Rückbeteiligung als Nachfolgelösung

Als Gesellschafter weiter am Erfolg des Unternehmens partizipieren

© Dilok_AdobeStock

Die Motivation aus dem Mittelstand heraus, mit Private-Equity-Investoren zusammenzuarbeiten, war nie größer. So gab es 2022 mit 43 Transaktionen zwar weniger als im Vorjahr, doch der Trend ist ungebrochen positiv, denn dieses Niveau liegt über dem Zehnjahresdurchschnitt von 39 MBOs pro Jahr. Zudem waren davon mehr als 60% Gründer oder Familien – die sich zunehmend mit dem Thema Nachfolge und Rückbeteiligung beschäftigen. VON THOMAS WEBER

Die Rückbeteiligung des Verkäufers ist nicht nur in herausfordernden Zeiten ein adäquates Mittel zum Ausgleich abweichender Kaufpreisvorstellungen der Parteien. So erfreuen sich Private-Equity-Transaktionen, bei denen der Investor dem Verkäufer Rückbeteiligungsmöglichkeiten einräumt, wachsender Beliebtheit und können bei richtiger Strukturierung von großem Interesse sein. Bei einer Rückbeteiligung veräußert der Gesellschafter seine Unternehmensanteile an eine Private-Equity-Gesellschaft und reinvestiert über eine vom Finanzinvestor etablierte Erwerbsgesellschaft (NewCo) einen Teil des Verkaufserlöses. Dabei kann der Verkäufer den Großteil des im Unternehmen gebundenen Vermögens in Liquidität umwandeln und damit die eigene Vermögensstruktur diversifizieren. Dies ist im Hinblick auf eine mögliche Altersabsicherung gerade in diesen Zeiten besonders interessant. Die Motivation zu einer Rückbeteiligung kann unter anderem in unvorhersehbaren Herausforderungen durch geopolitische und/oder makroökonomische Umstände liegen – diese können die Aussagekraft von Marktprojektionen verwässern, woraus sich divergierende Unternehmensbewertungen von Umständen und Käufer ableiten. Somit ergibt sich im Modell der Rückbeteiligung die Situation, in der der Investor einen realistischen Kaufpreis zahlt und der Verkäufer nach wie vor die Möglichkeit hat, an der Entwicklung des Unternehmens zu partizipieren und seine Projektionen mitzugestalten. Somit nähert sich der Verkäufer seiner Kaufpreiserwartung. Im Gegensatz zu anderen Instrumenten zum Ausgleich von Kaufpreisdiskrepanzen wie Earn-out-Klauseln, stellt die Rückbeteiligung Interessengleichheit zwischen dem Investor und dem Altgesellschafter sicher. Die Beteiligung erfolgt – pari passu – zu gleichen Konditionen; ergo tragen beide Parteien gemäß ihren Anteilen die unternehmerischen Chancen und Herausforderungen. Zudem profitiert der Investor insofern, als der Verkäufer Teil des Managements und/oder Beirats bleibt und bis zur Gesamtveräußerung aktiv an der Weiterentwicklung des Unternehmens beteiligt ist.

Vielfältige Gestaltungsmöglichkeiten

Je nach Präferenz des Altgesellschafters lässt sich die Rückbeteiligung unterschiedlich strukturieren. So sind festverzinsliche Verkäuferdarlehen, bei denen der Verkäufer dem Käufer den Kaufpreis ganz oder teilweise stundet, eine Option. „Wir können sehr genau auf die individuellen Anforderungen des Verkäufers eingehen und bieten breitgefächerte Möglichkeiten an − von festverzinsten Darlehen bis hin zu Eigenkapitalbeteiligungen“, sagt Linda Hoegener Schinwald, Investment Director, Deutsche Beteiligungs AG (DBAG).

Rückbeteiligungen im Portfolio der Deutschen Beteiligungs AG

Insbesondere aufgrund der mannigfaltigen Möglichkeiten sind Rückbeteiligungen ideal und bieten sich für verschiedene Situationen an.

