KfW-Mittelstandsbarometer stürzt ab

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Das Geschäftsklima der kleinen und mittleren Unternehmen stürzt im Juni regelrecht ab. Gegenüber dem Vormonat sinkt es fast so stark wie unmittelbar nach dem Gaslieferstopp im vergangenen September. Der zentrale Stimmungsindikator des KfW-ifo-Mittelstandsbarometers liegt nun deutlich unter der Linie, die den historischen Durchschnitt markiert. Mit Auflösung der Gefahr einer Energiekrise habe eine kleine „Erholungsrally“ in der deutschen Wirtschaft begonnen, doch nun seien die Erwartungen schon wieder im Sturzflug. Das Geschäftsklima der kleinen und mittleren Unternehmen ist nach der aktuellen Befragung der KfW branchenübergreifend rückläufig. Besonders groß falle das Minus im Juni aber beim Einzelhandel aus. Sowohl die zuletzt enttäuschende Konjunkturerholung in China als auch die von vielen erwartete technische Rezession in den USA trübe den Ausblick in vielen Industrieunternehmen ein. Hinzu kommen laut KfW in einigen Branchen Sorgen über die internationale Wettbewerbsfähigkeit. Auch bei den Großunternehmen rauscht nach der aktuellen Befragung die Stimmung in den Keller. Die Beurteilungen des Geschäftsklimas und die Geschäftserwartungen gehen hier ebenfalls besonders stark zurück. Die Entwicklung des KfW-ifo-Geschäftsklimas im Juni fügt sich ein in die Reihe der enttäuschenden Konjunkturdaten. Verflogen ist auf breiter Front der kurzzeitige Konjunkturoptimismus aus dem Frühjahr 2023. Stattdessen befindet sich nach Einschätzung der KfW die deutsche Wirtschaft gerade in einer Art Schwebezustand. Vor allem im Verarbeitenden Gewerbe würden die Stimmungsindikatoren inzwischen wieder sehr schwach ausfallen.

S&P: Aufschwung lässt nach

Der Dienstleistungssektor sorgte auch zum Ende des zweiten Quartals für positive Impulse im deutschen Wirtschaftsgeschehen. Laut den aktuellen Auswertungen der Wirtschaftsforscher von S&P Global wurde hier den sechsten Monat in Folge Wachstum verzeichnet. Der Aufwärtstrend habe sich allerdings verlangsamt und der jüngste Nachfrageschub hat sich abgeschwächt. Zudem trübte sich die Stimmung der Branchenakteure im Hinblick auf die Geschäftslage in den kommenden zwölf Monaten auf den bislang niedrigsten Wert seit Jahresbeginn ein. Die Neuaufträge hätten nur noch moderat zugenommen. Viele Umfrageteilnehmer begründeten dies mit den in Anbetracht der hohen Kosten knappen Kundenbudgets. Das Exportgeschäft ging ebenfalls leicht zurück, womit der dreimonatigen Wachstumsphase ein Ende gesetzt wurde. Dr. Cyrus de la Rubia, Chefvolkswirt der Hamburg Commercial Bank, kommentiert die aktuellen Umfrageergebnisse: „Die Entwicklung kommt nicht überraschend, hatte der Verlust an Dynamik in Frankreich, Italien und Spanien doch bereits einen Monat vorher eingesetzt. Zudem war davon auszugehen, dass die schon seit Mitte letzten Jahres rückläufige Nachfrage im Verarbeitenden Gewerbe irgendwann auch im Dienstleistungssektor ihre Spuren hinterlassen würde.“

Aufträge im Maschinenbau gehen zurück

Auch im Mai blieb der Auftragseingang im Maschinen- und Anlagenbau deutlich unter dem Niveau des Vorjahresmonats. Insgesamt sanken die Bestellungen nach Angaben des VDMA um real 10 Prozent. Die Nachfrage aus dem Ausland ging um 18 Prozent zurück, die Inlandsorders stiegen dagegen um 9 Prozent. „Ohne Großanlagengeschäft wäre es im Inland ebenfalls zu einem hohen Bestellrückgang gekommen. Der Abwärtstrend der vergangenen Monate hat sich also auch im Mai fortgesetzt“, erläutert VDMA-Chefvolkswirt Dr. Ralph Wiechers. „Unser Bild einer anhaltend schwachen globalen Investitionsnachfrage bestätigt sich. Noch sind die Auftragspolster für die kommenden Monate groß genug, aber es mehrt sich die Zahl der Unternehmen, die hier eine deutliche Veränderung spüren“, sagt Wiechers mit Blick auf die jüngste Blitz-Umfrage des Verbands. Bei mehr als der Hälfte der Unternehmen habe der Auftragsbestand in den letzten drei Monaten geringfügig oder sogar stark abgenommen.

Autorenprofil

Als Redakteur der Unternehmeredition berichtet Alexander Görbing regelmäßig über Unternehmen und das Wirtschaftsgeschehen. Zu seinen Schwerpunkten gehören dabei Restrukturierungen, M&A-Prozesse, Finanzierungen sowie Tech-Startups.

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