Konsortialfinanzierung – warum jetzt?

Fünf Gründe, darüber nachzudenken

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Obwohl sich syndizierte Kredite mittlerweile auch im Mittelstand etabliert haben und für viele Unternehmen die zentrale Ankerfinanzierung darstellen, verharren noch immer Vorbehalte gegen dieses Finanzierungsinstrument. Dabei bietet Konsortialfinanzierung nicht nur in volatilen Zeiten, sondern auch als Ba­sis für Wachstum zahlreiche Vorteile.

Überwiegend werden Vorbehalte damit begründet, dass durch den Zusammenschluss zu einem Konsortium der CFO einem Verhandlungsmonopol gegenübersteht, das angeblich Möglichkeiten zur Optimierung der Konditionen einschränkt. Eine umfangreichere Vertragsdokumentation als bei Standardkrediten führe zudem zu höheren Einmalkosten. Gerade in volatilen und kri­senbehafteten Zeiten jedoch bieten Kon­sortialkredite große Vorteile ge­genüber bilateralen Verträgen.

  1. Konsortialkredite verfügen über eine höhere Stabilität als bilaterale Kreditstrukturen

Wer bereits die typischen Mechanismen bilateraler Finanzierer in Krisenzeiten kennengelernt hat, schätzt die Schutzfunktion des Regelwerks syndizierter Kredite. Die Mehrheitsklausel in Konsortialkrediten kann entscheidend dazu beitragen, negativen Fliehkräften im Finanziererkreis vorzubeugen, wie dem „Windhundrennen“ der Linienrückführung und dem „Wettlauf“ nach freien Sicherheiten. Alle Kreditgeber sitzen im selben Boot, haben dieselben Rechte und erhalten dieselben Informationen. Damit besteht für Bankpartner kein Anreiz, als Erster zu handeln!

  1. Konsortialkredite ermöglichen längere Laufzeiten und erhöhen damit die Planungssicherheit

Gerade in turbulenten Zeiten stellt eine langfristig gesicherte Finanzierung einen nicht zu unterschätzenden Wettbewerbsvorteil dar. „Bis-auf- Weiteres-Kreditlinien“ bieten nur unzureichende Planungssicherheit. Im Zweifelsfall stehen diese gerade dann nicht mehr zur Verfügung, wenn sie am dringendsten benötigt werden. Übliche Laufzeiten bei syndizierten Darlehen liegen zwischen drei und fünf Jahren, häufig versehen mit zweimaliger Verlängerungsoption um jeweils ein Jahr.

  1. Konsortialkredite reduzieren die Komplexität und vereinfachen Lösungen, wenn man auf die Mitwirkung der Bankpartner angewiesen ist

Insbesondere Unternehmen mit einer historisch gewachsenen und stark fragmentierten bilateralen Finanzierungsarchitektur („Cocktail-Finanzierungen“) können eine hohe Komplexität aufweisen. Sind beispielsweise Kreditklauseln, Covenants und Sicherheiten nicht ausreichend aufeinander abgestimmt, kann dies erhebliche Risiken bergen. Der Konsortialvertrag schafft hier eine transparente und überschneidungsfreie Basis, die Mitwirkung der Finanzierungspartner (nicht nur in einer Krise) in einer geordneten, effizienten Form zu organisieren.

  1. Konsortialkredite stellen die Basis für eine Ausweitung des Finanzierungsvolumens dar

Steigt der Finanzierungsbedarf – sei es aufgrund von größeren CapEx-Projekten, Akquisitionen oder organischem Wachstum, zusätzlichem Working-Capital-Bedarf zur Sicherstellung der Lieferfähigkeit oder schlicht als strategische Liquiditätsreserve –, steigt in der Regel auch das Risiko. Konsortiale Strukturen vertragen aufgrund der oben genannten Stabilität (teils deutlich) höhere Kreditvolumina. Sollen zur Kreditausweitung auch neue Partner an Bord geholt werden, so ermöglichen standardisierte Verträge (zum Beispiel nach dem LMA-Standard) eine einfache und raschere Erweiterung des Bankenkreises.

  1. Konsortialkredite bringen Unternehmen in jeder Hinsicht in eine neue Dimension

Neben einer grundsätzlichen Erhöhung der möglichen Finanzierungsvolumina verzeichnen Unternehmen in der Folge des Abschlusses einer Konsortialfinanzierung zahlreiche positive Effekte: Unternehmen werden von anderen Finanzierungspartnern (etwa Factoringunternehmen, Kreditversicherern) positiver wahrgenommen und haben Zugang zu weiteren Finanzierungsquellen, die ihnen bisher nach Art und/oder Umfang bisher nicht zur Verfügung standen.

Ganz allgemein genießen Unternehmen mit einer Konsortialfinanzierung im Verhältnis zu ihren Geschäftspartnern (wie Lieferanten und Kunden) eine bessere Wahrnehmung, die sich insbesondere auch förderlich auf die Möglichkeiten am M&A-Markt auswirkt. Unternehmen mit Konsortialfinanzierung wird grundsätzlich eine professionelle Aufstellung ihrer Bankbeziehungen zugeschrieben. Bis diese Effekte ihre volle Wirkung entfalten, vergehen nach Abschluss der ersten Konsortialfinanzierung in der Regel ein paar Jahre, sodass sich eine frühzeitige Planung des ersten Konsortialkredits durchaus lohnt.

