Noch nicht über den Berg

Keine Abschlüsse mehr ohne Hermes-Bürgschaft

Und was können Unternehmen jetzt tun – außer auf eine Einigung in der Politik zu hoffen? Meine Empfehlung lautet: Abwarten und die aktuellen Geschäftsbestände sichern. Anstehende Entscheidungen zum Beispiel über Investitionen in Russland und der Ukraine sollten Verantwortliche in Unternehmen nach Möglichkeit zeitlich flexibler handhaben als geplant und zunächst keine neuen großvolumigen Investitionen tätigen. Wichtig: Abschlüsse in der Pipeline sollten nur noch mit Hermes-Bürgschaft erfolgen. Und neue Vertriebswege zu eröffnen oder Kampagnen zu starten, ist derzeit nicht sinnvoll, weil die erhofften positiven Effekte, so sie denn angesichts der Unsicherheit auf beiden Seiten überhaupt eintreten, eher langfristig wirken.

Weitere kurzfristige Maßnahmen bieten sich an: Wer Geschäft in Russland über Banken vor Ort finanziert hat, sollte Möglichkeiten der Umschuldung in Anspruch nehmen. Denkbar wäre eine Umschuldung mit Hilfe westlicher Banken, idealerweise im Rahmen von bestehenden Finanzierungsvereinbarungen der deutschen Muttergesellschaft. Hierbei sind häufig signifikante Zinsunterschiede zu erreichen. Denn die Kreditzinsen für Unternehmen in Russland sind bereits stark gestiegen und können weiter steigen – schon heute verlangen die Banken von ausländischen Unternehmen zweistellige Werte. Das Ende der Fahnenstange ist hier vermutlich noch nicht erreicht.

Fazit

Grund zur Panik besteht allerdings schon aus geschäftlicher Notwendigkeit nicht. Unternehmen sollten im Land bleiben, das bestehende Geschäft nicht komplett zurückfahren und den Markt weiter sondieren. Wer kann, sollte die Mitarbeiter halten. Denn sobald sich Lockerungen der Sanktionen abzeichnen, tun Unternehmen gut daran, vor Ort und handlungsfähig zu sein. Denn auch wenn das Verhältnis zwischen der EU und Russland derzeit wenig partnerschaftlich wirkt: Sobald die politischen Differenzen vom Tisch sind, zieht das Geschäft wieder an. Wer dann schnell vor Ort agieren kann, sichert sich wichtige Wettbewerbsvorteile.


Zur Person

KPMG Schenk_ChristophChristoph Schenk ist Partner und Länderspezialist für Russland bei der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft KPMG. Er betreut DAX- und andere Unternehmen vor allem aus der Industrie und der Chemiebranche und hat beruflich viele Jahre im Ausland – vor allem in den USA und Russland – verbracht. www.kpmg.com

Autorenprofil

Christoph Schenk ist Partner und Länderspezialist für Russland bei der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft KPMG. Er betreut DAX- und andere Unternehmen vor allem aus der Industrie und der Chemiebranche und hat beruflich viele Jahre im Ausland – vor allem in den USA und Russland – verbracht.

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