„Auch die EU war lange ein sehr hart diskutiertes Projekt”

Die Diskussion um das Transatlantische Freihandelsabkommen (TTIP) wird auch von irrealen Ängsten und Vorurteilen beherrscht. Dr. Peter Neumann, Vorsitzender der Geschäftsführung des Spritzgussmaschinenherstellers Engel Austria, erkennt Parallelen zum Beitritt Österreichs in die Europäischen Union: Auch dieser Schritt war unter einigen Branchen sehr umstritten. Er fordert eine sachliche Diskussion und klare Informationen von der Politik.

Warum unterstützt ein mittelständisches Familienunternehmen wie Engel Austria TTIP?
Dr. Peter Neumann: Wenn wir uns in der EU wirtschaftlich nicht noch stärker mit dem großen Markt in Nordamerika verbinden und sowohl technisch als auch kommerziell Vereinfachungen erreichen, dann wird uns der asiatische Wirtschaftsraum, der in dieser Richtung teilweise schon heute viel weiter ist, überholen. Wir werden im Wettstreit mit den Asiaten unterliegen, wenn wir unser Inseldenken nicht aufgeben.

Die EU war lange auch ein sehr hart diskutiertes Projekt. Aber heute weiß man, dass die EU viel mehr Segen als Probleme gebracht hat – gerade auch für den Verbraucher in seinem täglichen Leben. Die Erweiterung dieses Raums durch TTIP ist noch einmal eine Dimension mehr.

Warum ist heute der Widerstand gegen die USA größer als seinerzeit gegen Frankreich, Italien oder England?
Unterschwellig ist es wohl die Angst vor dem Großen, Mächtigen dort jenseits des Atlantiks. Die Angst davor, etwas aufgezwungen zu bekommen. Diese Angst lähmt aber die Vernunft. Vielen ist es daher nicht möglich, sachlich mit TTIP umzugehen. Aber genau das ist es, was nötig ist: Alle Themen, gerade auch die strittigen, müssen ausführlich verhandelt werden. Da wird es auch ein paar Knackpunkte geben, aber im Grunde dient dieses Freihandelsabkommen mit den USA sehr wohl unserem Weiterkommen als erfolgreiche Wirtschaftsregion. Wenn wir uns jetzt abschotten und glauben, dass wir uns nicht auch dem mit diesem Abkommen natürlicherweise verbundenen stärkeren Wettbewerb stellen sollten, dann werden wir zurückfallen.

Warum versucht die Politik nicht, die Sorgen der Menschen zu zerstreuen?
Man muss der Politik klare Aussagen abverlangen, die auf fundierten wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhen. Die Politiker sind dazu da, dass sie der Bevölkerung reinen Wein einschenken und auch mögliche negative Seiten deutlich aussprechen. Und sie müssen versprechen, dass sie sich im Einzelfall auch dafür einsetzen, dort, wo keine Einigung erzielt werden kann, Ausnahmen zu ermöglichen. Danach aber müssen die Politiker, müssen die Regierungen Entscheidungen treffen. Da hilft es nichts, sein Fähnchen nach dem Wind zu richten, egal aus welcher Richtung der gerade kommt. Ganz nach dem Motto: Wir tun lieber nichts, denn das könnte uns da und dort ein paar Stimmen kosten.

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