Nicht jede Mode mitmachen

Vielen mittelständischen Modeherstellern und Textilhändlern geht es schlecht. Die Gründe dafür unterscheiden sich, doch einen gemeinsamen Konkurrenten haben alle: internationale Ketten, die den Markt mit Billigware überschwemmen. Ein Krisenbericht aus der deutschen Modebranche.

Die Strategie erfolgreicher Labels

Auch die angeschlagenen Hersteller müssen sich etwas einfallen lassen. So plant Roeckl, sich unabhängiger von kalten Wintern zu machen, und will das Geschäft mit Tüchern, Taschen und Sandalen ausbauen. Der Neustart dürfte ihnen nur dann gelingen, wenn sie sich von Wettbewerbern abgrenzen können, glaubt Modeprofessor Schmies. „Die Mode ist ein brutal gesättigter Markt, in dem man schon ein gewisses Extra bei Produkt oder Service bieten muss“, sagt er.

Storen von Marc Cain in Leipzig: Musterschüler des Wandels. (© Marc Cain GmbH)
Storen von Marc Cain in Leipzig: Musterschüler des Wandels. (© Marc Cain GmbH)

Ein Unternehmen, das den schmalen Grat zwischen Massentauglichkeit und dem Extravaganten zu meistern scheint, ist der Damenmodehersteller Marc Cain. Fragt man Experten nach den Musterschülern der deutschen Modeindustrie, fällt immer wieder der Name des Labels aus dem schwäbischen Bodelshausen. Marc Cain macht Mode im höheren Preissegment, die weiße Bluse kostet knapp 150 Euro, das gestreifte Etuikleid fast 200 Euro. Marc Cain gelinge es, „eine zielgruppengerecht modische Aussage zu treffen, ohne übermäßig hip zu sein“, sagt Modeprofessor Schmies. Seine potenziellen Kundinnen spricht Marc Cain nicht nur über die eigenen Läden und Multibrands an, sondern auch über Bloggerinnen und verschiedene soziale Netzwerke. Zum Muttertag veröffentlichte das Label auf Instagram Bilder zweier Models in Marc-Cain-Kleidung – Mutter und Tochter. Man wolle sich „nicht an eine Frau bestimmten Alters, sondern an die selbstbewusste, offene und neugierige Frau von heute“ richten, heißt es beim Unternehmen.

Für Thomas Rasch, den Hauptgeschäftsführer des Branchenverbands German Fashion, sind Marc Cain und andere erfolgreiche Mittelständler wie Roy Robson oder Digel Beispiele dafür, dass die deutsche Modebranche sich „nicht in einer Krise, sondern im Wandel“ befinde. Auch Unternehmensberater Prechtl gibt sich optimistisch: „Mittelständische Modeunternehmen, die ein klares Profil, eine saubere Marke und eine flexible Supply Chain haben, werden es schaffen“, ist er überzeugt. René Lezard, Roeckl, Wöhrl und Co. müssen jetzt den Beweis antreten, dass Not erfinderisch machen kann.

 

 

 

Autorenprofil

Felicitas Wilke ist Absolventin der Deutschen Journalistenschule und schreibt als Autorin für die Unternehmeredition.

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