, bei denen wir auch unsere eigenen Interim-Manager entsprechend challengen, um sicherzustellen, dass die Prozesse gut im Sinne des Unternehmens laufen. Es gibt also seitens EIM eine fortwährende Qualitätssicherung. Wir nennen das “Counselling”.

Inzwischen gibt es auch eine wachsende Nachfrage nach dem sogenannten Fractional Executive. Hinter diesem Begriff verbirgt sich das Modell, dass ein spezialisierter Interim-Manager nur tageweise in einem Unternehmen aktiv ist. Eine solche Lösung eignet sich dann auch für kleinere Unternehmen oder für Start-ups.

Welche Fehler sollte ein Unternehmer vermeiden? Worauf sollte er achten?

Ein typischer Fehler eines Unternehmers ist, dass er die Suche nach einem Interim-Manager selbst übernimmt oder die Personalabteilung damit beauftragt. Nach unseren Erfahrungen kommen dabei keine zufriedenstellenden Ergebnisse heraus, denn gute und vor allem passgenaue Interim-Manager bringen bestimmte Skills mit, die der Unternehmer aufgrund mangelnder Erfahrung gar nicht abfragt. Es gibt ein eigenständiges Berufsbild des Interim-Managers, um die besonderen Aufgabenstellungen auch meistern zu können. Ein weiterer Fehler besteht darin, dass die Unternehmensleitung nicht hinter den gemeinsam erarbeiteten Lösungen steht. Wenn bei der dann notwendigen Umsetzung nicht die Rückendeckung aus dem obersten Management vorhanden ist, da können die besten Vorhaben scheitern. Der Unternehmer muss die Bereitschaft zeigen, zuzuhören und Änderungen vorzunehmen. Diese Unterstützung sicherzustellen ist die Aufgabe von EIM.

Eignen sich Interim-Manager auch im Falle einer geplanten Unternehmensnachfolge?

Ein solcher Fall ist auch gut vorstellbar – aber in unserer Erfahrung kommt es eher selten vor. Trotzdem ist zum Beispiel denkbar, dass ein Interim-Manager den Übergang begleitet und den Nachfolger des Unternehmensinhabers kontinuierlich coacht und mit ihm gemeinsam Projekte abwickelt. Genauso ist es möglich, dass der Interim-Manager in einer gewissen Übergangsphase die Funktion der Geschäftsführung übernimmt, bis sich der Nachfolger richtig eingearbeitet hat.

Sie haben in diesem Jahr den Interim-Management-Anbieter Magnalia-Group übernommen. Was waren dabei Ihre Beweggründe? Was versprechen Sie sich davon?

EIM ist als Gruppe in mehr als 30 Ländern aktiv. Uns ist es besonders wichtig, dass wir nahe am Kunden sein können, denn die „richtigen“ Gespräche laufen immer noch persönlich – quasi Auge in Auge – ab. Die Zahl der Remote-Gespräche hat spätestens seit Corona zugenommen, aber es ist trotzdem wichtig, dass man in der Nähe der Firmen ist. Wir haben uns vor einiger Zeit vorgenommen, dass wir als Gruppe einen nachhaltigen Expansionskurs einschlagen, der auch anorganisches Wachstum beinhaltet. Dank der Zusammenarbeit mit dem Private-Equity-Investor IdiCo verfügen wir über das notwendige Kapital und prozessuale Unterstützung, um entsprechende Akquisitionen neben unserem organischen Wachstum vornehmen zu können.

Magnalia wurde 2016 von Dr. Andreas Suter durch einen Zusammenschluss der Management Angels und GroNova gegründet. Die Firma ist ein großer und wichtiger Akteur in der DACH-Region. Mit mehr als 2.500 persönlich bekannten und hochqualifizierten Interim-Managern, Experten und Spezialisten bietet Magnalia eine breite Palette von Leistungen an. Für uns bietet der Zusammenschluss die Möglichkeit für eine noch stärkere Präsenz im deutschsprachigen Markt.

Welche Vorteile haben Ihre Kunden von diesem Zusammenschluss?

GroNova und die Management Angels gewinnen durch den Zusammenschluss mit EIM den Zugang zu internationalen Beratungsmandaten und erfahrenen Interim-Managern. Es ist also eine Win-win-Situation. Ein weiterer Vorteil für unsere Kunden besteht darin, dass wir bei den Kandidaten auf einen noch größeren Pool zugreifen können. Wir haben durch den Zusammenschluss die Chance, noch repräsentativer in der Kandidatenauswahl vorzugehen. Und durch die beiden neuen Standorte in Hamburg und Frankfurt decken wir jetzt ganz Deutschland mit unserem Netzwerk ab.

Aus welchen Branchen kommen Ihre Kunden?

Leger formuliert kann man sagen, dass wir eine Art „Management Uber“ sind. Wir verlassen uns in der Vermittlung auf die Kompetenz der Interim-Manager in den jeweiligen Branchen. Im Prinzip bieten wir unsere Leistungen in praktisch allen Bereichen mit Ausnahme des Core Banking an. Der Schwerpunkt liegt allerdings in den Segmenten Handel und Industrie.

Wie finden Sie die optimalen Kandidaten für Ihren Manager-Pool? Worauf achten Sie besonders?

Der optimale Interim-Manager ist ein absoluter Spezialist in seinem Segment mit einem begleitenden generalistischen Blick für die volle Wertschöpfungskette. Er muss mit seinem Profil, seinen Kenntnissen und seinem Auftreten in der Firma des Kunden sofort überzeugen. Ein Interim-Manager hat nur 100 Stunden Zeit zum Ankommen – dafür braucht es eine schnelle Auffassungsgabe. Weiterhin erwarten wir eine konsequente Dienstleistungsorientierung, denn die Kunden erwarten einen positiven Beitrag für ihre Firma.

Wir danken Ihnen für diese spannenden Einblicke!

Das Interview führte Alexander Görbing.


ZUR PERSON

Dr. Thomas Schneider ist Geschäftsführer der EIM Executive Interim Management GmbH. Er verfügt über operative und strategische Managementerfahrung in Marketing & Vertrieb, in der Restrukturierung und im internationalen Geschäftsaufbau für mittelständische Unternehmen. Seit vielen Jahren ist er erfolgreich im Interim-Management aktiv und kann auf ein umfangreiches Erfahrungswissen aus zahlreichen Projekten zurückgreifen. Zu seinen fachlichen Schwerpunkten gehören die Begleitung von Veränderungsprozessen (Change Management & Turnaround), Internationalisierung, weltweite Vertriebs- und Wachstumsstrategien sowie die Beratung von mittelständischen Unternehmen.

Autorenprofil

Als Redakteur der Unternehmeredition berichtet Alexander Görbing regelmäßig über Unternehmen und das Wirtschaftsgeschehen. Zu seinen Schwerpunkten gehören dabei Restrukturierungen, M&A-Prozesse, Finanzierungen sowie Tech-Startups.

Vorheriger ArtikelSuche nach Unternehmensnachfolger wird immer schwerer
Nächster ArtikelUnternehmerteam übernimmt Schallenkammer Magnetsysteme