Wirtschaftsprognosen: Lieferengpässe bremsen weiter

Aktuelle Wirtschaftsprognosen
© Naypong Studio, adobe_stock

Das deutsche verarbeitende Gewerbe litt auch im September unter den weitverbreiteten Lieferengpässen. Der IHS Markit Einkaufsmanagerindex rutschte im September den zweiten Monat in Folge merklich ab. Mit diesen nachdenklichen Nachrichten beginnen wir die Übersicht über aktuelle Wirtschaftsprognosen.

„Die seit Monaten andauernde beispiellose Materialknappheit hat die Produktion vieler Hersteller spürbar beeinträchtigt. Zunehmend sehen wir nun, dass sich diese Störungen in der Lieferkette nach oben arbeiten und sich in einer geringeren Nachfrage nach Vorleistungsgütern niederschlagen, da Aufträge entweder verschoben oder gleich ganz storniert werden“, sagt Phil Smith, Associate Director bei IHS Markit, zu den aktuellen Erhebungen. Die Lieferengpässe würden die Einkaufspreise immer weiter in die Höhe treiben, was den Druck auf die Unternehmen erhöht. Diese bremse das Wachstum insgesamt. Der Geschäftsausblick in der Industrie trübe sich zusehends ein, denn viele Hersteller hätten die Befürchtung, dass die Lieferengpässe bis ins nächste Jahr andauern werden.

Beschäftigung steigt

Die deutschen Unternehmen stellen immer mehr neue Mitarbeiter ein. Das ifo Beschäftigungsbarometer ist im September auf 104,3 Punkte gestiegen, von 103,6 Punkten im August. Dies sei der höchste Wert seit Oktober 2018.Maschinenbau und die Elektroindustrie planen nach ifo-Angaben, ihre Mitarbeiterzahl zu erhöhen. Auch bei den Dienstleistern  sei dieser Wert deutlich gestiegen. Im Handel sei die leicht positive Tendenz für Neustellungen nahezu unverändert geblieben – wie auch im Bauhauptgewerbe.

Verbraucherstimmung sinkt weiter

Die Stimmung unter Verbraucherinnen und Verbrauchern verschlechtert sich weiter – wenn auch nur geringfügig. Das ist das Ergebnis des aktuellen HDE-Konsumbarometers des Handelsverband Deutschland. Damit trübt sich der Index bereits den dritten Monat in Folge ein. Pessimistisch blicken die Verbraucherinnen und Verbraucher weiterhin auf die konjunkturelle Entwicklung und senken deshalb erneut ihre Erwartungen. Mit einem gesamtwirtschaftlichen Aufschwung wird nicht gerechnet. Auch die Einkommenserwartungen gehen etwas zurück. Die gute Nachricht ist, dass die Anschaffungsneigung der Verbraucher ansteigt. Das HDE-Konsumbarometer erscheint monatlich und basiert auf einer Umfrage unter 1.600 Personen.

Kurzarbeit geht langsamer zurück

Immer weniger Menschen sind nach Angaben des Münchener ifo-Instituts in Kurzarbeit. Allerdings habe sich der Rückgang im September verlangsamt. 610.000 Menschen waren noch in Kurzarbeit, nach 694.000 im August und 1,07 Mio. in Juli. „Die Autobranche und die Metallerzeugung haben die Kurzarbeit erhöht, offenbar wegen der Lieferprobleme bei Vorprodukten“, sagt ifo-Umfrageexperte Stefan Sauer. In der Autobranche stieg die Zahl von 26.000 auf 34.000. Die stärksten Rückgänge gab es im Gastgewerbe.

Mittelständisches Geschäftsklima im Abwärtstrend

Mit dem dritten Rückgang in Folge ist das Geschäftsklima unter den kleinen und mittleren Unternehmen in Deutschland auf einen Abwärtstrend eingeschwenkt. Das ergibt das aktuelle KfW-ifo-Mittelstandsbarometer. Vor allem durch eine markante Stimmungseintrübung im Verarbeitenden Gewerbe sei das mittelständische Geschäftsklima um 1,7 Zähler auf nur noch leicht überdurchschnittliche 5,3 Punkte gefallen. Vor allem Engpässe bei Materialien, Vorprodukten und Frachtkapazitäten würden die Produktion schon seit Monaten bremsen und könnten auch zunehmend den Handel belasten. Wann es angebotsseitig zu einer Besserung komme, sei aufgrund der Vielfalt der Störfaktoren nur schwer abzuschätzen.  „Alles in allem dürfte das gesamtwirtschaftliche Wachstum in den nächsten Monaten zwar abflachen, aber weiterhin positiv ausfallen. Mit der aufgestauten Nachfrage im Verarbeitenden Gewerbe gibt es außerdem Potenzial für einen Wachstumsschub, sobald sich die gegenwärtigen Angebotsengpässe graduell bessern“, heißt es in dem Bericht. Der Aufschwung werde damit dann auf den Beginn des kommenden Jahres vertagt.

Lage der Autoindustrie schlechter

Die Lage der deutschen Autohersteller und ihrer Zulieferer hat sich im September empfindlich abgekühlt. Der entsprechende Indexwert des Münchener ifo-Instituts stürzte von 32,0 auf 13,2 Punkte. „Aktuelle Zahlen zeigen, dass die Autobranche die am stärksten von Lieferengpässen mit Vorprodukten betroffene Branche ist“, sagt Oliver Falck, der Leiter des ifo Zentrums für Industrieökonomik und neue Technologien. Positive Impulse kämen aus dem Ausland, da sich die Exporterwartungen deutlich verbessern konnten. Die Situation im Inland bleibe hingegen kritisch, denn der Auftragsbestand sank und auch die Nachfrage sei erstmals seit Mai 2020 wieder rückläufig.

Autorenprofil

Als Redakteur der Unternehmeredition berichtet Alexander Görbing regelmäßig über Unternehmen und das Wirtschaftsgeschehen. Zu seinen Schwerpunkten gehören dabei Restrukturierungen, M&A-Prozesse, Finanzierungen sowie Tech-Startups.

Vorheriger ArtikelBayBG wird musikalisch
Nächster ArtikelMBGen: Regionale Finanzierungen für Gründer und Mittelständler