Die Digitalisierung der Kreditfinanzierung schreitet voran. Immer mehr Fintechs wollen sich im deutschen Mittelstand etablieren und erhöhen ihre Kundenbasis. Doch von einer Disruption sind sie noch weit entfernt. Wo der smarte Kredit gewinnt und warum es weiter Hausbanken geben wird.
Kapilendo positioniert sich als virtueller Marktplatz zwischen Unternehmen und Anlegerschwärmen. Seit Sommer 2015 habe man gut 140 Projekte kleiner und mittelständischer Betriebe mit zusammen rund 43 Mio. Euro finanziert. Ein Beispiel: Schrimpf & Schöneberg aus Hagen. Der Mittelständler produziert Federn und Drahtbiegeteile für Automobil- und Elektrogerätehersteller. Für die Anschaffung einer neuen vollautomatisierten Schleifmaschine brauchte Geschäftsführer Knut Schuster 250.000 Euro: „Für uns ist die digitale Kreditfinanzierung eine schnelle und attraktive Ergänzung zum Bankdarlehen“, erläutert Schuster. „Wir konnten damit unsere Finanzen auf eine breitere Basis stellen und selbstbestimmter agieren.“
Michael Daub, Experte für Finanzprozesse und Interim-CFO, stimmt dem zu. Auch er sieht in der Geschwindigkeit den entscheidenden Wettbewerbsvorteil vieler Fintechs: „Chefs kleinerer Firmen greifen für höheren finanziellen Spielraum gerne zur Mouse, als mit Banken in einen wochenlangen Papierkrieg zu ziehen. Gerade wenn größere Aufträge schnell vorfinanziert werden müssen, zählt jede Minute.“ Bei herkömmlichen Geldinstituten stünden noch immer nicht die Kunden im Mittelpunkt, sondern langwierige Arbeitsabläufe: „Bei Fintechs ist das genau andersherum. Das goutieren die Kunden.“
Ein Beispiel dafür ist Auxmoney. Über 500 Mio. Euro hat der digitale Kreditmarktplatz allein 2018 an Krediten finanziert. Damit lässt das Fintech beim Kreditneugeschäft inzwischen selbst mittelgroße Sparkassen hinter sich. Die 73.000 vergebenen Darlehen bedeuten für die Düsseldorfer ein Wachstum von 74 Prozent; die durchschnittliche Kredithöhe betrug dabei 8.000 Euro. Das Gros sind hierbei Privatkredite – neuerdings bietet Auxmoney aber auch Unternehmensdarlehen an. Getragen wird das Volumen von institutionellen und privaten Anlegern. Mit dem Konzept von Peer-to-Peer-Krediten hat auch Smava Geld verdient. Mittlerweile hat das Unternehmen sich aber von dem Modell weitgehend verabschiedet und agiert stattdessen als Vergleichs- und Vermittlungsplattform für Banken.
Als Pionier der digitalen Mittelstandsfinanzierung in Deutschland sieht sich Creditshelf. Das Fintech hat nach eigenen Angaben 2018 Kreditanfragen über insgesamt 1 Mrd. Euro bearbeitet und Darlehen von rund 50 Mio. Euro arrangiert. Am häufigsten besorgen sich die Unternehmen hier Geld, um Aufträge oder Betriebsmittel zu finanzieren. Seit Juli 2018 ist Creditshelf im Prime Standard notiert und hat sich über den Börsengang 16,5 Mio. Euro für das künftige Geschäft eingesammelt. Das restliche Kapital kommt von Banken, Fonds und Stiftungen; Hauptanteilseigner ist Hevella Capital beziehungsweise der Investor Rolf Elgeti.
Creditshelf vergibt Kredite an Mittelständler – vom E-Bike-Spezialisten Velofactur bis zum Systemlieferanten für Wohnmobile und Caravans Tegos. Der besorgte sich Anfang November vergangenen Jahres eine Brückenfinanzierung in Höhe von 1 Mio. Euro. Von der Anfrage bis zum Angebot vergingen nur sieben Tage. „Schnelle Entscheidungen, ein laufender, persönlicher Austausch und eine professionelle Arbeitsweise“, nennt Tegos-Chef Peter Müller als Pluspunkte.