Kern statt Konzern

Was Dax-Konzerne vormachen, wird auch bei großen Familienunternehmen zunehmend ein Trend. Immer häufiger sehen sie die Chance, sich durch den Verkauf von Geschäftsbereichen agiler aufzustellen. Warum Fokussierung auf das Kerngeschäft die Diversifizierung immer mehr ablöst.

Branchenspezialisten fokussieren sich weiter

Nicht nur große Familienunternehmen mit mehreren Milliardenumsätzen stellen sich neu auf. Der Zulieferer Witte Automotive in Velbert mit einem Umsatz 2017 von 670 Mio. Euro hat im Dezember den Scharniertechnikspezialisten Witte Stromberg aus dem Familienunternehmen herausgelöst. Auch hier der Grund: Die Produktion der Scharniere habe nur noch begrenzte Synergien zum Kerngeschäft der mechatronischen Fahrzeugzugangssysteme geboten.


“Wir können den neuen Geschäftsbereich effizienter machen.”

Peter Kaltenstadler, CEO Alko Kober SE


Käufer war ein Erwerbskonsortium, wobei der im schwäbisch-bayerischen Kötz ansässige Mittelständler Alko die Mehrheit an Witte Stromberg übernommen hat. Für das Familienunternehmen Alko ist die Akquisition eine gute Gelegenheit, die eigenen Automotive-Aktivitäten zu stärken. „Mit dem Erwerb von Witte Stromberg sehen wir nun die Gelegenheit, wieder verstärkt die globalen Wachstumschancen in einer zukunftsträchtigen Nische des Automotive-Markts zu nutzen“, sagt CEO Peter Kaltenstadler. Das Unternehmen will den Scharniertechnikspezialisten weiterentwickeln und dabei die globalen Erfahrungen der beiden anderen Geschäftsbereiche der Firmengruppe nutzen. Dazu gehören zum einen große Lüftungsanlagen etwa für Stadien, Konzerthallen und Bürogebäude sowie die Luftaufbereitung, beispielsweise für Autolackieranlagen. Darüber hinaus produziert Alko Rasenmäher, Mähroboter und andere Geräte im Bereich Garten. „Durch die Eingliederung in unsere Holdingstruktur können wir den neuen Geschäftsbereich von administrativen Aufgaben entlasten und ihn durch Übertragung unseres Know-hows effizienter machen“, erklärt Kaltenstadler.

Das Potenzial eines Underperformers

Das Beispiel zeigt, dass zu den Gewinnern von Carve-outs auch die abgespaltenen Bereiche selbst gehören können. „Die Erkenntnis, dass ein Underperformer der eigenen Firmengruppe unter dem Dach eines anderen Unternehmens vielleicht besser aufgehoben ist, spielt eine wichtige Rolle bei den Verkaufsüberlegungen“, sagt M&A-Experte Nordhues. Dabei scheint trotz der Digitalisierungswelle die Art des Geschäftsmodells weniger entscheidend zu sein als die Idee, wie das Angebot weiterentwickelt werden kann. Beide Effekte führen jedenfalls dazu, dass sich in der Unternehmenslandschaft gerade einiges neu sortiert.

 

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