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„Der Name Flixbus funktioniert“

Mit einem Marktanteil von 75 Prozent ist Flixbus der größte Anbieter von Fernbusreisen im deutschsprachigen Raum. Geschäftsführer Jochen Engert über die Finanzierung des Unternehmens, seine Wachstumsstrategie und neue Produkte. 

Unternehmeredition: Herr Engert, wann saßen Sie zuletzt in einem Ihrer Busse?

Engert: Erst kürzlich bin ich im Flixbus ab München zum Skifahren nach Österreich gefahren.

Flixbus startete im Februar 2013. Mussten Sie sich damals die Füße wund laufen, um Investoren zu gewinnen?

Das Füßewundlaufen hielt sich glücklicherweise in Grenzen. Klar mussten wir einen gewissen Aufwand betreiben, um die passenden Geldgeber zu finden. Zu der Zeit war zudem die Umsetzung des Geschäftsmodells aufgrund der gesetzlichen Reglementierungen noch unsicher. Relativ schnell war den Leuten, mit denen wir gesprochen haben, aber klar, dass es einen Markt für Fernbuslinien gibt und dass wir die Richtigen für den Einstieg sind. Wir führten eine Reihe von Gesprächen und fanden dann relativ zügig Partner, die zu uns passten.

Brachte Flixbus 2013 an den Start: Gründer und Geschäftsführer Jochen Engert. (© Flixmobility GmbH)

Wer war Ihr erster Unterstützer?

Unser erster Investor war Heinz Raufer, der Gründer von hotel.de. Dann kamen klassische Business Angels dazu. Auch Unternehmer aus der Busindustrie wurden auf uns aufmerksam. Im Mai 2013, drei Monate nach unserem Markteintritt, investierten dann ein VC-Fonds von Holtzbrinck, UnternehmerTUM und eine Tochter von Daimler.

Anfang 2015 kam dann der Merger zwischen Flixbus und Mein Fernbus, der sie zur Marktführerschaft hievte.

Mit dem Zusammenschluss von Deutschlands härtesten Konkurrenten hat in der Branche kaum jemand gerechnet. Entsprechend groß war die öffentliche Aufmerksamkeit. Im Zuge der Fusion kam auch der US-Investor General Atlantic für die Internationalisierung und das weitere Wachstum an Bord.

Dieses Doppelmarken-Konstrukt hielt gerade mal ein Jahr. Künftig fahren Kunden nur noch in grünen Bussen mit dem einheitlichen Namen Flixbus. Was waren die Gründe für den Markenwechsel?

Wir wollten einen international klaren und einprägsamen Markennamen, weil es Sinn macht, dass der Kunde ein einheitliches Markenerlebnis hat. Egal ob er in Paris, Wien, oder Hamburg zusteigt. Grün passt zu unserer Strategie, und der Name Flixbus funktioniert überall in Europa. Wir werden uns wie bisher als günstiges, bequemes und umweltfreundliches Verkehrsmittel positionieren.Mit einem Marktanteil von 75 Prozent ist Flixbus der größte Anbieter von Fernbusreisen im deutschsprachigen Raum. Geschäftsführer Jochen Engert über die Finanzierung des Unternehmens, seine Wachstumsstrategie und neue Produkte. 

Gewöhnt sich der Kunde erst mal an die günstigen Preise, ist er nicht bereit, mehr für eine Fahrt zu bezahlen. Wie kommen Sie aus diesem Dilemma?

Im Vergleich zu jedem anderen Verkehrsmittel wird der Bus immer das günstigste bleiben. Die Frage ist also eher: Wie viele Fahrgäste bekommt man in den Bus und zu welchem Durchschnittspreis können die Linien gefahren werden? Die Preise werden auch künftig nicht signifikant steigen. Unser ständiges Ziel ist daher die stetige Optimierung der Auslastung.

Wie viel Fahrgäste steigen denn bei Ihnen ein?

