ESG-Risiken im Mittelstand

Seit jüngerer Zeit wird unter Private-Equity-Investoren diskutiert, dass der richtige Umgang mit umweltbezogenen, sozialen und steuerungsspezifischen Risiken in Portfolio-Unternehmen nicht nur richtig, sondern ein grundlegender wertbildender Faktor ist. Diese Entwicklung wird im deutschen Mittelstand zu einer Belebung in der Umsetzung von Corporate Compliance führen.

Herausforderungen für Private-Equity-Investoren

Das Management von ESG-Risiken stellt Investoren vor operative Herausforderungen. Denn in der Sache bedeutet dieser Ansatz, dass – neben den Financial Risks – für Environmental, Social and Governance Risks ein Risikomanagement-System aufgesetzt werden muss, das portfolioübergreifend die Konditionen für die Bewertung dieser Risiken abbildet. Dabei ist nicht nur zu berücksichtigen, ob Investments in unterschiedlichen Bereichen (Produktion, Gesundheit, Food, usw.) im Portfolio, sondern auch mit ihren jeweiligen – teils unterschiedlichen – operativen Risiken vorhanden sind.

Zu berücksichtigen sind auch die unterschiedlichen regulatorischen Rahmen, die nicht nur von Branche zu Branche, sondern insbesondere auch von einem Kultur-/Rechtskreis zum anderen variieren. Neben der Herausforderung für dieses Datenvolumen stellt sich insbesondere die weitere Aufgabe des entsprechenden personellen Know-hows, das bei dem Investor vorhanden sein muss.

Herausforderungen für mittelständische Unternehmen

Auch für Mittelständler kann diese Entwicklung eine neue Aufgabe bedeuten. Denn der Mittelstand als Investitionsmarkt wird auch weiterhin ein Kernbereich der Aktivitäten der Investoren sein. Damit werden sich mittelständische Unternehmen, in denen Private-Equity-Gesellschaften investiert sind, dem Anspruch auf ein aktives Management von ESG-Risiken stellen müssen. Damit wird die Frage nach dem Vorhandensein eines Corporate-Compliance-Systems im Mittelstand verstärkt oder – je nach Zustand – erstmals gestellt werden. Eine Bestandsaufnahme im sehr diversifizierten deutschen Mittelstand fällt jedoch unterschiedlich aus: Vielfach sind bereits grundlegende Compliance-/Risikomanagement-Strukturen, die insbesondere auch den regulatorischen Rahmen des Unternehmens im Blick haben, vorhanden. Überwiegend fehlt jedoch die Umsetzung solcher Compliance-Vorgaben in der operativen Praxis, das heißt zum Beispiel die Überwachung des Managements von behördlichen Auflagen im Umweltschutz oder die praktische Umsetzung eines Vier- oder Sechs-Augen-Prinzips im Einkauf und Vertrieb oder das Vorhandensein und der tatsächliche Umgang mit Sicherheitsregelungen für die Verwendung von Daten, insbesondere Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen. Gleiches gilt letztlich für die Dokumentation sämtlicher dieser Prozesse sowie der klaren personellen Zuordnung im Unternehmen.

Eine Prämisse ist dabei so selbstredend wie offensichtlich: Ein solches Compliance-/Risikomanagement-System muss und darf nur so weit gehen, wie die individuelle Risikosituation des jeweiligen Unternehmens dies erfordert. Niemand will eine Überregulierung.

Fazit

Das aktive Management von ESG-Risiken in Portfolio-Unternehmen stellt Investoren vor systemische und personelle Herausforderungen, die es noch zu lösen gilt. Zugleich wächst mit diesem Managementansatz auch der Handlungsdruck für mittelständische Unternehmen, in denen Investoren engagiert sind. Auch hier muss der Weg für eine operative Umsetzung von Corporate Compliance vielfach noch gegangen werden.


Zum Autor

Dr. Stefan Simon (© Spitzweg Partnerschaft)
(© Spitzweg Partnerschaft)

Dr. Stefan Simon, Rechtsanwalt und Partner der Spitzweg Partnerschaft, berät mittelständische Unternehmen bei M&A-Prozessen sowie bei der Entwicklung und Umsetzung von Risikomanagement-/Compliance-Strukturen, insbesondere in der Schnittstelle zum Technikrecht und Arbeitsrecht. www.spitzweg.de

Autorenprofil

Dr. Stefan Simon ist Rechtsanwalt und Partner der SPITZWEG Partnerschaft,
Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht und Fachanwalt für Arbeitsrecht.

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