Insolvenzen stagnieren weiter

Unternehmensinsolvenzen
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Die Zahl der beantragten Regelinsolvenzen in Deutschland ist nach vorläufigen Angaben des Statistischen Bundesamtes (Destatis) im Juli 2022 um 4,2 % im Vergleich zum Vormonat gesunken. Auch im Monat davor gab es einen Rückgang um fast acht Prozent. Gegenüber dem Vorjahr hingegen nahmen die Insolvenzen um 11,3% zu. Diese Zahl liegt aber weiterhin deutlich unterhalb der Fallzahlen früherer Jahre. Gegenüber 2020 liegt das Minus bei 14,7% und gegenüber 2019 sogar bei 27,3%.

Mitarbeitermangel als Insolvenzgrund

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Besondere Auswirkungen infolge der gestiegenen Energiepreise oder der Wirtschaftssanktionen unter dem Eindruck des Ukraine-Krieges sind in den Destatis-Zahlen nach Ansicht des des Berufsverbandes der Insolvenzverwalter und Sachwalter Deutschlands (VID) bisher nicht ablesbar „Auch wenn die Zahlen nicht dramatisch ansteigen, ändern sich die Ursachen von Insolvenzverfahren. Unsere Mitglieder berichten in diesen Tagen häufiger von Unternehmen, die aufgrund des Arbeitskräftemangels in die Insolvenz geraten sind. Das sind Unternehmen – insbesondere aus Gastronomie oder Hotellerie – die schon lange aktiv sind, aber einen Personalbedarf haben, der einfach nicht mehr zu decken ist“, erklärt Dr. Christoph Niering, Insolvenzverwalter und Vorsitzender des VID.

Neue Geschäftsmodelle gefragt

Diese Notlage von Unternehmen könne auch der Staat nicht abfedern. Unternehmen reagieren auf den Personalmangel üblicherweise mit einer Begrenzung ihrer Kapazitäten wie z.B. den zusätzlichen Ruhetag im Restaurant oder einem verkürzten Barbetrieb. Dies schlägt dann auf die Umsätze und Fixkosten durch und kann das Unternehmen schnell in die wirtschaftliche Schieflage bringen. Insolvenzen drohen. „Der Arbeitsmarkt hat sich in den letzten Jahren zu einem Arbeitnehmermarkt entwickelt. Man muss sich wahrscheinlich von Geschäftsmodellen verabschieden, die auf die freie Verfügbarkeit vieler preiswerter Arbeitskräfte setzen. Der demographische Wandel wird diese Entwicklung verstärken. Es ist wichtig, jetzt das Unternehmen zu transformieren und die Geschäftsgrundlage an die neue Situation anzupassen. Ein Wandel, der nur auf die Reduzierung der Kapazitäten setzt, ist in vielen Fällen zu kurz gedacht“, so der VID-Vorsitzende.

 

Autorenprofil

Als Redakteur der Unternehmeredition berichtet Alexander Görbing regelmäßig über Unternehmen und das Wirtschaftsgeschehen. Zu seinen Schwerpunkten gehören dabei Restrukturierungen, M&A-Prozesse, Finanzierungen sowie Tech-Startups.

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