„Uns Deutschen wäre ein Schiedsgericht oft lieber“

Ein Streitpunkt beim Thema TTIP sind Schiedsgerichte für den Investorenschutz. Amerikanische Unternehmen können damit ihr Recht auf Geschäftsabschluss durchsetzen, so die Befürchtung. Doch Schiedsgerichte würden genauso deutschen Unternehmen in den USA helfen. Und in Ländern, in denen kein Rechtsstaat herrscht, sind sie sowieso unabdingbar. Werkzeughersteller Bernd Supe-Dienes erklärt den Zusammenhang. 

Können die Verhandlungen zu TTIP denn noch Scheitern?

Das glaube ich nicht. Vor drei Jahren konnte man sich noch gar nicht vorstellen, dass wir einmal so weit kommen werden, wie wir schon sind. In dem Prozess hat sich eine spürbare Dynamik entwickelt. Beide Seiten müssten ein starkes Interesse daran haben, dass sie ein Abkommen zustande bringen. Ich sehe das ganz nüchtern. Wenn sich die asiatischen Länder immer weiter entwickeln und immer mehr Wohlstand erwerben, werden wir irgendwann abgemeldet sein. Wir haben nur dann eine Chance, an der Findung globaler Standards mitzuwirken, wenn wir einen großen Heimatmarkt haben. Diesen Markt könnten wir durch das transatlantische Freihandelsabkommen schaffen. Das gilt noch mehr für die Europäer als für die Amerikaner. Und erst recht für uns Deutsche, weil wir sehr stark auf den Export angewiesen sind. Man kann Dinge für den Export nur entwickeln, wenn man im Heimatmarkt die nötige Größe hat, damit sich die Entwicklungskosten amortisieren.

Welche Standards sind aus Ihrer Sicht besser, die europäischen oder die amerikanischen?

Nehmen wir als Beispiel die Umweltgesetzgebung. Wir in Deutschland haben mit den Umweltämtern ein sehr rigides System. Die Amerikaner haben das in ähnlicher Form auch. Es heißt eben anders und ist anders strukturiert. Die Nachdrücklichkeit und die Konsequenz, mit der Dinge umgesetzt werden, die einmal beschlossen wurden, die ist in den USA eher stärker als in weiten Teilen Europas.

Warum produzieren Sie in den USA?

Wir liefern in die USA, aber wir haben dort auch eine eigene Produktion. Die haben wir genau deshalb, weil die Systeme und Standards unterschiedlich sind, und wir auch auf dem amerikanischen Markt verkaufen wollen. Wenn wir TTIP bekommen, dann greift die volkswirtschaftliche Theorie der komparativen Vorteile noch stärker. Wenn man die Märkte zusammenführt, dann kann sich jedes Land, jeder Standort auf die Dinge konzentrieren, die dort am besten zu machen sind. Dadurch steigt die Wettbewerbsfähigkeit und gleichzeitig auch das Wohlstandsniveau.

Was sollte in dem geplanten Kapitel über kleine und mittlere Unternehmen stehen?

Ich möchte dafür plädieren, das Steuerrecht mittelstandsfreundlicher zu machen. Das ist schon in Deutschland ein kompliziertes Feld. Wenn es international wird, wird es schnell unüberschaubar. Wir müssen uns als Unternehmen nach immer komplizierteren Steuergesetzen richten. Man hat einfach keine Sicherheit, wie man das gestalten soll, um nicht in Schwierigkeiten zu kommen. Große Konzerne strengen in strittigen Fällen Vermittlungsverfahren an. Das ist für einen Mittelständler schlicht zu teuer. Die Kosten für den Steuerberater können dann schon mal den Streitwert übersteigen. Wir müssten im Außensteuerrecht so genannte Safe-Haven-Regelungen für geringe Geschäftsvolumina einführen. Für diese Fälle gibt es dann eine festgelegte Vorgehensweise, die nicht mehr einzelfallbezogen ist und die von keiner Steuerbehörde beanstandet werden kann. Dann fährt man als Unternehmen möglicherweise steuerlich nicht optimal, aber man hat Sicherheit.


Zur Person

Bernd Supe-Dienes ist Geschäftsführender Gesellschafter der Dienes Werke für Maschinenteile GmbH & Co. KG. Das Unternehmen aus dem bergischen Overath stellt industrielle Schneidwerkzeuge und –systeme her. www.dienes.de

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