Die DBAG hat in den vergangenen zwei Jahren, teilweise aus der eigenen Bilanz und teilweise an der Seite ihrer Fonds, in zehn mittelständische Unternehmen investiert; fünf davon waren zuvor in Familienbesitz oder in Gründerhand. Bei einigen dieser Unternehmen haben sich die ehemaligen Gesellschafter rückbeteiligt. Beispiele dafür sind die Unternehmensbeteiligungen an freiheit.com, akquinet und in-tech. Letztere ist ein stark wachsendes Technologieunternehmen für Ingenieursdienstleistungen und Software. Das Unternehmen wies in den letzten fünf Jahren durchschnittliche Umsatzwachstumsraten von 13% aus – und das bei ausgezeichneten Marktprojektionen. Diese werden getrieben durch Makrotrends wie dem „Software-defined Vehicle“, autonomes Fahren, Elektrifizierung sowie „Shared Mobility“. in-tech wurde 2002 von Christian Wagner und Bastian Friedrich gegründet – direkt nach dem Studium. Zu einem späteren Zeitpunkt in der Unternehmensentwicklung holte sich das Management einen Partner mit an Bord, der das Wachstum mittels Internationalisierung unterstützen sollte. Relativ schnell erkannte das Management jedoch, dass diese Aufstellung die potenzielle Entwicklung des Unternehmens limitiert. Dies führte zur Entscheidung, sich strategisch neu aufzustellen und gemeinsam mit einem starken Finanzinvestor das Unternehmen weiterzuentwickeln. Dazu gehörte auch ein neuer Gesellschafter, den in-tech im März 2022 in der DBAG gefunden hat. Zu den bisherigen Maßnahmen gehörte unsere proprietäre Buy-and-Build-Strategie, die den Kernhebel zur Wertsteigerung darstellt. Dank der umfangreichen M&A-Erfahrung der DBAG kann in-tech dabei unterstützt werden, Kompetenzen und Kundenbasis auszubauen. Den Auftakt dazu bildet die Akquisition von Ruetz Systems Solutions, einem Dienstleister von Engineering Services, Testlaborlösungen und Kompetenz rund um die Datenübertragung im Auto. Zudem konnte durch Standorterweiterungen dazu beigetragen werden, die Kundendifferenzierung zu steigern sowie die Herausforderungen aus dem Fachkräftemangel abzufedern. Somit liegt der Fokus auf der strategischen Weiterentwicklung der Dienstleistungen von in-tech. Diese werden unterstützt und mitgetragen von einem eigens installierten Beirat, der Teil einer modifizierten Governance-Struktur ist.

CEO Wagner kommentiert: „Die Deutsche Beteiligungs AG begleitet uns seit ihrem Einstieg sehr partnerschaftlich und hat vom ersten Moment erkannt, wie sich die in-tech durch ihre breit gefächerte technologische Kompetenz auszeichnet, und auch das immense Potenzial, das in unserem Sektor steckt – zweistellige Wachstumsraten pro Jahr sind heutzutage eine Hausnummer. Wir identifizieren uns sehr stark mit unseren Kunden und gestalten gemeinsam mit ihnen den digitalen Transformationsprozess auf dem Weg hin zu Schlüsseltechnologien wie dem Software-defined Vehicle, autonomem Fahren und Mobility Services. Insofern blicken wir, getreu unserem Motto ‚Moving the future‘, sehr zuversichtlich in die Zukunft und profitieren von der Expertise der DBAG, die einen der Stützpfeiler für unser weiteres Wachstum darstellt.“

Eine Win-win-win-Situation

Ein weiteres Beispiel: Die Gründer eines Technologieunternehmens aus dem DBAG-Portfolio haben ihr Unternehmen veräußert, um mit Unterstützung der DBAG und Zuhilfenahme einer Buy-and-Build-Strategie schneller zu wachsen. Die Gründer haben reinvestiert und gestalten als Geschäftsführer die Entwicklung weiter. In einem anderen Fall haben die Gründer in Vorbereitung ihrer Nachfolge ihr Unternehmen an die DBAG verkauft und reinvestiert, eine Gruppe Führungskräfte hat sich ebenfalls beteiligt.

FAZIT

Mittels der Rückbeteiligung werden demnach alle Parteien berücksichtigt: Unternehmer, Management und Investor. Und alle verfolgen das gleiche Ziel – eine nachhaltige Wertsteigerung, von der alle profitieren.

Autorenprofil
Thomas Weber

Thomas Weber ist Managing Director der Deutschen Beteiligungs AG.

Vorheriger ArtikelLars Möreke übernimmt Co-Geschäftsführung von Bayern Kapital
Nächster ArtikelUnternehmensnachfolge: „Es gibt keinen ‚Tag X‘ für den Start