Ifo kappt die eigene Prognose

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Das Münchener ifo Institut hat seine Wachstumsprognose für 2024 gekappt auf 0,7% von 0,9%, die es noch Mitte Dezember vorhergesagt hatte. „Mit dem nun im Haushaltsausschuss vereinbarten Bundeshaushalt wurden nach unserer Schätzung zusätzliche Einsparungen in Höhe von knapp 19 Mrd. EUR beschlossen“, sagt ifo-Konjunkturchef Timo Wollmershäuser. „Unternehmen und Haushalte werden mehr belastet oder weniger entlastet, und die Staatsausgaben werden gekürzt. Der gesamte Umfang entspricht damit in etwa dem, was wir im Dezember in unserem Risikoszenario für 2024 geschätzt hatten. Auch die konjunkturellen Auswirkungen dürften sich in dieser Größenordnung bewegen.“ Da zum Zeitpunkt der Erstellung der ifo Konjunkturprognose im Dezember völlig unklar war, in welchem Umfang Ausgaben gekürzt beziehungsweise Abgaben erhöht werden, hat das ifo Institut nun eine Korrektur vorgenommen.

Geschäftsklima sinkt

Die Stimmung unter den Unternehmen hat sich zu Jahresbeginn weiter verschlechtert. Der ifo Geschäftsklimaindex ist im Januar gefallen. Die Unternehmen würden ihre aktuelle Lage schlechter beurteilten. Auch die Erwartungen für die kommenden Monate fielen nach Ansicht der ifo-Experten erneut pessimistischer aus. „Die deutsche Wirtschaft steckt in der Rezession fest“, erklärt dazu Clemens Fuest, Präsident des ifo-Instituts. Im verarbeitenden Gewerbe gehe der Auftragsbestand weiter zurück und auch die Kapazitätsauslastung gab nach.

Im Dienstleistungssektor hat sich laut ifo das Geschäftsklima deutlich eingetrübt. Dies sei insbesondere auf eine merklich schlechtere Einschätzung zur aktuellen Lage zurückzuführen. Die Händler zeigten sich weniger zufrieden mit den laufenden Geschäften. Auch ihre Erwartungen verschlechterten sich. Das gelte  sowohl für den Groß- als auch für den Einzelhandel.

Kreditnachfrage geht zurück

Auch zum Jahresende 2023 blieb die Kreditnachfrage der Unternehmen in Deutschland schwach. Das dritte Jahr in Folge verhandelten unterdurchschnittlich wenige Unternehmen mit ihrer Bank über ein Darlehen. Die hohen Finanzierungskosten aufgrund der restriktiven Geldpolitik sind laut der jüngsten Umfrage der Bundesbank weiterhin der Hauptgrund für die Nachfrageflaute. Jedoch hat nach Angaben der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) das Kreditinteresse trotz der über die letzten Monate historisch stark gestiegenen Kreditzinsen keine zusätzlichen Einbußen erfahren – die Kreditnachfrage bleibe demnach auf niedrigem Niveau stabil. Der Anteil der Großunternehmen, die Kreditverhandlungen mit ihrer Bank führten, stagnierte zum Vorquartal. Bei den kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) sank der Anteil nach der leichten Erholung im Frühjahr leicht ab. Das Kreditvolumen sank im dritten Quartal insgesamt um rund 15%. Über die Wirtschaftsbereiche hinweg fällt laut KfW die Bewertung der Kredithürden unterschiedlich aus. Im Verarbeitenden Gewerbe und im Bauhauptgewerbe meldeten die Unternehmen über alle Unternehmensgrößen hinweg geringere Kredithürden als im Vorquartal. Bei den KMU im Großhandel setzt sich die seit Beginn des Jahres beobachtbare Zunahme der Restriktionen fort. Auch bei den Großunternehmen im Großhandel stieg die Kredithürde.

Exporterwartungen gefallen

Die Stimmung in der deutschen Exportindustrie hat sich eingetrübt. Die ifo Exporterwartungen sanken im Januar weiter ab. „Die deutsche Exportwirtschaft startet schlechter ins neue Jahr“, sagt Klaus Wohlrabe, Leiter der ifo Umfragen. „Die Exporteure brauchen neue Impulse.“ Weiterhin erwartet eine Mehrheit der Branchen, dass ihre Exporte zurückgehen. Dazu zählen insbesondere die Kernbranchen der Industrie, wie Automobilbau, Maschinenbau oder Elektrotechnik. Von rückläufigen Aufträgen aus dem Ausland berichten aber auch die Hersteller von Kunststoff- und Gummiwaren oder die Metallbranche. Dagegen erwarten Nahrungsmittelindustrie und Getränkehersteller einen Zuwachs bei den Exporten. Auch die Möbelproduzenten rechnen mit mehr Export-Umsatz.

Deutsche Wirtschaft verharrt im Rezessionsbereich

Die deutsche Wirtschaft verzeichnete auch im Januar einen Wachstumsrückgang und blieb damit den siebten Monat in Folge im Rezessionsbereich. Dies ergibt eine aktuelle, von S&P Global durchgeführte Umfrage. Die Nachfrage ging abermals verbreitet zurück, gleichzeitig hellten sich die Geschäftsaussichten binnen Jahresfrist leicht auf. Der Kostendruck blieb im Servicesektor hoch, was laut Umfrageteilnehmern auf die hohen Lohnforderungen zurückzuführen war. In der Industrie gingen die Einkaufspreise hingegen erneut zurück. Dass das Nachfrageumfeld schwierig blieb, verdeutlichte das neunte Minus beim Auftragseingang in Folge. Zurückzuführen war dies den Umfrageteilnehmern zufolge auf die Ausgabenzurückhaltung der Kunden, die hohen Finanzierungskosten und die geopolitische Unsicherheit. Dr. Cyrus de la Rubia, Chefökonom der Hamburg Commercial Bank, kommentiert: “Es ist ein schleppender Start in das neue Jahr. Die Aktivität im Dienstleistungssektor ist nicht nur den vierten Monat in Folge zurückgegangen, sondern der Abschwung hat sich auch noch beschleunigt. Im verarbeitenden Gewerbe, das sich den 19. Monat in Folge in der Rezession befindet, hat das Tempo des Abschwungs weiter nachgelassen. Unser BIP-Nowcast, der die PMI-Daten berücksichtigt, deutet jedoch auf eine Fortsetzung der Rezession im laufenden Quartal hin. Allerdings bestehen zu diesem frühen Zeitpunkt noch erhebliche Prognoseunsicherheiten.“

Autorenprofil

Als Redakteur der Unternehmeredition berichtet Alexander Görbing regelmäßig über Unternehmen und das Wirtschaftsgeschehen. Zu seinen Schwerpunkten gehören dabei Restrukturierungen, M&A-Prozesse, Finanzierungen sowie Tech-Startups.

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