Seit jüngerer Zeit wird unter Private-Equity-Investoren diskutiert, dass der richtige Umgang mit umweltbezogenen, sozialen und steuerungsspezifischen Risiken in Portfolio-Unternehmen nicht nur richtig, sondern ein grundlegender wertbildender Faktor ist. Diese Entwicklung wird im deutschen Mittelstand zu einer Belebung in der Umsetzung von Corporate Compliance führen.
Der Anspruch auf „Nachhaltigkeit“ von Investments ist auch unter Private-Equity-Investoren in Diskussion. Damit sind nicht nur Investitionen in spezifisch umweltverträgliche oder soziale Unternehmungen erfasst, sondern generell die Überlegung, dass ein Investment den jeweils kulturell maßgeblichen Anforderungen an umweltbezogene und soziale Standards sowie allgemeinen Anforderungen an eine gute Unternehmensführung (Corporate Governance) gerecht wird. Es geht um den verantwortungsvollen Umgang von natürlichen Ressourcen, der Vermeidung von Müll und Umweltverschmutzung, aber auch um die Einhaltung von regulatorischen Vorgaben aus dem Umweltrecht, dem Arbeits- und Sozialrecht sowie der Corporate Governance – also die Environmental und Social Governance, kurz ESG.
ESG-Werte als Investmentfaktoren
Einhellig wird von Investoren prognostiziert, dass das Management dieser Risiken noch mehr Bedeutung gewinnen wird. Verschiedene Investoren haben sich diese Aufgabe bereits für das Jahr 2015 auf die Agenda geschrieben. Ein wesentlicher Grund dafür liegt in der Überzeugung, dass das aktive Management der ESG-Risiken zu einer nachhaltigen Wertsteigerung von Portfolio-Unternehmen führen kann. Dies wird sowohl für unmittelbar kostenauslösende Faktoren, wie den schonenden Umgang mit Ressourcen, aber auch generell für die Einhaltung regulatorischer Vorgaben im Umwelt-, Sozial- und Governance-Bereich gesehen. Ein weiterer Aspekt in diesem Zusammenhang ist die zu verzeichnende Verdichtung der regulatorischen Vorgaben, die für Portfolio-Unternehmen gelten. Dies betrifft sowohl Unternehmen in den klassischen Industrienationen wie auch solche in sich entwickelnden Volkswirtschaften.
Allerdings steht dieses aktive Management bei vielen Private-Equity-Investoren während der Laufzeit des Investments noch in den Kinderschuhen. Während die Identifizierung und Bewertung von ESG-Risiken im Rahmen der Due Diligence und damit der initialen Bewertung des Investments ihren Stellenwert hat, finden sich im Anschluss an die Investition jedoch nur sehr wenige Steuerungsinstrumente tatsächlich Anwendung. Viele Investoren verfügen über entsprechende ESG-Policies, vereinzelt stehen auch unmittelbar kostenauslösende Faktoren („cost savings“) im Fokus. Allerdings wird vielfach erkannt, dass das personelle Know-how für die Umsetzung solcher Policies nicht vorhanden ist. Ob das aktive Management von ESG-Risiken werterhöhend im Fall eines Verkaufs ist oder nicht, wird zwar angenommen, ebenso offen wird jedoch konstatiert, dass hierfür eine valide Datenbasis fehlt.Seit jüngerer Zeit wird unter Private-Equity-Investoren diskutiert, dass der richtige Umgang mit umweltbezogenen, sozialen und steuerungsspezifischen Risiken in Portfolio-Unternehmen nicht nur richtig, sondern ein grundlegender wertbildender Faktor ist. Diese Entwicklung wird im deutschen Mittelstand zu einer Belebung in der Umsetzung von Corporate Compliance führen.
Herausforderungen für Private-Equity-Investoren
Das Management von ESG-Risiken stellt Investoren vor operative Herausforderungen. Denn in der Sache bedeutet dieser Ansatz, dass – neben den Financial Risks – für Environmental, Social and Governance Risks ein Risikomanagement-System aufgesetzt werden muss, das portfolioübergreifend die Konditionen für die Bewertung dieser Risiken abbildet. Dabei ist nicht nur zu berücksichtigen, ob Investments in unterschiedlichen Bereichen (Produktion, Gesundheit, Food, usw.) im Portfolio, sondern auch mit ihren jeweiligen – teils unterschiedlichen – operativen Risiken vorhanden sind.
Zu berücksichtigen sind auch die unterschiedlichen regulatorischen Rahmen, die nicht nur von Branche zu Branche, sondern insbesondere auch von einem Kultur-/Rechtskreis zum anderen variieren. Neben der Herausforderung für dieses Datenvolumen stellt sich insbesondere die weitere Aufgabe des entsprechenden personellen Know-hows, das bei dem Investor vorhanden sein muss.
Herausforderungen für mittelständische Unternehmen
Auch für Mittelständler kann diese Entwicklung eine neue Aufgabe bedeuten. Denn der Mittelstand als Investitionsmarkt wird auch weiterhin ein Kernbereich der Aktivitäten der Investoren sein. Damit werden sich mittelständische Unternehmen, in denen Private-Equity-Gesellschaften investiert sind, dem Anspruch auf ein aktives Management von ESG-Risiken stellen müssen. Damit wird die Frage nach dem Vorhandensein eines Corporate-Compliance-Systems im Mittelstand verstärkt oder – je nach Zustand – erstmals gestellt werden. Eine Bestandsaufnahme im sehr diversifizierten deutschen Mittelstand fällt jedoch unterschiedlich aus: Vielfach sind bereits grundlegende Compliance-/Risikomanagement-Strukturen, die insbesondere auch den regulatorischen Rahmen des Unternehmens im Blick haben, vorhanden. Überwiegend fehlt jedoch die Umsetzung solcher Compliance-Vorgaben in der operativen Praxis, das heißt zum Beispiel die Überwachung des Managements von behördlichen Auflagen im Umweltschutz oder die praktische Umsetzung eines Vier- oder Sechs-Augen-Prinzips im Einkauf und Vertrieb oder das Vorhandensein und der tatsächliche Umgang mit Sicherheitsregelungen für die Verwendung von Daten, insbesondere Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen. Gleiches gilt letztlich für die Dokumentation sämtlicher dieser Prozesse sowie der klaren personellen Zuordnung im Unternehmen.
Eine Prämisse ist dabei so selbstredend wie offensichtlich: Ein solches Compliance-/Risikomanagement-System muss und darf nur so weit gehen, wie die individuelle Risikosituation des jeweiligen Unternehmens dies erfordert. Niemand will eine Überregulierung.
Fazit
Das aktive Management von ESG-Risiken in Portfolio-Unternehmen stellt Investoren vor systemische und personelle Herausforderungen, die es noch zu lösen gilt. Zugleich wächst mit diesem Managementansatz auch der Handlungsdruck für mittelständische Unternehmen, in denen Investoren engagiert sind. Auch hier muss der Weg für eine operative Umsetzung von Corporate Compliance vielfach noch gegangen werden.
Zum Autor
Dr. Stefan Simon, Rechtsanwalt und Partner der Spitzweg Partnerschaft, berät mittelständische Unternehmen bei M&A-Prozessen sowie bei der Entwicklung und Umsetzung von Risikomanagement-/Compliance-Strukturen, insbesondere in der Schnittstelle zum Technikrecht und Arbeitsrecht. www.spitzweg.de