Im vergangenen Jahr haben wir insgesamt rund 20 Mio. Fahrgäste befördert. Dieses Jahr dürften es rund 30 Mio. werden. Nach wie vor gibt es diverse weiße

Klarer Name: Nach der Fusion fährt auch die Marke „Mein Fernbus“ unter „Flixbus“. (© Flixmobility GmbH)

Flecken auf der Landkarte. Vor allem auf kleineren und mittleren Strecken im Kernmarkt und international wollen wir wachsen. Es gibt noch genügend Routen, auf denen es keine Flugverbindungen gibt und das Schienennetz unzureichend ist. Wir versuchen, Knotenpunkte zu kombinieren. Das macht das Geschäft einerseits komplex. Andererseits bietet es die Möglichkeit einer größeren Abdeckung. Die kleineren Fernbusanbieter werden sich damit deutlich schwerer tun.

Im Markt ist eine Konsolidierung eingetreten. Mit Dein Bus, der Deutschen Bahn und dem Postbus haben Sie lediglich drei Konkurrenten. Wie geht es weiter?

In Deutschland haben wir einen Marktanteil von ca. 75 Prozent. Allein im deutschsprachigen Raum sind aktuell rund 700 Flixbusse unterwegs. Nicht vergessen darf man allerdings ausländische Anbieter, die etwa mit Megabus stark in Europa expandieren. Grundsätzlich haben wir immer Respekt vor neuen Konkurrenten. Permanent gibt es Gerüchte, dass jemand kommt oder geht. So bleibt es definitiv spannend.Mit einem Marktanteil von 75 Prozent ist Flixbus der größte Anbieter von Fernbusreisen im deutschsprachigen Raum. Geschäftsführer Jochen Engert über die Finanzierung des Unternehmens, seine Wachstumsstrategie und neue Produkte. 

Politische Reglementierungen sind Investoren ein Dorn im Auge. Immer wieder wird auch über die Einführung einer Maut gesprochen. Wie hart würde Sie diese treffen?

Natürlich schauen sich Investoren das regulatorische Umfeld an und fragen sich, ob es irgendwelche Hürden gibt. Allerdings bedeuten schwierigere Märkte auch einen gewissen Wettbewerbsschutz durch höhere Eintrittsbarrieren. Der Maut stehen wir kritisch gegenüber, da sich diese direkt auf unsere Produktionskosten auswirken würde.

Wachsen wollen Sie vor allem im Ausland. Wie kommen Sie voran?
Die Internationalisierung läuft sehr gut. Insgesamt sind wir aktuell in 17 Ländern aktiv. So sind wir etwa in Frankreich seit unserem Start Mitte 2015 mit einem nationalen Netz einer der dominierenden Anbieter. Ebenfalls sehr zufrieden sind wir mit dem Wachstum von „Flixbus Italia“. Hier konnten wir innerhalb weniger Monate ebenfalls ein starkes Angebot an Inlandslinien aufbauen.

Marktführer in Deutschland: Hierzulande hat Flixbus 700 Busse im Einsatz. In Frankreich gehören sie zu den Größten. (© Flixmobility GmbH)

Ihr enormes Wachstum bedarf hoher Investitionen. Wie stemmen Sie diese?

Wir fahren derzeit mit rund 1.000 Bussen. Die Investitionssumme in die Flotte beläuft sich auf mehr als 300 Mio. Euro. Jährlich kommen 200 bis 300 Busse dazu. Die Finanzierung der Flotte liegt allerdings bei den Partnern. Wir investieren in Technologie, Marketing, Service und Betrieb der Linien.

Wer sind diese Partner?

Klassische kleine und mittelgroße Busunternehmer, zum Teil Familienbetriebe in dritter Generation. Wir arbeiten quer durch Europa mit aktuell rund 250 Firmen. Unser typischer Partner hat zwischen 30 und 50 Fahrzeuge und ein Kerngeschäft im Reise- und Anmietverkehr oder im ÖPNV.

Und die tragen das komplette finanzielle Risiko?

