„Die Zinspolitik kommt uns schon sehr entgegen“

Der Auftragshersteller Vetter Pharma verfolgt seit Jahren eine offensive Investitionsstrategie. Der Standort Ravensburg wird genauso ausgebaut wie die Präsens im größten Pharmamarkt USA. Im Interview erklärt Geschäftsführer Oliver Albrecht den Spagat zwischen einer fixen Eigenkapitalquote und einem limitierten Verschuldungsgrad.

Inwieweit werden bei den neuen Produktionswerken Industrie 4.0-Anwendungen eingesetzt, um effizienter produzieren zu können?

Gerade in der Pharmaindustrie sind die Ansprüche sehr hoch, weil in die Wirkstoffe selbst und letztlich in die fertigen Medikamente absolut keine Keime gelangen dürfen. Deshalb ist in den Reinräumen der Mensch das größte Risiko. Wir investieren daher auch, um den Grad an Automatisierung und Robotik in der Produktion noch weiter zu erhöhen. Je maschineller so etwas abläuft, desto besser. Die Abfüllung ist der eine Teil der Wertschöpfung, der andere ist die Qualitätssicherung. Die Digitalisierung sorgt hier für noch effizientere Prozesse und zudem mehr Prozesssicherheit.

Hightech-Abfüllung von Medikamenten: In Zukunft werden vermehrt kleine Losgrößen nachgefragt.
Hightech-Abfüllung von Medikamenten: In Zukunft werden vermehrt kleine Losgrößen nachgefragt.

Gibt es durch den technologischen Fortschritt auch kundenseitig neue Ansprüche, an die Sie Ihr Geschäftsmodell in Zukunft anpassen müssen?

Unsere größte Stärke ist unser Prozess-Know-how. Wir entwickeln gemeinsam mit unseren Kunden ganz unterschiedliche Wirkstoffe, die wir dann auch für sie abfüllen können. Diese Varianz haben die Pharmaunternehmen selbst oft nicht, deshalb kommen sie oftmals zu uns und machen es nicht selbst. In Zukunft müssen wir noch flexibler werden, weil weniger Blockbuster-Medikamente nachgefragt werden, sondern vermehrt kleine Losgrößen für individuelle Behandlungen. Da braucht es effiziente Prozesse und eine intelligente Logistik, um die Reinräume schnell umzubauen. Genau hier wollen wir auch weiter zu den Vorreitern gehören.

Die Pharmaindustrie ist für Investoren jeder Art interessant. Welche Rolle wollen Sie da spielen?

Gerade ist viel Bewegung im Markt, einige unserer Wettbewerber haben im vergangenen Jahr zugekauft. Auch Finanzinvestoren und Private Equity-Firmen sind ziemlich aktiv. Natürlich beobachten auch wir parallel den Wettbewerb und haben gute Kontakte zu Investmentbanken oder M&A-Beratern. Mit unseren Investitionen haben wir uns aber klar entschieden, weiter organisch zu wachsen.


Zur Person

Oliver Albrecht ist seit April 2015 Geschäftsführer der Vetter Pharma-Fertigung GmbH & Co. KG und unter anderem für den Bereich Finanzen verantwortlich. Er ist gelernter Bankkaufmann und absolvierte im Anschluss ein BWL-Studium. Vor seiner Zeit bei Vetter arbeitete Albrecht sowohl im Bankensektor als auch als Finanzvorstand bei verschiedenen Unternehmen aus der verarbeitenden Industrie.

In der Geschäftsführung sitzen neben Albrecht noch Thomas Otto und Peter Sölkner. Die Familie Vetter ist mit drei Mitgliedern im neunköpfigen Beirat vertreten, unter anderem mit Udo J. Vetter als Beiratsvorsitzendem, dessen Vater das Unternehmen 1950 gründete.
Heute erwirtschaftet Vetter mit seinen drei Geschäftsbereichen Development Service, Commercial Manufacturing und Packaging Solutions einen Jahresumsatz von rund 560 Mio. Euro. Das Familienunternehmen beschäftigt weltweit 4.300 Mitarbeiter, rund 3.500 davon an verschiedenen Standorten in Ravensburg. Das jährliche Wachstum liegt bei etwa zehn Prozent.

www.vetter-pharma.com

 

Autorenprofil

Als Redakteur bei der Unternehmeredition leitet Volker Haaß die Online-Aktivitäten sowie die Sonderpublikationen der Plattform. Dazu gehört unter anderem die FuS – Zeitschrift für Familienunternehmen und Strategie.

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