„Unsere Aufgabe ist es, Transparenz herzustellen“

Daten werden als Ressource immer wichtiger. Auch M&A-Prozesse können sie maßgeblich beeinflussen. Die Wirtschaftsprüfer Wilhelm Mickerts und Kristina Ganzen zeigen den Nutzen aggregierter Daten auf und erklären, warum eine Transaktion trotzdem immer noch vom Bauchgefühl abhängt.

Big Data ist erst seit ein paar Jahren Thema in der Wirtschaft. Wie offen gehen Unternehmen mit ihren Datenschätzen um?

Ganzen: Ja, es besteht eine gewisse Skepsis. Es geht ja schließlich um interne ERP-Daten. Wir versuchen, dies zu entschärfen, indem wir sagen, dass wir nur bestimmte Bereiche abgreifen und vor allem keine persönlichen Daten nutzen. Vertraulichkeit hat natürlich oberste Priorität. Wir stimmen mit den Zielunternehmen ab, auf welcher Ebene wir die Daten an die potenziellen Käufer weitergeben. Insbesondere ist das relevant, wenn es sich um im Wettbewerb stehende Unternehmen handelt. Hier spielen wir als Wirtschaftsprüfer eine Art Filterfunktion und präsentieren unsere Erkenntnisse deshalb in aggregierter Form, damit die Rohdaten vor Missbrauch geschützt sind.

Mickerts: …Und wenn wir einzelne Kundendaten mit Klarnamen aus den ERP-Daten ziehen, anonymisieren wir diese. Aus den Kunden Müller/Meier wird Kunde 4711/4712.

Gibt es denn auch einen praktischen Nutzen für den Verkäufer, wenn er die Daten zur Verfügung stellt?

Mickerts: Die gewünschten Kauf- bzw. Verkaufspreisvorstellungen passen am Anfang selten zusammen, das liegt in der Natur der Sache. Wenn der Käufer die entsprechenden Daten zur Verfügung hat und seine Investitionshypothese bestätigt sieht, wird er bereit sein, tendenziell einen höheren Preis zu zahlen. Als Verkäufer können Sie damit schwarz auf weiß die mit Fakten untermauerten Werttreiber ihres Unternehmens präsentieren. Unsere vorrangige Aufgabe ist es, Transparenz über das Zielunternehmen herzustellen.

Ganzen: Noch ein ganz praktischer Nutzen ergibt sich für das Management des Zielunternehmens. Wir fragen nicht nach einzelnen Auswertungen, sondern die generieren wir mit unserer Software automatisch. Wir brauchen lediglich die Rohdaten, diese können wir uns in ein paar Stunden ziehen. Damit wird das Management des Zielunternehmens im Verkaufsprozess entlastet.

Bei allen datenbasierten Analysen – wie wichtig ist das Bauchgefühl bei einer Transaktion heute noch?

Mickerts: Das Bauchgefühl sollte man nach wie vor nicht unterschätzen. Das eine ist die Transparenz durch Daten – objektiv, nüchtern, belastbar. Das Bauchgefühl bleibt aber die halbe Miete. Der Faktor Mensch und die handelnden Personen sind mindestens genauso wichtig wie die Daten.


Zu den Personen

Kristina Ganzen ist Senior Manager im Bereich Transaction Advisory Services am Standort Frankfurt von Warth & Klein Grant Thornton. Sie verfügt über mehr als zehn Jahre Berufserfahrung in der Transaktionsberatung.

Wilhelm Mickerts verantwortet als Partner der Warth & Klein Grant Thornton AG am Standort Frankfurt den Bereich Corporate Finance & Advisory Services. Er berät seit 20 Jahren Unternehmen wie Finanzinvestoren bei Kauf oder Verkauf von vorwiegend mittelständischen Unternehmen.

www.wkgt.com

 

Autorenprofil

Als Redakteur bei der Unternehmeredition leitet Volker Haaß die Online-Aktivitäten sowie die Sonderpublikationen der Plattform. Dazu gehört unter anderem die FuS – Zeitschrift für Familienunternehmen und Strategie.

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