Schlechte Stimmung auf dem Venture Capital-Markt

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Die Zinserhöhung durch die FED in den USA und Erwartungen über einen strafferen Kurs der EZB bei den Zinsen haben die Stimmung am deutschen Venture Capital-Markt im zweiten Quartal weiter auf Talfahrt geschickt. Bereits im ersten Quartal war das Geschäftsklima eingeknickt. Das German Venture Capital Barometer, das von der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) und dem Bundesverband deutscher Kapitalgesellschaften e.V. (BVK) für jedes Quartal ermittelt wird, wurde weiter auf Talfahrt geschickt. Dabei haben sich die Geschäftserwartungen noch stärker eingetrübt als die Geschäftslage. „Das VC-Geschäftsklima hat sich auch im zweiten Quartal 2022 weiter abgekühlt. Die Märkte haben sich von der Konsequenz und Stärke, mit der die FED die Zinswende nun durchzieht, überrascht gezeigt. Das hat Fundraising und Bewertungen auf dem VC-Markt unter Druck gesetzt. Solange die Inflationsraten hoch bleiben, kann es immer wieder zu Momenten kommen, in denen Zinsschritte der Notenbanken von den Erwartungen abweichen und zu Marktausschlägen führen. Die Unsicherheit im VC-Markt wird kurzfristig also hoch bleiben. Doch auch wenn sich die Unsicherheit legt, wird wohl das Dealvolumen hinter dem Ausnahmejahr 2021 zurückbleiben. Ein Absturz ist nach aktuellem Kenntnisstand aber auch unwahrscheinlich“, sagt Dr. Fritzi Köhler-Geib, Chefvolkswirtin der KfW, zu den aktuellen Zahlen.

Günstigere Einstiegsgelegenheiten

Die Reaktion der Notenbanken hat nach KfW-Angaben bereits an den öffentlichen Märkten den Kursen von Technologieaktien einen weiteren Dämpfer versetzt. Die fallenden Kurse würden sich nach und nach auch in den Bewertungen neuer Finanzierungsrunden an den privaten Beteiligungsmärkten widerspiegeln. Der Stimmungsindikator zum Wertberichtigungsdruck verliere entsprechend deutlich. Die sinkenden Unternehmensbewertungen führen andererseits dazu, dass sich wieder günstigere Einstiegsgelegenheiten bieten.

Ulrike Hinrichs, Foto: BVK

„Die Fortsetzung der Stimmungsabkühlung kam nicht unerwartet angesichts der wirtschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen. Erfreulicherweise ist die trübere Stimmung der VCs nicht ebenso abrupt auf deren Investitionstätigkeit durchgeschlagen. Die Investitionen zeigten sich im ersten Halbjahr robust. Durch die erfolgreichen Fundraising-Jahre 2020 und 2021 stehen den Gesellschaften noch erhebliche Mittel zur Verfügung, um bestehende Beteiligungen durch die aktuell schwierige Zeit zu bringen aber auch, um die sich aktuell bietenden Chancen zu nutzen. Sorgen bereitet vielmehr der Blick auf die Exit-Situation. Erfolgreiche Verkäufe zu attraktiven Bewertungen dürften im aktuellen Umfeld schwierig sein“, ergänzt Ulrike Hinrichs, geschäftsführendes Vorstandsmitglied des BVK.

Autorenprofil

Als Redakteur der Unternehmeredition berichtet Alexander Görbing regelmäßig über Unternehmen und das Wirtschaftsgeschehen. Zu seinen Schwerpunkten gehören dabei Restrukturierungen, M&A-Prozesse, Finanzierungen sowie Tech-Startups.

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