Welche Anforderungen müssen Debütanten erfüllen?

Das Kreditvolumen inklusive vorgehaltener Liquiditätsreserven sollte sich mindestens auf 20 Mio. bis 25 Mio. EUR belaufen. Nach oben kennen syndizierte Kredite keine Grenzen. Es gibt keine festen Bonitätsanforderungen für eine erstmalige Syndizierung. Etwaige Sicherheiten sind meist Verhandlungssache, gute Bonitäten können eine Besicherung in der Regel vermeiden. Unternehmen im Non-Investment-Grade-Bereich werden eine entsprechende Besicherung in der Regel akzeptieren müssen.

Worauf es bei der Umsetzung eines Konsortialkredits (wirklich) ankommt

Die Umsetzung einer Konsortialfinanzierung, insbesondere die erstmalige Syndizierung, ist nicht unbedingt „Tagesgeschäft“ und die Vorbereitung und Steuerung eines strukturierten Ausschreibungsprozesses sollte durch einen unabhängigen Berater gesteuert werden. Dies verringert die Verhandlungsmacht der Banken und gewährleistet die Optimierung der laufenden Kreditkonditionen und Einmalgebühren. Beim „Club Deal“ erfolgt die Konsortialfinanzierung mit einem eingeschränkten Bankenkreis. Häufig handelt es sich um die Haus- beziehungsweise Kernbanken des Unternehmens, gegebenenfalls ergänzt um einzelne weitere mögliche Bankpartner. Hierdurch können Zeit- und Kostenersparnisse realisiert werden.

Keine Angst vor den LMA-Verträgen!

Worauf es bei der juristischen Ausgestaltung des Konsortialvertrags ankommt:

  • Wenn Unternehmen den Prozess steuern, dann entwirft der Anwalt des Unternehmens den Vertrag, nicht die Banken! Es ist also steuerbar, was in den Erstentwurf kommt und was nicht.
  • Nicht in den Regeln spielt die Musik, sondern in den Ausnahmen! Banken „benötigen“ teilweise bestimmte Klauseln, sind aber weniger kritisch, weitreichende Ausnahmen zuzugestehen. Mit den richtigen Klauseln ist man dabei auf der sicheren Seite.
  • Ein Kreditvertrag muss so gestaltet sein, dass er unternehmerische Entscheidungen nicht einschränkt. Passende Formulierungen sorgen für weitgehende unternehmerische Freiheiten.
  • Finanzierungsreserven und Spielräume sollten für die künftige Entwicklung vorgesehen werden. Konsortialkredite mit meist fünfjährigen Laufzeiten decken eine relativ lange Phase in der Entwicklung eines Unternehmens ab – daher wird ein Vertrag benötigt, der diese künftigen Freiheiten heute schon berücksichtigt. Zusätzliche Flexibilität bietet das „Grower-Konzept“, bei dem Baskets und Grenzbeträge mit der Größe des Unternehmens wachsen.
  • Finanzkennzahlen müssen zum Geschäftsmodell passen. Wenn bankenseitig eine Finanzkennzahl verlangt wird, sollte diese so ausgestaltet sein, dass Unternehmen hinreichend Sicherheit haben, sie zu jedem Zeitpunkt einhalten zu können.

FAZIT

Konsortialfinanzierung bietet nicht nur in volatilen Zeiten, sondern auch als Basis für Wachstum zahlreiche Vorteile. Syndizierte Kredite ermöglichen Stabilität, längere Laufzeiten für Planungssicherheit, reduzieren Komplexität, erlauben eine Ausweitung des Finanzierungsvolumens und bringen Unternehmen in eine neue Dimension. Unternehmen profitieren von positiven Effekten wie besserer Wahrnehmung durch Geschäftspartner und Zugang zu weiteren Finanzierungsquellen. Für Debütanten gelten keine festen Bonitätsanforderungen, während die Umsetzung einer Konsortialfinanzierung sorgfältiger Planung bedarf.

Bei der juristischen Ausgestaltung sind die Steuerung des Prozesses durch das Unternehmen, angemessene Ausnahmen und Formulierungen, unternehmerische Freiheiten, zukünftige Entwicklung und passende Finanzkennzahlen wichtige Aspekte.

 

Der Beitrag ist in der Unternehmeredition-Magazinausgabe 2/2023 erschienen.

Autorenprofil
Dr. Martin Philipp Heuber

Dr. Martin Philipp Heuber LL.M. (London) ist Partner im Frankfurter Büro von Mayer Brown und leitet den Bereich Banking & Finance in Deutschland. Er berät Unternehmen zu allen Fragen des Bank- und Finanzrechts, insbesondere zu syndizierten Krediten.

Autorenprofil
Christian Groschupp

Christian Groschupp ist Partner der Dr. Wieselhuber & Partner GmbH und verantwortet den Bereich Debt & Capital Advisory sowie den Bereich Real Estate. Seine Schwerpunkte liegen in der Erarbeitung und Umsetzung von Finanzierungskonzepten mittelständischer Unternehmen sowie der Finanzberatung in Sonder- und Umbruchsituationen.

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