„Ein Unternehmen ist ein soziales Gebilde“

Die Gründer des Softwarespezialisten Iteratec haben sich dazu entschlossen, ihr Unternehmen schrittweise an eine Genossenschaft zu übertragen. Im Interview erklären Klaus Eberhardt und Mark Goerke, welche Idee sie mit dem Nachfolgemodell verfolgen und wie diese zur etablierten Unternehmenskultur passt.

Meeting-Raum in Orange am neuen Standort: 2017 zog Iteratec von Unterhaching in den Münchner Osten.
Meeting-Raum in Orange am neuen Standort: 2017 zog Iteratec von Unterhaching in den Münchner Osten.

In einem Porträt im Handelsblatt haben Sie betont, wie wichtig die Mitarbeiter sind, nämlich wichtiger als die Kunden. Was meinen Sie genau damit?

Goerke: Von Beginn an war unser Unternehmen von dem Geist beseelt, Menschen zusammenzubringen, die kollaborativ und partizipativ an einer Sache arbeiten. Wir wollten eine Heimat schaffen für jene, die in ihrer Arbeit einen Sinn suchen. Deshalb waren wir schon immer sehr mitarbeiterorientiert.

Eberhardt: Wenn wir so nicht denken und handeln würden, dann würden wir auch nicht so viel Fokus auf die Auswahl der Mitarbeiter legen. Aber nur die besten Mitarbeiter erzielen die besten Ergebnisse, um dann den Kunden zufriedenzustellen. Und dabei geht es vor allem um die intrinsische Motivation. Wir haben deshalb auch die variablen Gehaltsanteile abgeschafft, die auf der persönlichen Leistung eines Einzelnen basieren. Wenn du so hoch springst, bekommst du etwas – diesen Satz braucht hier keiner.

Wie sieht es denn generell bei Ihnen mit den Gehältern aus – streben Sie Transparenz und Homogenität an oder ist das doch ein zu sensibles Thema?

Eberhardt: Selbst fortschrittliche Leute warnen davor, die Gehälter offenzulegen. Die Menschen sind eben untereinander oft sehr neidisch. Unternehmen, bei denen die Mitarbeiter ihre Gehälter selbst festlegen durften, haben das meistens wieder zurückgenommen. Wir propagieren ein Ranking, in dem jeder Mitarbeiter anhand seines Beitrags zum Unternehmenserfolg im Sinne von Verantwortung, Kompetenz et cetera gelistet wird. Diese Liste ist aber nicht öffentlich.

Dafür gewähren Sie den Angestellten viele Freiräume, über Arbeitstage ohne Leistungsnachweis oder regelmäßige Workshops zur Unternehmenskultur. Welche Philosophie steckt dahinter?

Goerke: Wir orientieren uns ein bisschen an den Grundsätzen von Reinhard K. Sprenger in seinem Buch Radikal führen. Die Workshops führen wir vier bis fünf Mal im Jahr mit unterschiedlichen Mannschaften durch und diskutieren grundsätzlich darüber, wie wir das Unternehmen gestalten wollen. Dahinter steckt die Aufforderung: Gestaltet das Unternehmen so, wie ihr glaubt, dass es für euch richtig ist. Ähnliches gilt für die Innovationskultur. Statt einen Innovationsprozess aufzusetzen, lassen wir den Mitarbeitern an unseren Innovation Frei-Days freie Hand, eigene Ideen zu entwickeln. Wir wollen dabei nicht steuern, sondern ermutigen, indem wir Freiräume schaffen.

Ihr Unternehmensname leitet sich von iterativ ab, in der heutigen Zeit spricht man auch von der sogenannten Lean Start-up-Methode. Wie passt das zur eben beschriebenen Unternehmenskultur?

Goerke: Wenn aus diesen Freiräumen ein Projekt entsteht, verfolgen wir das ganz klar nach der Lean Start-up-Methode. Das heißt: Macht etwas, aber macht es nicht im stillen Kämmerlein, sondern verprobt es nach außen bei potenziellen Kunden.

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