Nicht ganz. Unsere Partner schaffen das Fahrzeug an. Je nach Typ kostet ein Bus zwischen 250.000 und 450.000 Euro. Das Auslastungsrisiko wird geteilt. Wir übernehmen eine Minimumgarantie an Fahrgästen und arbeiten nach einem Umsatzverteilungsmodell. Je besser eine Linie läuft, desto besser verdienen wir und der Partner. Das schafft gegenseitige Motivation und hat sich bewährt.

Wie sieht Ihr Finanzierungsmodell aus?

Fremdkapital spielt bei uns eine untergeordnete Rolle. Entsprechend unseren Finanzierungspartnern haben wir eine klassische Eigenkapitalfinanzierung. Aufgrund des starken Wachstums sehen wir diese aktuell als stabilste Form.Mit einem Marktanteil von 75 Prozent ist Flixbus der größte Anbieter von Fernbusreisen im deutschsprachigen Raum. Geschäftsführer Jochen Engert über die Finanzierung des Unternehmens, seine Wachstumsstrategie und neue Produkte. 

In welcher Hand liegen die Anteile von Flixbus?

Das Gründerteam und General Atlantic sind mit jeweils 35 Prozent die größten Anteilseigner. Dazu sind für uns Holtzbrinck und die Daimler-Tochter Moovel wichtige Partner. Der Rest verteilt sich primär auf Business Angels.

Noch arbeiten Sie nicht kostendeckend, auch aufgrund der Wachstumsstrategie. Wann soll sich das ändern?

Natürlich werden wir das Geschäft irgendwann profitabel betreiben. Daran arbeiten wir sehr hart und sind auf einem guten Weg. Im Kerngeschäft, dazu zählt neben dem DACH-Markt mittlerweile auch Frankreich und Italien, werden wir das zeitnah schaffen. In den reiferen Märkten sind wir auf einigen Strecken schon jetzt profitabel unterwegs.

Immer wieder ist auch ein Börsengang im Gespräch.

Aktuell fokussieren wir uns auf die Internationalisierung und weitere Expansion. Wir haben keinerlei Druck, uns über einen Exit Gedanken zu machen. Das Wachstumspotenzial ist riesig, und als nicht börsennotierte Firma haben wir viele Freiheiten. Unsere Partner sehen ihr Investment eher mittel- bis langfristig. Uns geht es jetzt vor allem darum, ein nachhaltiges und stabiles Geschäft aufzubauen.

Die Debatte um Flüchtlinge und vor allem die Grenzkontrollen dürften Ihren Fahrplan momentan etwas durcheinanderwirbeln.

Sicher ist das Thema Flüchtlinge bei uns aktuell sehr präsent. Vor allem, weil sie – wie viele andere auch – eine Möglichkeit zum günstigen Reisen suchen. In der Tat haben wir momentan mit Grenzkontrollen zu kämpfen, gerade an der deutsch-österreichischen Grenze und nach Skandinavien kommt es zu Wartezeiten. Auf grenzüberschreitenden Linien herrscht zudem Ausweispflicht, was den Check-in für unsere Fahrer nicht unbedingt erleichtert.

Was ist Ihre Strategie für die Zukunft?

Wir wollen noch mehr Leute in Europa dazu bringen, Fernbusse zu nutzen. Wir bieten mittlerweile auch Charter-Busse für Gruppen an. Für Online-Buchungen ist dieser Markt noch nicht erschlossen, dabei hat er ähnlich großes Potenzial wie der Linienverkehr. Eine Idee ist, ein Around-Europe-Ticket zu entwickeln. Zudem steht auch ein Vielfahrer-Programm auf der Agenda. Unser Ziel ist klar: Wir wollen Europas Straßen flächendeckend grün machen.


Zur Person

Jochen Engert (© privat)

Zusammen mit André Schwämmlein und Daniel Krauss ist Jochen Engert Geschäftsführer der FlixMobility GmbH. Sie gründeten die FlixBus GmbH 2011 in München. Mit rund 1.000 Bussen gehört das Unternehmen zu den Schwergewichten im Markt. Nach dem Merger mit MeinFernbus ist die Gesellschaft seit Kurzem wieder zur Einmarkenstrategie zurückgekehrt und will den europäischen Markt für Busfernreisen aufmischen. www.flixbus.de

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